Garten des Lebens
leidet.”
Susannah nahm diese Drohung nicht auf die leichte Schulter. Sie spürte, dass Troy es genießen würde, Chrissie aus bloßer Gehässigkeit zu verletzen.
Da weitere Diskussionen zu nichts führen und die Lage wahrscheinlich nur verschlimmern würden, stellte Susannah ihre Tasche auf die abgenutzte Bar und zog den Reißverschluss auf. Sie nahm einen Stapel Zwanziger und Fünfziger heraus und gab ihn Troy.
Er riss das Geld an sich und zählte schnell durch. Eine Minute später hob er den Blick und sah sie kalt an. “Das ist nur die Hälfte von dem, was wir vereinbart hatten.”
“Die andere Hälfte ist zu Hause. Du bekommst das Geld, wenn Chrissie nach Seattle zurückkehrt.”
Ganz offensichtlich war er nicht glücklich mit der Situation, doch er hatte keine andere Wahl. Susannah wollte ihm nicht die ganze Summe auf einmal geben und damit riskieren, betrogen zu werden. Dies war die einzige Sicherheit, die ihr blieb, und die wollte sie nicht ungenutzt vertun.
Er schien zu überlegen und nickte dann langsam. “Fein. Aber Sie halten sich besser an die Abmachung.” Er stopfte das Geld in sein Portemonnaie, das durch eine Kette mit seiner Hose verbunden war. Ohne ein weiteres Wort ging er zurück zu dem Tisch, an dem er gesessen hatte, und ergriff den Arm der Blondine. Hand in Hand ging das Pärchen aus der Kneipe. Jenny, wenn das überhaupt ihr Name war, schwang provokativ mit den Hüften. Allein der Gedanke daran, ihre Tochter in einer ähnlichen Situation zu sehen, trieb Susannah die Schamesröte ins Gesicht.
“Er ist ein hübscher Mann, mein Sohn, hab ich recht?” Sharon trat zu Susannah. “Er gleicht seinem Vater von Tag zu Tag mehr.”
Susannah ignorierte Sharons Worte. Obwohl es stimmte, dass Troy Jake ähnlich sah, so fehlten ihm doch sämtliche anderen Qualitäten, die Susannah bei einem Mann für wichtig hielt – Würde, Ehre, Charakter. Das alles ließ Troy vermissen und Jake offenbar ebenso. Diese Einsicht machte sie eher traurig als wütend. Sie hatte damals geglaubt, Jake und sie würde etwas Besonderes verbinden. Und sie war viel zu dickköpfig gewesen – ähnlich wie ihre eigene Tochter – um zu erkennen, wie recht ihr Vater hatte, Jake aus ihrem Leben zu verbannen. In all den Jahren hatte sie den Zorn gegenüber George aufrechterhalten und jetzt … jetzt verstand sie ihn und es zerriss ihr das Herz. Sie hatte die Jahre vertan, war traurig und wütend darüber gewesen, wie er ihr Leben gelenkt hatte – und nun war sie hier und tat genau dasselbe. Sie tat es aus Liebe, genau wie ihr Vater.
“Sobald du nach Frankreich aufgebrochen warst, kam Jake zu mir zurück.”
“Das stimmt nicht.” Ihr selbst zuliebe wollte Susannah Sharon nicht glauben – wollte glauben, was in den Briefen gestanden hatte.
Sharon lachte verächtlich, doch Susannah war es egal.
“Jake war niemals interessiert an dir. Nicht so, wie du an ihm interessiert warst.” Sie behauptete sich, wollte nicht zulassen, dass Sharon sie aus dem Konzept brachte.
“Glaub, was du willst”, sagte Sharon gleichgültig. “Troy ist der einzige Beweis, den ich brauche.”
Die Frau hatte nicht ganz Unrecht, obwohl Susannah es niemals eingestanden hätte. “Es tut mir leid, dass du immer auf andere einschlagen musst”, sagte sie. “Jake muss dir wirklich sehr wehgetan haben.” Damit drehte sie sich um und verschwand aus der Kneipe. Als Susannah den Wagen erreichte, zitterten ihre Hände so stark, dass sie kaum den Schlüssel ins Schloss stecken konnte.
Ausgerechnet Troy hatte ihr eine der wertvollsten Lektionen ihres Lebens erteilt. Sie war die Tochter ihres Vaters.
Mit einem Mal wurde Susannah klar, dass sie mit ihrem Handeln die Beziehung zu ihrer Tochter aufs Spiel gesetzt hatte. Und ihre Ehe. Wieder einmal hatte sie hinter Joes Rücken Entscheidungen getroffen und fragte sich nun, wie er wohl reagieren würde, wenn er erfuhr, was sie getan hatte. Sie konnte nur darauf hoffen, dass er sie verstand.
Dieser Sommer hatte sie gelehrt, ihre Beziehung mit ganz anderen Augen zu sehen. In all den Jahren hatte Joe sich als zuverlässiger Ehemann bewährt. Sie hatten Hoffnungen geteilt, Pläne gemacht und gemeinsam Schmerz und Sorge ertragen. Er kannte ihre guten und ihre schlechten Seiten. Joe war derjenige, der immer an ihrer Seite bleiben würde. Nicht Jake. Jake war ein Wunschbild, eine schon lang vergessene Liebe, ein Traum, der sich als falsch erwiesen hatte.
Mit diesen Erkenntnissen fuhr Susannah in die Chestnut
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