Ganz oder gar nicht (German Edition)
Flieger, landete in Mailand, fuhr nach Civate – und sah schon aus der Ferne Blaulicht vor unserem Haus. In der Küche traf ich auf meine hochschwangere Frau und zwei Polizisten. Ein riesiges Einschussloch zierte den Hängeschrank. Lolita trank auf den Schock einen Grappa und berichtete mir von vier vermummten Kerlen, die über die Terrasse in die Küche eingedrungen waren. Lolita war durch das Gebell unserer Hunde alarmiert worden und hatte versucht, die Terrassentür rechtzeitig zu schließen. Zu spät. Einer der Verbrecher rammte den Lauf seiner Pistole dazwischen und gab einen Schuss ab. Was sollte sie anderes machen, als sich zu ergeben? Die Typen setzten Lolita im Kaminzimmer in einen Sessel und räumten dann eine Stunde lang das Haus leer. Sie konzentrierten sich auf den Schmuck, auf die Uhren (darunter eine, die Lolita mir wenige Tage später zum Geburtstag schenken wollte) und nahmen nebenbei noch Medaillen und den goldenen Fußball mit, den ich als Europafußballer erhalten hatte. Bis heute wurde der Raubüberfall nicht aufgeklärt, die Beute tauchte nie wieder auf. Ich gehe davon aus, dass die italienische Polizei an einer Aufklärung des Falls nicht besonders interessiert war. Man nahm die Angelegenheit zu Protokoll, danach brach der Kontakt zu den Behörden ab.
»Warum hast du mir das nicht erzählt, als ich dich aus Österreich anrief?«, fragte ich Lolita. »Weil ich dich nicht aufregen wollte. Du hättest mir doch sowieso nicht helfen können«, sagte sie. Das war lieb von ihr. Am nächsten Tag bin ich in das Uhrengeschäft gegangen und habe die gleiche Uhr noch einmal gekauft. Lolita sollte wieder ein Geschenk für mich haben.
Der Überfall war nicht der einzige Kontakt mit dem Verbrechen in Italien. Dreimal hatten es irgendwelche Banditen auf meine Autos abgesehen. Zuerst kam mein roter Peugeot abhanden. Dieses Mal kümmerte sich die Polizei tatsächlich darum. Sie fand den Wagen – aufgebockt auf Ziegelsteinen und völlig ausgeschlachtet – in einem Waldstück in der Nähe von Mailand wieder.
Mein erster Mercedes Cabrio SL verschwand vor dem Mailänder Flughafen. Ich brachte Lolita dorthin, parkte im Halteverbot und sagte dem Polizisten, der gerade dabei war, Strafzettel zu verteilen, er solle mich doch bitte verschonen, weil ich nur eben meine Frau am Check-In abliefern wollte. Er war so freundlich. Doch als ich nach drei Minuten wiederkam, war der Mercedes weg. Ich ging zu dem Polizisten und meinte, dass wir doch eine Absprache getroffen hätten, wieso er mich denn habe abschleppen lassen. Er hatte nichts dergleichen getan – das Auto war vor seinen Augen gestohlen worden.
Mein zweiter Mercedes Cabrio SL fuhr davon, während ich mit Lolita auf einer Restaurantterrasse in unserem Wohnort Civate saß. Ein Gast sprang plötzlich auf und schrie auf Italienisch: »Lothar, Lothar, dein Auto!« Ich hatte mit dem Rücken zum Parkplatz gesessen und drehte mich um. Tatsächlich, ein fremder Kerl saß am Steuer meines Wagens und kurvte gerade vom Gelände. Da war dieser Gast aber schon aufgesprungen, rannte ihm entgegen und stellte sich todesmutig vor das Fahrzeug. Der Dieb stoppte nicht. Der Mann flog über die Kühlerhaube, knallte auf die Steine und brach sich dabei das Bein. Mit quietschenden Reifen entfernte sich mein Mercedes auf der Landstraße. Kaum waren wir im Polizeipräsidium, bekamen wir die Nachricht: Wagen gefunden! Der Idiot hatte ihn mit Achsenbruch an irgendeinem Bordstein stehen lassen.
Eine glückliche Begegnung mit den Carabinieri hatte ich auf einer Tour nach Rimini, wo ich Lolitas Großmutter besuchen wollte. Es war Ferragosto, August, der Urlaubsmonat der Italiener. Auf den Autobahnen von Mailand Richtung Osten staute sich der Verkehr zig Kilometer lang. Das dauerte mir zu lange, also zog ich rechts rüber auf den Standstreifen. Ich fuhr und fuhr und fuhr – acht Kilometer weit. Als ich am Horizont einen Polizeiwagen sichtete, fädelte ich wieder in den Stau ein. Sie hatten mich jedoch gesehen, holten mich aus dem Stau heraus, kontrollierten meine Papiere und wiesen mich zurecht. »Sie wissen, dass Sie nicht über den Standstreifen fahren dürfen, Herr Matthäus?« Jetzt musste mir ganz schnell etwas einfallen. »Ja, natürlich«, sagte ich, »aber ich muss um 14 Uhr in Rimini sein, da warten 300 bis 400 Inter-Fans bei einer Veranstaltung auf mich.« »Tut mir leid«, sagte der Polizist, »Sie müssen leider die gleichen Spuren benutzen wie die anderen Autofahrer.«
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