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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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erkennen. Bonnie wusste, woran sie war. Sie erkannte die Art und Weise, in der sich der Fremdling bewegte, sie erkannte seine High-Tech-Ausrüstung, und es hätte des wütenden Insekts nicht bedurft, das sich in eine Wand bohrte und tastende Fühler aus seiner winzigen Höhle aus Beton herausstreckte.
    »Die haben uns die Auswahl auf den Hals geschickt«, sagte Bonnie leise in den Knopf an ihrem Hals, der Nachrichten direkt in die Gehörgänge ihrer Truppe schickte. Überall dort, wo sich wieder eines dieser metallischen Kerbtiere in Beton oder Stahl einnistete, war nun ein Auge und ein Ohr der Auswahl.
    Durch Bonnies Leute ging ein Ruck, als habe man sie unter Strom gesetzt. Markus sah von einem zum anderen, und in den ruhigen Gesichtern sah er eine besonders finstere Art von Hass. Diese Leute würden sich lieber in Stücke hauen lassen, als ihren Frieden mit der Auswahl machen. Ein Konflikt, der nur auf zwei Weisen beendet werden kann: entweder die völlige Harmonie der beteiligten Seiten, oder die völlige Vernichtung einer der beteiligten Seiten. Bonnie justierte ihre winzigen Projektoren neu, um sie als Hilfsgeräte beim Zielen zu verwenden.
    Maja Maja stieß Markus an, legte ihre Hand auf seinen Arm und nickte ihm zu, als sie seinen erstaunten Blick sah.
    »Bedauerlicherweise müssen wir die Angelegenheit nun durchschlagend aufpulvern«, sagte sie, »wenngleich du bis jetzt nicht ganz fertig bist für die vierte Etappe oder womöglich die fünfte.«
    Markus verstand im ersten Moment nicht, was sie meinte; das war gar nicht notwendig. Maja Maja hatte mit ihren Geräten einen Impuls gesendet. Einen Impuls, der allein für Markus bestimmt war. In seinem Kopf passierte etwas. Ein warmes pulsierendes Gefühl sickerte zwischen den Ohren nach unten. Es war wie tausend winzige Pfoten auf und unter der Haut, ein ebenso wohliges wie grausiges Gefühl, war Markus ihm doch so wehrlos ausgeliefert, als wäre er festgebunden. Das Prickeln rann ihm den Rücken hinab und breitete sich im Leib, in den Armen und Beinen aus wie heißes Wachs auf bloßer Haut. Es füllte die Augen aus, stieß über die Zunge vor und tropfte in jede Falte. Quecksilber in seinen Adern, und er spürte, dass es jedes Organ und jeden Knochen umspülte und tief eindrang. Ein merkwürdiges Gefühl, eine Art von Schmerz, und kurz danach war es weich, wattig und auf eine unbestimmbare Art beruhigend. Es konnte Markus nichts wirklich Schlimmes widerfahren, wenn er diese Schicht unsichtbaren Panzers zwischen sich und der Welt spürte.
    Dann wurde es ernst zwischen den silbergewandeten Auswahl-Leuten und den ehemaligen Auswahl-Leuten in Bonnies kleiner Streitmacht. Die folgenden Minuten verschwammen in einem Tohuwabohu aus Rennen, Springen und Klettern, einem wirren Traum aus Schießen und In-Deckung-gehen. Markus rannte, sprang und kletterte mit, als hätte er sich sein Leben lang bewegt wie eine Zeichentrick-Figur. Das war dieses neue Zeug in ihm. Es war wie der Trip auf einer sauberen, starken, stromlinienförmigen Droge. Mit Ycorgan und seinen verheerenden Verzerrungen der Zeit hatte das nichts gemein. Die Bewegungen und Sprünge und Aktionen gewannen eine poetische Qualität, jede Abfolge war wie die Zeile eines Gedichtes. Nichts davon erinnerte an die Qualen des Ycorgan, und dennoch wusste Markus, dass sein Zeitgefühl und seine Wahrnehmung nur auf eine andere Art durcheinander gebracht worden waren, als es das Ycorgan getan hatte. Die Melodie des Basses strömte durch seine Knochen. Ein starker Wille zupfte an unsichtbaren Fäden, die seine Hände und Füße steuerten; derselbe Wille hatte Herz und Leib und Lungen unter Kontrolle, vom Gehirn ganz zu schweigen. Markus beobachtete amüsiert, was er da tat, als ginge es ihn nichts an. Die fernen Finger des zerstörerischen Oktogons hatten ihn berührt. Er fühlte sich wie eine der sagenhaften Waffen der verfluchten Acht, wie ein zu kriegerischen Zwecken umgemodeltes Menschenwesen, mehr Kampftier als Mensch. In dem merkwürdig umnebelten und klarsichtigen Zustand, in dem er sich befand, störte ihn dieser Gedanke nicht im Geringsten.
    Irgendwann war die Waffe in seine Hand geraten, und er schoss damit. Die Ziele sprangen ihm ins Auge. Es waren die Sensoren der künstlichen Gliederfüßer, die jede Bewegung an die Auswahl weitermeldeten. Markus hatte keine Ahnung, ob ihm dieses Wissen zusammen mit jenem samtigwarmen Gefühl eingeträufelt worden war oder ob Maja Maja es ihm gesagt hatte. Die Sensoren waren

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