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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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ihn senil nennen und vertrottelt und meistens völlig weltentrückt, aber eines konnte man ihm nicht vorwerfen: Knausrigkeit mit anderer Leute Geld.
    Michael war beeindruckt, dass sein auf Kosten der Universität ausgestelltes Ticket nicht irgendeine stinknormale Fahrkarte war, sondern die Was-kostet-die-Welt-Luxusversion. Er flog mit einem Expressboot nach Atibon Legba, ein so kleines Ding, dass es nicht einmal einen Namen hatte. Die anderen Passagiere – es waren nur zwei Dutzend – waren so weit in höhere finanzielle Sphären entrückt, dass es sie nicht interessierte, was dieser offensichtlich nicht vermögende Jüngling auf dem Boot zu suchen hatte. So hatte Michael Muße, aus dem verschwenderisch großen Bullauge zu sehen und alles zu beobachten. Normale Schiffe hatten keine Bullaugen. Bullaugen waren viel zu teuer, technisch kompliziert, schwierig abzusichern, und ohne jeden praktischen Nutzen. Hier gab es welche, einen dreiviertel Meter im Durchmesser.
    Penta V war aus der Umlaufbahn wundervoll, blau und rein und kristallklar. Die kleinen und großen Inseln waren bedeckt mit dem lockeren Netz der Zivilisation. Michael war gespannt, wie die Zusammenballung der vielen Universitäten auf dem einzigen Kontinent von so weit oben aussah. Natürlich wäre besonders Bahia de Janeiro von hier aus interessant; ehe jedoch das Boot in Sichtweite des Kontinents kam, schrumpfte der Planet zusammen. Das Expressboot nahm den Begriff »Express« wörtlich. Michael bedauerte das fast. Dann verschwanden die Sterne hinter dem Flimmern und Glosen der reinen Energie, als die Landau-Modulatoren mit ihren Kraftfeldern eine Kugelschale um das Boot legten und es wegschnippten. Zuerst in das wirbelnde, verwirrende Nichts, das einem die Wissenschaftler in so bedeutenden wie nichtssagenden Worten beschreiben konnten, und danach woanders hin, wo es wieder Sterne gab. Woanders bedeutete in diesem Fall einen Anflugkorridor nach Atibon Legba, den größten künstlichen Ort, den die Menschheit jemals geschaffen hatte, abgesehen vielleicht von den untergegangenen Städten des Oktogons.
    Aus der Entfernung wirkte das Ding wie ein von Kinderhand gezeichneter Diskus, hingeklebt in ein stilles, dunkles All. Michael wusste, dass die Weltraumstation bei der letzten Messung fünfhundert Kilometer lang gewesen war und dass niemand mehr genau sagen konnte, wie viele Milliarden Tonnen sie wog. Leider konnte er aus seinem Bullauge den Vorgang der Annäherung nicht verfolgen; er saß auf der falschen Seite. Michael beobachtete den zunehmenden Verkehr in der Nähe von A. L., und er staunte über die Vielzahl und Vielgestaltigkeit der Raumfahrzeuge, die er zu sehen bekam. Zwei Schiffe, die scheinbar nebeneinander und gleich groß dahinschwebten, konnten in Wirklichkeit durch hundert Kilometer und ebenso viele Größenklassen voneinander getrennt sein. Überraschend war der Anblick eines insektoiden Gefährts, dessen zwei vollkommen identische Rümpfe durch ein ebenso kompliziertes wie filigranes Gitterwerk verbunden waren. Das war eine Doppelwespe, das bevorzugte Raumfahrzeug der Goldenen Bruderschaft. Michael hatte kaum Zeit, sich über die Anwesenheit eines solchen Raumschiffs zu wundern. Alles ging so rasch, dass er wehmütig daran dachte, dass diese Vorgänge für die Passagiere der normalen Flüge Stunden dauerten.
    Michael hatte das selbst bereits zweimal mitgemacht; das letzte Mal, um Tasso zu verabschieden, ehe er damals mit der Ajax aufgebrochen war. Zu einer Reise, von der Tasso niemals zurückkehrte. Michael wurde wieder an Dinge erinnert, an die er nicht rühren wollte. Die Schnelligkeit der Abfertigung half ihm ein wenig; natürlich kämpfte er die ganze Zeit über mit den Bildern, die aus seiner Erinnerung krochen.
    Zwar wäre noch am nächsten Tag genügend Zeit gewesen, aber er musste sich von seinen Gedanken fernhalten. Und von den Erinnerungen an Tasso. Das ging am besten mit anderweitiger Beschäftigung. Michael hätte es nicht ausgehalten, den Tag über in Betrachtungen daran zu schmoren, wie Tasso damals gewesen war. Sein erster Einsatz als Pilot. Und sein letzter. Nein, da war es besser, sich sofort in die Arbeit zu stürzen. So schnell wie möglich und so tief wie möglich. Und tatsächlich hatte Michael sich beruhigt, als er eine Reihe von Anfragen ins Datennetz eingespeist, seine Liste gesuchter Personen von Verstorbenen gesäubert und eine Menge von Archivmaterial bestellt hatte.
    Eine Person von der Liste war sogar bereit,

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