Gaelen Foley - Amantea - 03
Adrianos Gemächern angekom- men.
Der schob die Hände in die Taschen und sah mit geröteten Wangen auf den Boden.
„Ich glaube nicht, dass dies klug wäre“, sagte er nach einer Weile, obgleich seine dunklen Augen leidenschaftlich funkelten. „Nicht hier.“
Orlando zuckte die Schultern. „Wie Sie meinen. Wir werden uns bestimmt Wiedersehen.“
„Sie werden ... Sie werden es doch niemand erzählen, oder?“
„Schlafen Sie, di Tadzio. Sie machen sich zu viele Sorgen. War Rafael übrigens tatsächlich bei Chloe, oder haben Sie das erfunden?“
Adriano lachte kurz auf. „Er ist noch bei ihr.“
„Doch nicht den ganzen Tag? Keiner hat ihn seit Stunden gesehen.“
Adriano strich sich eine Locke aus der Stirn. „Ich habe gehört, dass er in der Stadt verschwand, nachdem er mit jemand aus Ihrem Ministerium gesprochen hatte.“
Orlando horchte auf. „Wissen Sie, mit wem?“
„Ein widerlicher kleiner, dicker Kerl. Seinen Namen weiß ich nicht. Ich glaube, ihm wird Unterschlagung vorgewor- fen.“
„Wurde er verhaftet?“
„Rafael hat ihn befragt, aber der Mann hatte meines Wis- sens nur hartnäckig geschwiegen. Elan hat erzählt, dass sie ihn in eine der Gefängniszellen unter dem Palast warfen. Ich vermute, dass sie ihn morgen zum Sprechen bringen wollen.“
Orlandos Herz begann wild zu klopfen. „Rafael hat ihn persönlich befragt?“
Adriano nickte.
„Merkwürdig“, bemerkte der Herzog gelassen. „Gute Nacht, di Tadzio.“
„Ciao“, murmelte Adriano und ging in sein Gemach.
Der Herzog stand eine Weile nachdenklich da und ver- suchte, seine Gedanken zu ordnen.
Er durfte keine Zeit verlieren.
Er musste schnell handeln.
Heute Nacht.
Sein Puls raste, und das Blut schien in seinen Adern zu to- sen. Wenn der Prinz bereits etwas vermutete, durfte er keinen Augenblick mehr verschwenden. Er schritt eilig zur Treppe.
Als Erstes musste er herausfinden, wie viel Bulbati Ra- fael erzählt hatte. Er glaubte zwar, dass Bulbati ihn zu sehr fürchtete, als dass er irgendetwas offenbart hatte, aber sicher konnte er natürlich nicht sein.
Orlando eilte in den Keller des Palastes, wo Bulbati in einer der streng bewachten Zellen festgehalten wurde.
Den finster dreinblickenden Soldaten der königlichen Garde wies er sich als Bulbatis Vorgesetzter aus, der das gute Recht hatte, ihn zu den Anschuldigungen zu befragen. Als die Soldaten zögerten, gab er sich so hochmütig und schroff, dass er rasch durchgelassen wurde.
Vielleicht haben sie etwas von meinem Vater in mir gesehen, dachte er bitter.
Die Luft hier unten war feucht und kühl. An den unver- putzten Steinmauern waren Fackeln aufgehängt. Orlando löste seinen Zopf, als er eine weitere Treppe zu Bulbatis Zelle hinunterging. Sein langes, schwarzes Haar fiel ihm offen über die Schultern.
„Ist da jemand?“ rief der Conte. „Ihr könnt mich hier nicht verhungern lassen!“
Orlandos großer Schatten glitt die Wände entlang, wäh- rend er schweigend an den leeren Zellen vorbeiging. Nur eine war besetzt.
„Prinz Rafael? Hoheit, sind Sie es?“ stammelte Bulbati, als er den Schatten näher kommen sah.
Orlando erblickte die dicken Finger des Conte, mit denen er sich an die Gitterstäbe klammerte.
„Oh Gott“, flüsterte Bulbati, als er den Besucher erkannte.
Gelassen lächelte Orlando ihn an.
Bulbati trat einige Schritte zurück. „Ich habe ihnen nichts gesagt, mein Herr. Überhaupt nichts!“
„Hast du ihnen meinen Namen genannt?“ fragte Orlando leise, als er einen Schlüssel aus der Westentasche nahm und damit vor den Augen des anderen zu spielen begann.
Natürlich war es nicht der Schlüssel zur Zelle, aber das wusste Bulbati nicht.
„Nein!“ rief er entsetzt. „Ich habe ihnen nichts verraten!“
„Aus irgendeinem Grund glaube ich dir nicht, Bulbati.“ Er nahm seinen Dolch aus der Scheide.
„Ich habe nichts gesagt! Wirklich nicht! Bitte glauben Sie mir! Sie müssen mir glauben!“
Mit weit aufgerissenen Augen sah Bulbati den Herzog angsterfüllt an. Schweiß lief ihm über das Gesicht, und er rang nach Atem.
„Hast du ihnen meinen Namen genannt, du Verräter?“ fragte Orlando erneut. „Ich will es endlich wissen!“
„Helfen Sie mir!“ keuchte der Gefangene. Plötzlich sank er mit krebsrotem Gesicht auf den Fußboden.
Orlando zog die Augenbrauen hoch und betrachtete ihn neugierig. „Hast du ihn genannt?“
Aber der Conte antwortete nicht. Er ächzte nur, und sein massiger Körper zuckte
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