Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
Vom Netzwerk:
hatte Felicité scharf beobachtet.
    Er sagte ein paar Worte zu dem bezopften Stutzer, eine Anweisung. Der Riese nickte verdrossen und schritt zur Tür, wo Olson ihm im Weg stand und die Mündung seines Sturmgewehrs in Brusthöhe hob, den Finger am Abzugsbügel. Seine Augen waren ganz blau im Licht der Gaslampen, sein stoppelbärtiges Gesicht zeigte die ungerührte Bereitschaft, ein Sieb aus dem Recken zu machen, der so selbstbewusst auf ihn zuschritt wie ein Gladiator.
    »Er holt ihre Sachen«, sagte Duvalle. »Kein Grund zur Sorge.«
    »Ich müsste auch mal zur Toilette«, hauchte da Felicité.
    Ich atmete tief ein und hustete anschließend zur Tarnung ein paarmal, falls ich Aufmerksamkeit erregt hatte. Olson war einen Schritt zur Seite getreten. Der schwarze Riese blieb vor ihm stehen und musterte ihn verächtlich, während er auf Felicité wartete. Sie schlüpfte durch den Eingang, ohne von Olson mehr Notiz zu nehmen als von einem Wasserspeier. De Vries’ Jacke reichte ihr bis knapp über den Hintern. Als nach ihr der Stutzer an Olson vorbeiwollte, spuckte Olson ihm gezielt auf die Stiefel. Die Spucke traf die Silberspitze seines rechten Motorradstiefels. Der Recke blieb stehen und sah auf Olson herunter, Mordlust im Blick, die Pranken in die Hüften gestemmt, seine schwarzen Schultern glänzten im Schummerlicht wie aufgepumpt.
    »Fuck you«, sagte Olson, ohne das Geringste vom Blau seiner Augen oder vom Ausdruck seines Gesichts einzubüßen.
    Von der Zimmerecke her kam prompt Wessings Intervention.
    »Lary«, sagte er.
    Das brachte die Dinge in Fluss. Der Riese schob sich hinter Felicité an Olson vorbei.
    »Das ist nicht der geeignete Ort, um Gäste zu empfangen«, sagte Duvalle. »Aber da Sie es vorgezogen haben, mich zu überraschen«, er hob die Schultern, »müssen wir uns so behelfen. Ihre Sachen werden gleich hier sein, es dauert nur einen Moment.«
    Ihre Sachen, dachte ich. Und begriff, dass Duvalle gerade so pokerte wie De Vries. De Vries konnte nicht wissen, wo die Diamanten waren, so wenig wie Duvalle. Aber wir wussten es. Und das wusste nun auch Duvalle. Und De Vries war im Bilde. Felicité hatte es ihm mit den Augen verraten.
    »Ich wollte Herrn Jesper und seiner hübschen Freundin gerade die Schule hier zeigen«, sagte Duvalle. »Die Rebellen haben sie zerstört, wissen Sie, es kann noch nicht lange her sein. Es ist eine Schande. Man muss etwas für dieses Land tun, meinen Sie nicht?«
    »Sie tun etwas?«, sagte De Vries. Er hatte seinen Hut abgenommen und sich auf eines der Pulte neben Duvalle gesetzt. »Sind Sie dafür extra aus Ruanda hergekommen, Monsieur Duvalle?« Er beugte sich ein Stück vor, er hätte nicht interessierter sein können.
    »Leider«, sagte Duvalle, »gibt es hierzulande zu wenig Menschen, die es verstehen, Probleme konstruktiv zu lösen. Da helfe ich aus.«
    Duvalles zurückgebliebene beiden Landsknechte waren inzwischen auseinandergerückt, scharf beobachtet von Wessing und Olson. Der Dicke lehnte an der Seitenwand, direkt hinter dem Pult, auf dem der Schädel stand, und starrte scheinbar geistesabwesend zur Tür, an der Olson sich postiert hatte. Ab und zu wurden seine Massen von einem tonlosen Wiehern geschüttelt, beide Hände hatte er in den Taschen seiner Lederhose. Der Rastamann bewegte sich sparsam wie ein Reptil. Ein urweltlicher Jäger, der sich in Position bringt. Die Machete lag noch immer auf der Schulbank, ihre Schneide glitzerte. Aber der Rastamann war ihr näher gekommen. Nur noch einen Sprung entfernt.
    »Wo helfen Sie, Monsieur?«, sagte De Vries. »Sie machen mich neugierig.«
    De Vries entging nichts von dem, was auch ich gesehen hatte, da war ich sicher. Das hier konnte nicht gut gehen, das konnte es einfach nicht.
    »Es gab eine staatliche Minengesellschaft«, erzählte Duvalle. »Gécamines. Joseph Kabila ließ zu, dass man sie kaputtgewirtschaftet hat, selbstverständlich hat er davon persönlich profitiert. Ungefähr zehntausend Bergleute wurden deshalb vor ein paar Jahren entlassen, ins wirtschaftliche Nichts. Sie waren es, die mit dem Tagebau in Katanga anfingen. Es wurden immer mehr. Inzwischen gibt es hier fast dreihunderttausend Schürfer. Die Landwirtschaft ist so gut wie nicht mehr existent. Diese Leute sind auf unseren Schutz angewiesen, damit sie im Tagebau arbeiten können, sie haben sonst kein Einkommen. Jeder von ihnen versorgt mindestens zehn andere.«
    »Wie nobel von Ihnen«, sagte De Vries.
    »Ich sorge dafür, dass alle bekommen, was

Weitere Kostenlose Bücher