Garp und wie er die Welt sah
der Hund der
Percys mit – nach Jennys Meinung ein dummes bösartiges Tier, das sich jahrelang
über den Leinenzwang hinwegsetzen sollte, so ähnlich, wie die Percys ihre
Zwanglosigkeit zur Schau stellten. Der Hund, ein riesiger Neufundländer, hatte
sich von [88] einem Hündchen, das Mülleimer umwarf und Baseball-Bälle
verschleppte, zu einer heimtückischen Bestie entwickelt.
Eines Tages, als die Kinder
spielten, hatte der Hund einen Volleyball zerbissen – kein bösartiges
Verhalten, nur ein Versehen. Doch als der Junge, dem der plattgedrückte Ball
gehörte, versucht hatte, ihn dem großen Hund aus der Schnauze zu ziehen, hatte
der Hund ihn gebissen – tiefe punktuelle Wunden in den Unterarm: kein Biss, der – das wusste eine Krankenschwester – nur ein Unfall war, ein Versehen, nach dem
Motto: »Bonkers war ein bisschen aufgeregt, weil er so gern mit den Kindern
spielt.« So ungefähr kommentierte das Midge Percy, die dem Hund den Namen
Bonkers gegeben hatte. Sie erzählte Jenny, sie habe den Hund kurz nach der
Geburt ihres vierten Kindes geschenkt bekommen. Das Wort bonkers bedeute »ein bisschen verrückt«, erzählte sie Jenny, und dass
sie immer noch verrückt sei nach Stewie, obwohl sie schon die ersten vier
Kinder von ihm hatte. »Ich war einfach verrückt nach ihm«, sagte Midge zu
Jenny, »und deshalb habe ich den armen Hund Bonkers genannt, um meine Gefühle
für Stew zu beweisen.«
»Midge Percy war ein bisschen
verrückt, das stimmt«, schrieb Jenny Fields. »Dieser Hund war ein Killer,
geschützt durch eine der vielen fadenscheinigen und widersinnigen
Vorstellungen, für die die amerikanische Oberschicht berühmt ist: nämlich dass
die Kinder und Haustiere der Aristokratie gar nicht frei genug sein können und dass sie gar nicht imstande sind, jemandem weh zu
tun. Dass andere Leute die Welt nicht überbevölkern
und ihre Hunde nicht von der Leine lassen sollten,
dass aber die Hunde und [89] Kinder der reichen Leute ein Recht darauf haben,
frei herumzulaufen.«
»Die Tölen der Oberschicht«,
pflegte Garp sie zu nennen – die Hunde und die
Kinder.
Er hätte seiner Mutter darin
zugestimmt, dass Bonkers, der Hund der Percys, gefährlich war. Neufundländer
haben ein glänzendes Fell und sehen aus wie schwarze Bernhardiner mit
Schwimmpfoten. Sie sind im Allgemeinen träge und gutmütig. Aber auf dem Rasen
der Percys beendete Bonkers ein Footballspiel, indem er seine fünfundsiebzig
Kilo auf den Rücken des fünfjährigen Garp warf und dem Jungen das linke
Ohrläppchen abbiss – und auch noch einen Teil von Garps restlichem Ohr. Bonkers
hätte wahrscheinlich das ganze Ohr genommen, aber er
war ein ausgesprochen unkonzentrierter Hund. Die anderen Kinder flohen in alle
Richtungen.
»Bonkie hat jemanden gebissen«,
sagte ein jüngerer Percy und zog Midge vom Telefon weg. Es war eine
Familiengewohnheit der Percys, ein -y oder -ie an den Namen fast aller
Familienmitglieder zu hängen. So wurden die Kinder – Stewart (jr.), Randolph,
William, Cushman (ein Mädchen) und Bainbridge (ein weiteres Mädchen) – zu Hause
nur Stewie Zwei, Dopey, schriller Willy, Cushie und Pu genannt. Die arme
Bainbridge, deren Name sich nicht für eine Endung auf -y oder -ie eignete, hatte
auch als Letzte in der Familie Windeln an; also wurde sie in dem rührenden
Bemühen, sowohl lautmalerisch als auch literarisch zu sein, kurz Pu genannt.
Es war Cushie, die an Midges Arm
hing und ihrer Mutter mitteilte: »Bonkie hat jemanden gebissen.«
[90] »Wen hat er denn diesmal
erwischt?«, sagte Fat Stew und griff nach einem Squash-Schläger, als wollte er
sich der Sache annehmen, aber er war gänzlich unbekleidet. Midge zog ihren
Morgenrock zusammen und schickte sich an, als erste Erwachsene nach draußen zu
laufen, um den Schaden in Augenschein zu nehmen.
Stewart Percy war zu Hause oft
unbekleidet. Kein Mensch weiß, warum. Vielleicht wollte er die Anspannung
loswerden, die daher rührte, dass er immer so ungemein bekleidet auf dem Campus von Steering herumstolzierte und nichts anderes zu tun
hatte, als sein Tapferkeitsmedaillensilber zur Schau zu tragen. Und vielleicht
war es auch aus Notwendigkeit – bei all dem Nachwuchs, für den er
verantwortlich war, musste er zu Hause oft
unbekleidet sein.
»Bonkie hat Garp gebissen«, sagte
die kleine Cushie Percy. Weder Stewart noch Midge bemerkten, dass Garp in der
Tür stand – die ganze linke Seite seines Kopfes blutig und angebissen.
»Mrs. Percy?«, flüsterte
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