Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Futter mit der Accu-Jet-Glaspipette, einer Art Labor-Pistole, in die Flasche mit den Krebszellen. Dann geht sie zum Mikroskop. In der Vergrößerung sind die Krebszellen gut zu sehen, lauter Punkte, wie kleine Klümpchen. »Wir können sehen, wie die in Abhängigkeit vom Zucker wachsen. Mit viel Zucker wachsen alle Krebszellen gut. Zucker erhöht den Blutzuckerspiegel, und ein hoher Blutzuckerspiegel fördert Krebs. Das ist evidenzbasiert, das weiß man.«
Die Professorin aus Würzburg gehört zu der wachsenden Zahl von Wissenschaftlern, die im Kampf gegen die großen Krankheiten des 21. Jahrhunderts neue Wege gehen wollen. Und die Einschränkung des Zuckerverzehrs gehört jetzt zu den neuen, erfolgversprechenden Methoden. Kollegen an der Universität Frankfurt forschen ebenfalls zum Thema Zucker, andere Kohlenhydrate und Krebs, auch in Israel und den USA, an der Universität von Iowa, am Albert Einstein College of Medicine in New York, am Boston College im Staat Illinois. Wissenschaftler der Universität von Kalifornien in Los Angeles haben herausgefunden, dass Krebszellen sogar eine eigene Schnittstelle für raffinierten Zucker haben.
Und es geht nicht nur um Krebs, bei dem in den nächsten 20 Jahren weltweit mit einer Verdreifachung der Kranken zu rechnen ist. »Auch die Lawine an Demenzpatienten und Diabetikern ist gar nicht mehr aufzuhalten«, prophezeit die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Auch da kann es helfen, den Zucker zu streichen. Der US-Ernährungswissenschaftler Bruce Fife berichtet von Erfolgen bei Demenzkranken. Bei der Zuckerkrankheit Diabetes verschwinden die Symptome sogar schon nach einer Woche, jedenfalls im frühen Stadium, wie die Studie von der Universität im britischen Newcastle ergeben hatte, die weltweit für Aufsehen sorgte. Der ehemalige Journalist und Manager Hans Lauber hatte über nachhaltige Erfolge mit seiner eigenen Methode schon in einem Buch berichtet, »Fit wie ein Diabetiker«.
Für Zuckersüchtige ist das ohnehin der einzige Ausweg. Judith aus Düsseldorf, die eine Selbsthilfegruppe gegründet hatte, hat sich einen neuen »Leitsatz fürs Leben« gegeben: »Zucker ist nicht die Lösung, sondern das Problem.« Sie isst jetzt gar keinen Zucker mehr und nichts, was Zucker enthält oder künstlich gesüßt ist. Und sie fühle sich wohl dabei, wesentlich ruhiger und ausgeglichener, auch selbstbewusster, arbeite wieder mit Elan und Spaß, habe wieder ein gesundes Hungergefühl, genieße gutes Essen, nehme sogar ab dabei: »Und die Kilos purzeln nur so.« Wenn der Zucker wegbleibt, verschwindet auch der Speck in der Körpermitte, sagt Professor Robert Lustig: »Wir wollen beweisen: Wenn man den Zucker aus der Nahrungskette nimmt, beseitigt man das Übergewicht.«
Der Mensch braucht Zucker, aber kein Mensch braucht jenes weiße Pulver, das in der Natur nicht vorkommt, aber im Laufe der Geschichte mit großem Aufwand in die menschliche Ernährung eingespeist wurde. Das weiße Pulver nützt nichts, schadet eher, also kann es auch wieder verschwinden. Und eine wachsende Zahl von Menschen will auch mit weniger Süßem leben, wie die Forscher vom britischen Leatherhead-Institut herausgefunden haben. Vielleicht beginnt jetzt, nach Jahrhunderten, der Anfang vom Ende des Zuckerzeitalters?
Alles, was von Menschen gemacht ist, können die Menschen auch wieder verschwinden lassen. So weit, so einfach. Doch ganz so einfach ist es auch wieder nicht. Es gibt natürlich Widerstände. Die vielen, die vom Zucker profitieren, wollen davon verständlicherweise nicht lassen. Sie werden das Feld nicht kampflos räumen.
Es gibt auch innere Widerstände. Es wäre ja schade, wenn es plötzlich keinen Erdbeerkuchen mehr gäbe, keine Schokolade, keine Marzipantörtchen, kein Eis. Es ist eine sehr radikale Lösung: tatsächlich jeglichen Zucker wegzulassen und womöglich alle anderen Kohlenhydrate dazu. Aber offenbar der einzige Ausweg für jene, bei denen das Leiden an den Folgen weit größer ist als der mögliche Genuss. Doch auch immer mehr Gesunde entscheiden sich für weniger Zucker. Jeder, der sich damit beschäftigt hat, zieht seine Konsequenzen. Natürlich auch in der Hoffnung, damit vielleicht künftigen Krankheiten aus dem Weg zu gehen. Und weil die Pfunde purzeln. Aber auch, weil es wieder sensibler macht für Geschmacksnuancen, weil es das Wohlbefinden steigert. Und das Süße muss ja nicht gleich ganz verbannt werden. Sie wollen nur bewusster genießen. Um aber den Genuss wieder zu erleben,
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