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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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ungehindert ausführen zu können. Sein doppeltes Looping um die Gea beantwortete sie mit einem Warnsignal. Als das nichts half, umgab sich unser Raumschiff mit einer roten Rauchwolke. Da auch dies ohne Erfolg blieb, steigerte die Gea ihre Geschwindigkeit. Diese Manöver waren von den Steuerautomaten ausgeführt worden, da sich zu diesem Zeitpunkt keiner der Astrogatoren im Steuerungsraum befand. Als der verrückte Pilot merkte, daß die Gea im Begriff war, ihm zu entwischen, beachtete er die Warnungen nicht und flog hinter unserem Raumschiff her; dabei beanspruchte er die Motoren seiner kleinen Rakete bis an die äußerste Grenze der Leistungsfähigkeit. Als er sich vom Jupiter her unserer Flanke näherte, dachte er nicht an die Anziehungskraft des Planeten, durch die seine Rakete bei einer allzu scharfen Wendung in den Bereich der ausgestoßenen Atomgase geriet. Die Maschine wurde von ihren Wirbeln erfaßt und umhergeschleudert. In diesen kritischen Sekunden hatte der Pilot wahrscheinlich die Orientierung verloren und war bei dem Versuch, seine Maschine wieder in die Gewalt zu bekommen, mit voller Geschwindigkeit auf die Flanke der Gea zugerast. Für Ausweichmanöver war es zu spät. Als die Entfernung auf einige hundert Meter zusammenschmolz, schalteten unsere Automaten die Strahlungsemitoren ein. Die Rakete wurde von dem mächtigen Prall dieser Strahlen getroffen und gewaltsam gebremst. Sie hing hilflos im Raum und konnte jeden Moment auf den Jupiter abstürzen. Die nun folgenden Manöver der Gea verhinderten dies. Sie stoppte und drosselte die eigene Kreiselbewegung. Magnetfelder saugten die verunglückte Rakete in das Innere unseres Raumschiffes.
    Alles das‚ was die Automaten veranlaßt hatten, war unbedingt notwendig gewesen. Es wäre sonst zu einem Zusammenstoß mit katastrophalen Folgen gekommen; denn die Rakete war immerhin ein Geschoß von elf Tonnen Gewicht, das mit einer Geschwindigkeit von siebzehn Kilometern in der Sekunde auf uns zuraste. Seine Energie hätte genügt, die Schutzpanzer der Gea zu durchschlagen und den Schiffskörper zu durchbohren. Das alles teilte mir Yrjöla in hastigen Worten mit.
    Inzwischen war der Fahrstuhl unten angelangt. Wir betraten die Druckkammer. Unter den Metallspanten, die hier einen Teil der Versteifungskonstruktion des Schiffes enthüllten, lag auf einer an die Wand geschobenen Plattform die schlanke Rakete wie ein gestrandeter Fisch. Die glänzende Metallhülle war versengt, schwarzbraun. Unter dem Einfluß der Strahlen hatte sie sich in eine rauhe Schale verwandelt, die aussah, als wäre sie mit Schlacke bedeckt. Die Einstiegsklappe ließ sich nicht öffnen. Die Automaten hatten deshalb mit der erforderlichen Vorsicht begonnen, die Wandung über dem Sitz des Piloten aufzuschneiden. Als wir die Kammer betraten, war diese Arbeit fast beendet. Unter den Elektrosägen sprühten Funken nach allen Seiten. Endlich wurde das Stück des Panzers abgehoben, und nun war es möglich, den in der hermetischen Hülle eingeschlossenen Körper des Verunglückten zu bergen.
    Diese Hülle, die aus einer dicken, dunklen, elastischen Masse besteht, weist außer einigen vom montierten Teilen der Steuerungsapparatur und des Radargeräts eine Art Panzer auf, der den Kopf und die Brust des Piloten schützt. Deshalb schnitten wir sie hinten auf. In der weit geöffneten, hell erleuchteten Tür des Schnellaufzugs stand die Tragbahre bereit. Wir gingen sehr behutsam vor, als sei der Flieger noch am Leben, obgleich das beinahe ausgeschlossen war. Die Rakete war durch den Anprall der ausgesandten Strahlen so gewaltsam abgebremst worden, daß der Pilot einer Dezeleration unterworfen war, die um ein Vielfaches die höchstzulässige Grenze überschritten hatte.
    Jemand reichte mir ein Schneidewerkzeug. Je weiter die einzelnen Schichten der Hülle auseinanderklafften, desto vorsichtiger arbeitete ich. Endlich zeigte ein leises Zischen, daß die Druckluft aus der Hülle entwich. Noch ein Schnitt, und ich erblickte die dunkle Fliegerkombination, eine Art aufgeblasenen Gummisack, der von Metallspiralen dicht umgeben ist. Die Spiralen dienen dazu, das weiche Gewebe bei einer plötzlichen Geschwindigkeitsänderung zu versteifen. Trichterförmige Röhrchen, die sich nach unten erweitern, berühren fast die Brust und den Leib. In ihnen kreist Gas, dessen Druck von der Beschleunigung abhängig ist, die während des Fluges erreicht wird. Wir legten den reglosen Körper in der Kombination auf die Tragbahre und

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