Gaelen Foley - Knight 07
wirklich erreichen und ihn auch nicht zum Bleiben veranlassen können.
Auf seine eigene Weise hatte er sich von der Welt ebenso gründlich abgeschüttet wie ihr Vater. Ihr Vater hatte den Wald, Jack hatte das Meer. Ihr Vater hatte die Wissenschaft, Jack die Arbeit. Ihr Vater hatte der Zivilisation den Rücken gekehrt, weil sie die Frau zerstört hatte, die er liebte. Jack hielt die Mensch- heit von sich fern, damit sie ihn nicht zurückweisen konnte.
Das musste der Grund sein, warum er so zornig geworden war, schloss sie, während sie seinen Blick erwiderte. Er musste geglaubt haben, dass auch sie ihn aufgrund seiner unehelichen
Herkunft zurückweisen würde. Diese Wunden saßen offensicht- lich tief. Nichts jedoch lag ihr so fern, wie ihn zurückzuweisen.
Während sie ihm mit langsamen, gleichmäßigen Schritten im- mer näher kam, sah Eden den Tatsachen ins Auge: Sie wollte mit diesem Mann zusammen sein. So sehr, dass sie zitterte. Aber selbst wenn er sie haben wollte, wie sollte sie auch nur erwägen, sich nach dem langen Weg, den sie zurückgelegt hatte, an einen Mann zu binden, der sie nur in sein einsames Exil mitnehmen würde, so wie ihr Vater es getan hatte?
Jetzt konnte sie es sich vorstellen – ein Leben als Lady Jack Knight. Über den ganzen Globus zu segeln, von Hafen zu Hafen. Niemals sich irgendwo niederlassen. Kein Zuhause, kein norma- les Leben. Sie wären Nomaden.
Wurzellos.
Aber wenigstens wäre ich bei ihm, dachte sie tapfer.
Jack Knight in seinem ganzen strahlenden Glanz.
Als sie zu ihm trat, sagte er nichts. Er griff nur in seine Tasche und nahm eine Zigarre heraus. Zwar schob er sie wie üblich in den Mund, aber er entzündete sie nicht. Captain Jack liebte sei- ne Zigarren, aber auf seinem Schiff gestattete er das Rauchen nicht – schließlich war der Rumpf aus Holz gebaut.
Sie blickte noch einmal hoch zu dem seltsam fließenden Licht. „Was ist das?“, fragte sie.
„Elmsfeuer.“
„Aber was ist es, und woher kommt es?“
„Das weiß niemand.“ Jack betrachtete sie argwöhnisch.
„Es ist wunderschön“, flüsterte sie. Während sie den Kopf hob, um das seltsame blaue Licht zu betrachten, fühlte sie, wie er sie ansah.
Dann hörte sie seine Stimme, tief und leise. „Es heißt, man be- kommt nur einmal im Leben die Chance, es zu sehen.“
Sie wagte es nicht, ihn anzusehen. „W...wirklich?“
„Aye.“ Auch er blickte hinauf in die Segel. „Die Bedingungen müssen einfach richtig sein. Und selbst dann hält es nicht an.“
„Oh.“ Ihr Herz schlug schnell, aber seine letzten Worte verur- sachten ihr ein ungutes Gefühl. „Es ... es hält nicht an?“
„Nicht für mich.“
Eine leichte Bewegung des Schiffes brachte sie zum Schwan- ken, Jack hielt sie fest, und das seltsame Licht schien zwischen sie zu fallen.
Sie sah zu ihm auf, bedankte sich, während das Licht sie um-
gab. Er betrachtete sie wie jemand, der in sich selbst gefangen war und nicht wusste, wie er herauskommen sollte.
Mit einem Kloß im Hals hielt sie seinem Blick stand, aber sie wusste, es galt jetzt oder nie. Sie musste ihm sagen, dass er ihr nicht egal war.
„Jack“, flüsterte sie, „ich habe verstanden, dass es dir peinlich war, weil ich das über deinen Vater herausgefunden habe ...“
„Peinlich?“, wiederholte er und lachte heiser.
Das tat weh. „Ich dachte, es könnte dir helfen, wenn ich dir etwas Peinliches über mich erzähle.“
Skeptisch sah er sie an. „Wie zum Beispiel?“
„In jener Nacht, als wir zusammen Peter Stockwell versorg- ten, und ich dir sagte, wie sehr ich mich danach sehnte, nach London zu reisen. Erinnerst du dich, wie ich sagte, ich wollte an allen Vergnügungen der Saison teilnehmen?“
Er nickte.
„Ich fürchte, ich war nicht ganz ehrlich zu dir, was den Grund anging.“
Von der Seite her sah er sie fragend an. Das kühle Misstrauen auf seinem Gesicht ließ keinen Zweifel daran, dass seine sofor- tige Vermutung auf niedrige Beweggründe ihrerseits abzielten.
„Ich konnte es an jenem Abend, als wir miteinander sprachen, nicht rundheraus gestehen, dann hättest du mich für eine När- rin gehalten. Aber Jack, der wirkliche Grund, warum ich mich so verzweifelt danach sehnte, an der Saison teilzunehmen, ist, dass ich einen Ehemann suchen wollte. Aber nicht irgendeinen. Oh verflixt, ich kann es nicht richtig ausdrücken.“ Sie errötete.
Jack beobachtete sie noch immer misstrauisch, aber fas- ziniert.
„Der wirkliche Grund, warum ich
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