Ganz oder gar nicht (German Edition)
Finger in die Wunde zu legen und den Mist, den ich verzapft habe, zuzugeben. Irgendwann kommt doch alles heraus. Fehler einzugestehen und einzusehen ist doch eine menschliche Stärke, das zeugt von Charakter. Wenn man herumlügt und Geschichten erfindet, dann geht Vertrauen verloren. Zu einem Minister, zu einem Bundespräsidenten, zu einem Trainer oder zu einer Ehefrau. So ein Typ war ich nie.
DER FALL JUDAS
Ein paar Wochen nach dem Autounfall rief Uli Hoeneß an. Er wollte mir ein Angebot unterbreiten und bat mich ins Interconti Hotel in Düsseldorf. Dort hatten die Bayern ein Sonntagsspiel. Mein Vertrag in Mönchengladbach lief aus, das war bekannt. Auch Köln war im Rennen, und der FC war für mich fast der interessanteste Verein. Er hatte damals eine Riesenmannschaft mit Klaus Allofs, Klaus Fischer, Tony Woodcock, Stefan Engels, Paul Steiner und Pierre Littbarski. Und sie suchten Verstärkung fürs Mittelfeld. Hannes Löhr, der Trainer, kämpfte richtiggehend um mich. Durch die Nationalmannschaft hatte ich einen sehr guten Draht zu Toni Schumacher und dem Innenverteidiger Gerd Strack. Wir kehrten regelmäßig im El Gaucho ein, einem fabelhaften Steakhaus am Barbarossaplatz und gleichzeitig Stammlokal der Kölner Spieler. Es war nicht das Kölsch, es war dieses Steak, für das ich immer wieder nach Köln kam. Zwei, drei Mal im Monat ging es an den Rhein. Köln wurde für mich zur zweiten Heimat.
Letztlich bin ich nach München gegangen. Nicht des Geldes wegen, am Ende hätte ich in Mönchengladbach mehr verdienen können. Jupp Heynckes soll sogar 50000 Mark aus seinem Privatvermögen mit auf den Tisch gelegt haben. Ich habe mich für den sportlichen Erfolg entschieden, wurde dann ja auch in vier Jahren dreimal Deutscher Meister und Pokalsieger. Es war definitiv die richtige Entscheidung. So war ich mit dafür »verantwortlich«, dass die Kölner nie wieder an ihren großen Erfolg von 1978 anknüpfen konnten – neben den vielen Eitelkeiten, den Eigeninteressen und dem berühmten Kölner Klüngel.
Als der Wechsel bekannt wurde, begegneten mir die Fans weiterhin mit Respekt. Ich denke jedoch, dass mich Jupp Heynckes die Entscheidung spüren lassen wollte. Nach dem Motto »Es geht auch ohne dich« setzte er mich beim Auswärtsspiel bei Waldhof Mannheim zuerst auf die Bank. Nachdem wir 1:2 zurücklagen, wechselte er mich ein, und ich schoss zwei Tore zum 3:2-Sieg. Das nur als Beispiel dafür, dass ich mich immer reingehängt und bis zum Schluss alles gegeben habe. Egal, zu wem ich wenig später gewechselt bin.
Wir spielten eine Riesensaison und belegten punktgleich den ersten Platz mit Stuttgart und Hamburg. Wir alle holten 48:20 Zähler. Der VfB kam auf eine Tordifferenz von plus 46, der HSV auf 39, wir nur auf 33. Das hatte es vorher noch nie gegeben. Bis zum Ende der Meisterschaft waren mir die Fans wohlgesinnt. Und dann kam das ominöse Pokalspiel. Sowohl Mönchengladbach als auch die Bayern hatten sich in dramatischen Halbfinalspielen ins Finale gekämpft. Ich war nervöser als sonst. Es war das letzte Spiel für meinen alten Arbeitgeber – und das ausgerechnet gegen meinen neuen Arbeitgeber.
Wir gingen als Außenseiter ins Spiel, schossen aber das erste Tor. Unser Fehler war, das knappe Ergebnis verwalten zu wollen, und so hat der FC Bayern kurz vor Schluss noch den Ausgleich geschafft. Ich habe schlecht gespielt. Jupp Heynckes hatte mich völlig überraschend nicht im defensiven Mittelfeld eingesetzt, auf meiner Paradeposition, sondern als rechten Verteidiger. Als rechten Verteidiger! Das sagte er mir wenige Stunden vorher in der Mannschaftssitzung. Er wollte wohl unbedingt Winfried Schäfer im Mittelfeld einsetzen. Ein klarer Fehler. Ich hatte keine Orientierung, wusste nie, wo ich hinlaufen sollte, hatte kaum Ballkontakte. Ich begriff gar nicht, warum ich überhaupt mitgespielt habe. Ich war auf dieser Position taktisch nicht geschult und habe einfach schlecht ausgesehen gegen zwei erfahrene Hasen wie Norbert Nachtweih und Bernd Dürnberger.
Rechter Verteidiger konnte ich nie gut spielen. Zweimal hat mich Jupp Heynckes als rechten Verteidiger eingesetzt. In diesem Pokalfinale, und später mit Bayern München gegen Real Madrid. In beiden Fällen sind wir ausgeschieden. Da hat er mir und dem ganzen Team keinen Gefallen getan. Im Pokalfinale gegen die Bayern sah es Heynckes noch nicht einmal ein, das Ganze in 120 Minuten zu korrigieren. In der Verlängerung bekam ich dann noch einen Schlag aufs
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