Gaelen Foley - Knight 03
geht es ... gut. Du hast mich b...bloß erschreckt.“ Schwer atmend senkte er den Kopf. „Was zum Teufel hast du dir nur gedacht? Warum hast du mich angefasst? Ich hät- te dich umbringen können!“
Tränen der Verwirrung stiegen ihr in die Augen, als sie den barschen Ton hörte. „Ich wollte dir doch nur helfen. Du hattest einen Albtraum.“
Kalt starrte er sie an, bot ihr keine Erklärung, keinen Trost. Dann drehte er sich um, griff sich seinen Mantel und seine Tasche und wandte sich zur Tür.
„Ich schlafe in der Scheune weiter.“
„Damien!“ Sie begann aus dem Bett zu steigen, um ihn aufzuhalten. „Bleib. Sag mir doch, was los ist. Ich will dir helfen.“
„Das kannst du nicht. Niemand kann mir helfen. Halt dich bloß von mir fern.“ Er ging hinaus und schloss die Tür mit einem lauten Knall, der durch die Dunkelheit hallte.
7. KAPITEL
Am nächsten Nachmittag tauchte am bläulich verschwom- menen Horizont Londons Silhouette auf, doch Miranda starrte nur aus dem Kutschenfenster. Ein Großteil der Freude und Aufregung, die sie gestern noch bei dem Ge- danken an ihr neues Leben in der großen Stadt verspürt hatte, war verschwunden, verscheucht von ihrer Sorge um Damien.
Bleich und gedankenverloren saß sie da, während die an- deren Fahrgäste bewundernd „Ah!“ und „Oh!“ riefen und die Hälse reckten. Um die helle Kuppel der St. Paul’s Ca- thedral breiteten sich meilenweit Gebäude aus. Zahllose Kirchtürme und Schiffsmasten erhoben sich in den weißen Himmel, überall ragten prächtige Paläste und kühne Tür- me auf. Aber sie nahm kaum Notiz davon, denn sie wusste nun, dass ihr Vormund, ihr Fels in der Brandung, gegen schreckliche Dämonen kämpfte. Sie hatte sie in seinen Au- gen lauern sehen, als er sie beinahe erwürgt hätte, Sie hat- te sie auch auf der Wiese vor Birmingham gesehen. Und sie hatte Angst, sowohl um Damien als auch vor ihm.
Sie hatte allen Mut zusammennehmen müssen, um heute auf jeder Station mit ihm zu sprechen, doch er war sehr distanziert, total in sich zurückgezogen, als hätte er allen Zorn nach innen und gegen sich selbst gewandt. Er wollte ihr kaum in die Augen schauen, und außer ein paar höfli- chen Bemerkungen und praktischen Anweisungen, ihre Ankunft in London betreffend, hatte er ihr nichts zu sagen. Auf ihre Versuche, über das Geschehen letzte Nacht zu sprechen, reagierte er mit eisigem Schweigen. Sobald sie ihn ein wenig bedrängte, fuhr er sie an, um sie zum Schweigen zu bringen. Wie sehr sie sich auch bemühte, sie erreichte ihn nicht.
Sie hatte sich noch nie so allein gefühlt.
Bald wichen die stillen Felder belebteren Dörfern, wäh- rend die Kutsche sich London näherte. Bald befanden sie sich im Herzen der lärmenden, schmutzigen, lauten Stadt. Ströme von Wagen und Fußgängern bewegten sich in alle Richtungen, im kalten Wind schaukelten die Wirtshaus- schilder, und auf den Dächern saßen Tauben.
Die Luft hallte vom Geratter der Wagen und dem Ge- schrei der Straßenverkäufer mit ihren Karren und Körben wider. Auf dem Gehsteig lagen rußige Schneehäufchen, und die Damen trippelten auf Stelzschuhen vorüber. Mi- randa konnte den Fluss riechen und die Kohlenfeuer aus unzähligen Haushalten. Die Kutsche ratterte die High Holborn hinunter, vorbei an ziemlich heruntergekomme- nen Marktständen, in denen Fleisch und Gemüse verkauft wurde. Zweifelnd schaute sie an der strengen Fassade des Fleet-Gefängnisses empor.
„Da ist die Themse!“ rief ein Passagier.
Sie drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um einen Blick auf den grauen Fluss zu erhaschen, bevor sie sich rechts nach Ludgate Hill wandten und zwischen zwei schmalen Ladengeschäften verschwanden. Erleichtert at- mete sie auf, dass sie nicht gezwungen war, diese große, ge- fährliche Wasserfläche zu überqueren. Und dann hatten sie den geschäftigen Innenhof des „Belle Sauvage“ er- reicht, das Ende ihrer Reise.
Endlich hielt die Postkutsche an. Einen Augenblick spä- ter kletterte Miranda aus der Kutsche und sah sich voll- kommen überwältigt um.
„Miranda!“ hörte sie ihren Vormund mit tiefer Stimme rufen. „Hier!“
Sie entdeckte ihn auf der anderen Seite des quirligen In- nenhofs und atmete erleichtert auf. Er war bereits abge- stiegen und wartete auf sie, Zeus am Zügel. Nachdem er ihren Fahrschein schon bei Reiseantritt bezahlt hatte, nahm sie ihre Tasche und eilte zu ihm hinüber. Sie sah, dass er bereits eine Droschke gemietet hatte. Er wich ihrem Blick aus,
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