Galgenfrist fuer einen Toten - Der 1 DOUGLAS BRODIE Thriller
Sammlung von Ganoven in Uniform. Als wir vor dem persönlichen Dienstzimmer des Kriminalhauptkommissars stehen blieben, warf ich Alec einen erstaunten Blick zu. Verlegen, so kam es mir vor, machte er die Tür auf. Das Zimmer schien über eigene Wolkenformationen zu verfügen. Schon verblüffend, wie viel Rauch drei Männer erzeugen können.
Ich hatte Sam gebeten, ihre Sekretärin damit zu beauftragen, bei Kriminalmeister Bill Kerr und seinem Spezi, dem Polizeibeamten Davy White, einen Termin für mich zu vereinbaren. Es handelte sich um die beiden Ortspolizisten, die bei diesem Fall die Routinearbeiten erledigt hatten und dafür vor Gericht von Samantha Campbell in die Mangel genommen worden waren. Ich kannte keinen von beiden und nahm an, dass sie erst nach meinem Ausscheiden ihren Dienst in der Tobago Street angetreten hatten. Offenbar waren die beiden nervös wirkenden Kerle in Zivil, die sich zu beiden Seiten des Schreibtischs aufgebaut hatten, das glückliche Paar. Zwischen ihnen, das Kinn auf die gefalteten Hände gestützt, thronte Kriminalhauptkommissar Willie Silver persönlich, vor sich einen prall gefüllten Aschenbecher, in dem eine einsame Zigarette vor sich hinschwelte.
Sein Name war mir aus der Vorkriegszeit bekannt. Er hatte verschiedene Posten in allen möglichen Polizeirevieren Glasgows bekleidet und es stets geschafft, die Biege zu machen, bevor er wegen seiner Alkoholabhängigkeit rausgeworfen wurde. Entweder war er ein äußerst begabter Ermittler oder hatte mit den richtigen Leuten gesoffen, um sich so lange in führenden Positionen zu halten und sogar Beförderungen einzustreichen. Allerdings machte er tatsächlich einen ausgesprochen nüchternen Eindruck, als er jetzt zu mir hinüberstarrte. Er besaß eng zusammenstehende Augen und eine große, von aufgeplatzten Äderchen durchzogene Nase. Schließlich schob er seine Unterlippe vor und nuckelte an den Enden seines von Nikotin verfärbten Schnauzbarts.
»Sie haben um ein kleines Gespräch gebeten, Brodie?«, fragte er mit tiefer, bedächtiger Stimme. Er klang wie ein Leichenbestatter, der sich bemühte, vor einem geöffneten Sarg den Angehörigen seine Anteilnahme zu versichern.
Ich trat ins Zimmer und setzte meinen Hut ab – keineswegs aus Ehrerbietung, sondern aufgrund der immensen Hitze: Trotz des guten Wetters liefen die Heizkörper auf Hochtouren.
»Es geht um den Donovan-Fall. Hugh Donovan ist ein alter Freund von mir. Ich unterstütze seine Verteidigerin Samantha Campbell bei der Vorbereitung des Berufungsverfahrens.«
»Das hat sie auch dringend nötig, wenn sie das Urteil noch kippen will. Bei uns ist die Stimmung bei ihrem Anblick jedenfalls ziemlich gekippt, stimmt’s, Jungs?«
Die beiden Nervösen verzogen das Gesicht zu einem kriecherischen Grinsen. »Da hamse recht, Sir«, sagte der Fette zu meiner Linken, den ich für Kerr hielt, da bei der Polizei immer der Vorgesetzte als Erster das Wort ergriff. White, der rechts von mir saß, kicherte dümmlich hinter vorgehaltener Hand und zog danach an seiner Zigarette.
»Setzen Sie sich, Brodie.« Silver deutete auf den Holzstuhl vor seinem Schreibtisch. Als ich Platz nahm, stellte ich fest, dass die Sitzfläche einige Zentimeter niedriger war als beim Stuhl des Hauptkommissars. Grinsend blickte er auf mich herab; genauer gesagt zog er lediglich die Mundwinkel hoch, während die restliche Miene besagte: Du kannst mich mal, Junge ...
Zuerst stellte er seine Speichellecker vor. Ich hatte mit der Einschätzung ihres jeweiligen Dienstrangs richtig gelegen.
»Sie wissen, wer ich bin, Brodie? Aus früheren Tagen, wie? Hab gehört, dass Sie ein guter Polizist gewesen sind. Hätten’s weit bringen können. Wieso sind Sie nicht geblieben?«
»Wegen König und Vaterland und all diesem Kram.« Ich konnte mir den »Sir«, der sich aus alter Gewohnheit auf die Zunge schlich, gerade noch verkneifen.
»Ich hab’s aber anders gehört. Hörte, Sie hätten unseren Stil nicht gemocht. Nicht gemocht, wie wir die Dinge hier handhaben. Hörte, Sie hätten ein allzu weiches Herz gehabt, Brodie.«
»Drücken wir’s mal so aus: Ich suche lieber nach Beweismitteln, als sie selbst an den Tatort zu schmuggeln.«
Dem Trio verging das schmierige Grinsen augenblicklich. Silver sprangen die eng stehenden Augen fast aus den Höhlen.
»Also hatten die Leute wohl recht. Sind Sie jetzt deswegen hier, Brodie? Um weiter auf den Dingen herumzureiten, die Ihre Freundin uns unterstellt hat?«
»Ich versuche
Weitere Kostenlose Bücher