G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke
Kite noch einmal. Sie hob die Browning auf, um das Gewicht abzuschätzen; es fühlte sich ganz gut an. »Du nimmst den Derringer«, sagte sie. »Er ist einschüssig, aber ich hab ein Schnappholster, damit kannst du ihn genau bis zu dem Augenblick, wo du ihn brauchst, im Ärmel versteckt halten. Gut für ne Überraschung.«
»In Ordnung«, sagte Joan. »Fairer Tausch.«
»Der Rückstoß von dem Ding muß ungeheuerlich sein«, fügte Kite hinzu und stemmte die Handkanone wie eine Hantel.
»Es hat einen eingebauten Stoßdämpfer, damits einem nicht das Handgelenk bricht«, sagte Joan. »Aber ja, haut ganz schön rein. Du mußt auch unbedingt darauf achten, daß du einen guten Kugelfang hinter deinem jeweiligen Ziel hast, für den Fall, daß du danebentriffst... oder auch für den Fall, daß du nicht danebentriffst.«
»Ich werd dran denken«, sagte Kite. Sie richtete die Handkanone auf den Kühlschrank und visierte am Lauf entlang. »Na dann erzähl mir mal was über die Gegenseite. Angenommen, ein Elektro-Neger ginge auf mich los, um mir mit Krieg und Frieden das Gehirn aus dem Schädel zu hauen, wo würde ich hinzielen, um ihn davon abzuhalten?«
»Mitten auf die Brust«, sagte Joan. »Der Automatische Diener ist mit zwei halb unabhängigen CPUs ausgestattet, einem in der Brust, einem im Kopf, aber es ist das Brustmodul, was die Bewegungen steuert.«
»Ein Kopfschuß würde ihn also nicht aufhalten?«
»Könnte, wenn der Spinal-Unterbrecher nicht richtig schaltet«, sagte Joan. »Aber ich würde mich nicht darauf verlassen. Und noch eins, die meisten von ihnen haben Hilfssensoren an den verschiedensten Körperstellen, also selbst enthauptet sind sie nicht völlig blind.«
»Wie stark sind sie?«
»Haushaltsmodelle sind auf eine Hubkraft von tausend Pfund ausgelegt - genug, um die meisten Möbel umstellen und als Ersatzwagenheber fungieren zu können. Industrie-Diener können einen Güterzugwaggon mit einer Hand ziehen.«
»Liebe Güte! Also dann kein Fingerhakeln. Wie stehts mit den Reflexen?«
»Unterschiedlich«, sagte Joan. »Aber laß dich nicht dazu verleiten, sie für so langsam oder so schwerfällig zu halten, wie sie manchmal wirken. Sie sind dazu programmiert, ihre Fähigkeiten möglichst wenig rauszukehren, damit ihre Besitzer sich nicht eingeschüchtert fühlen und menschliche Kollegen nicht anfangen, um ihren Arbeitsplatz zu bangen.«
»Irgendwelche besonderen Schwächen oder Achillesfersen?«
Joan schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn ihre Verhaltensinhibitoren ausgebaut worden sind. Sie sind bestimmt nicht unverwundbar, aber sie sind andererseits auch ein ganzes Stück stabiler, als sie aussehen.«
Kite nickte. Sie legte die Pistole hin, öffnete die Munitionsschachtel und leerte sie vorsichtig in der Mitte des Tisches aus. Dann nahm sie eine Handvoll Explosivgeschosse auf und machte sich daran, ihre Magazine zu füllen. Joan tat das gleiche mit ihren.
»Meinst du, wir sollten jemand anrufen?« fragte Joan, als sie mit der Arbeit fertig waren. »Das FBI, meine ich, oder vielleicht Delta Force?«
»Ich weiß nicht«, sagte Kite. »Ich bin mir nicht so sicher, daß sie uns überhaupt Glauben schenken würden, selbst mit der Akte als Beweis. Und wenn sie uns glauben würden, bin ich mir nicht so sicher, daß es klug wäre, die da oben wissen zu lassen, daß etwas wie das Nanovirus technisch machbar ist.«
»Ich versteh, was du meinst«, sagte Joan, »aber wenn wir niemand was davon erzählen, und wir gehen bei der Geschichte drauf -«
Das Telefon klingelte. Beide Frauen machten einen Satz. Joan war regelrecht erleichtert, als sie begriff, wie angespannt sie war; sie hatte sich die ganze Zeit besorgt gefragt, ob sie die ganze Sache nicht vielleicht zu routinemäßig nahm, zu emotionslos.
Aber als das Telefon ein zweitesmal klingelte und ihre Hand instinktiv nach der Pistole griff, erkannte sie, daß sie sich bestimmt nicht über einen Mangel an Emotionen würde beklagen müssen.
»Geh ran«, sagte sie beim dritten Klingeln.
Eine angenehme, vertraute Stimme, zuletzt im Garten eines Lebkuchenhauses gehört, aber jetzt weit bedrohlicher, als sie vor zwei Tagen geklungen hatte: »Hallo, MissFine.«
»Welch ein Zufall«, sagte Joan. »Wir hatten gerade von Ihnen gesprochen.«
» Oh, hier gibt 's keine Zufälle.«
»Und das heißt?«
»Manche Rätsel, Miss Fme, sollten eigentlich sogar Sie ohne Hilfestellung lösen können.«
»In Ordnung«, sagte Joan. Sie warf einen raschen Blick auf Ayns
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