Gaelen Foley - Amantea - 03
Anscheinend suchte er verzweifelt nach einer Waffe.
„Zeit, um zurückzugehen“, sagte Orlando atemlos.
„Nein! Ich gehe nicht zurück!“ schrie er. „Ich will nicht!“
„Aber du wirst es. Du wirst Don Arturo alles erzählen, was wir ausgemacht haben.“
„Soll ich ihm sagen, dass Sie den Tod des Königs wünschen, Sie Teufel?“ rief Cristoforo.
„Mein armer kleiner Junge“, höhnte Orlando.
„Ich wollte nie jemand etwas antun. Sie haben mich dazu gezwungen.“
„Wir haben eine Abmachung. Du hast mir deine Seele verkauft, weißt du noch?“
„Ich werde mich nicht daran halten. Es ist schon schlimm genug, was ich dem König antun musste. Ich bringe nicht auch noch seinen Sohn an den Galgen.“
„Rafael ist ein Narr. Er verdient es nicht besser.“
„Er ist aber weder böse noch wahnsinnig. Er ist nicht wie Sie!“ schrie Cristoforo. „Warum tun Sie ihnen das an?“ Schluchzend ging er rückwärts zu dem Abfallhaufen.
Orlando blickte ihn mit wachsendem Zorn an. Ihm wurde klar, dass man Cristoforo nicht trauen konnte. Seine Flucht und seine Angst zeigten das deutlich. Wenn er ihn nun zu Don Arturo zurückbrachte, würde er vielleicht tatsächlich die Wahrheit verraten.
Er weiß zu viel.
Orlando kochte plötzlich vor Wut über seine verschwen- dete Zeit. Er hasste jeden sinnlosen Aufwand. Langsam trat er auf den Burschen zu, den Dolch gezückt. Cristoforo blickte gebannt auf das Messer, und er hörte zu schluchzen auf.
„Du enttäuschst mich, Cristoforo.“
„Nein, bitte! Ich bin unbewaffnet“, flüsterte er.
Orlando kam näher. Plötzlich traf ihn etwas am Kopf, und einen Moment wurde er abgelenkt. Er zuckte zusammen, als der Ziegel neben ihm auf den Boden fiel. Ohne sich umzu- drehen, wusste er, dass Carmen den Stein geworfen hatte. In diesem Augenblick rannte Cristoforo an ihm vorbei.
Orlando achtete nicht auf den Schmerz und stürzte ihm hinterher. Mit blutüberströmtem Gesicht erwischte er ihn am Hemd und riss ihn nach hinten. Dabei stellte er ihm ein Bein, so dass der Koch hinfiel.
Der Herzog beugte sich über ihn und schnitt ihm die Kehle durch. Dann sprang er über den zuckenden Körper hinweg, um dem Mädchen nachzujagen.
Sie hatte einen ziemlichen Vorsprung und bewegte sich rasch und behände. Orlando suchte sie in einigen Sackgas- sen, bis er merkte, dass er ihre Schritte nicht mehr hören konnte.
Die schlaue kleine Dirne ist daran gewöhnt, immer wie- der zu entkommen, dachte er. Aber er würde sie schon noch fangen. Sie hatte keine Chance.
Eine Bewegung ließ ihn aufschauen. Carmen kletterte an einem alten wackligen Gitter hoch, von wo aus sie einen Bal- kon erreichte. Dann zog sie sich zum Dach hoch. Orlando folgte ihr, doch das Holz des Balkons brach unter seinem schweren Gewicht. Fluchend stürzte er in die dunkle Gasse hinab, während das Mädchen weiter das Dach hochstieg.
Er sprang mit einem Holzsplitter in der Hand auf und
schleuderte seinen Dolch hinterher. Doch anstatt Carmen zu treffen, blieb das Messer in der Mauer unter dem Dach stecken. „Du billiges Geschöpf!“ schrie er. „Du entkommst mir nicht! Ich werde dich finden!“ Seine Worte hallten in den Gassen wie die Flüche eines Dämons wider.
Mit vor Zorn roten Augen blickte er zu seinem Messer hoch. Er versuchte nicht einmal, es herunterzuholen.
Schließlich war es eine Mordwaffe.
Bebend vor Wut und Anstrengung drehte Orlando sich um und ging langsam dorthin zurück, wo er hergekommen war. Er hasste Carmen. Wenn er sie fing, würde sie keinen angenehmen Tod sterben. Das schwor er sich.
Er versuchte sich einzureden, dass Carmen zu verängstigt war, um den Vorfall den Ordnungshütern zu melden. Wer würde außerdem einer Dirne eher glauben als einem Mann königlichen Blutes? Für den Fall allerdings, dass sie doch so tollkühn war, wollte er die Stadtpolizei und die königliche Leibgarde auf sie und die Lügen, die sie verbreitete, aufmerk- sam machen. Er selbst musste nun erst einmal ins Haus des Premierministers zurückkehren und ihm eine plausible Er- klärung liefern. Schließlich wartete der Mann wahrscheinlich noch immer im Morgenmantel auf ihn.
Angestrengt überlegte er, was er ihm sagen konnte, wäh- rend er durch die erwachende Stadt wanderte. Er musste vorsichtig sein, denn er benötigte vor allem Don Arturo auf seiner Seite. Wie konnte er das Verschwinden seines Zeugen erklären?
Aber er wird dir so oder so Glauben schenken. Du gibst ihm schließlich das, was er mehr als alles
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