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Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauck: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Frank
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ein Beispiel.«

    37  Der Bundesbeauftragte 1998 in seinem Amtssitz 300
    In Verdacht, die behördeninternen Informationen weitergegeben zu haben, geriet Bernd Hopfer, einer der beiden ehemaligen Stasioffiziere in der Arbeitsgruppe Sonderrecherche, die Gauck seit Jahren immer wieder gegen alle Angriffe verteidigt hatte. Ein Beweis für den angeblichen Verrat Hopfers konnte jedoch nicht geführt werden. Gauck verzichtete sowohl auf eine Strafanzeige gegen Hopfer als 301 auch auf dessen Entlassung. Das Prozessrisiko erschien zu hoch. Hansjörg Geiger urteilte rückblickend zur Beschäftigung von Hopfer in der Behörde: »Hopfer war ein Fehler. Als Bäcker von dem angeblichen Verrat von Hopfer erfuhr, war er entsetzt.« »Bäcker hat mit seinem einstigen Freund und Genossen Hopfer wegen des doppelten Vertrauensbruches ihm selbst und der Behörde gegenüber von da an kein Wort mehr gesprochen«, bestätigte Klaus Richter.
    Auch an diesem Fall zeigte sich, dass das Festhalten an den beiden ehemaligen MfS -Offizieren ein politischer Fehler von Joachim Gauck war. Zugegeben: Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre Lothar de Maizière, Manfred Stolpe und Gregor Gysi ihre Nähe zum MfS ohne die Mitarbeit von Gerd Bäcker nie nachzuweisen gewesen. Die Rechercheergebnisse von Bäcker und Hopfer beeinflussten die politischen Karrieren der drei genannten Spitzenpolitiker maßgeblich. Doch der Zweck heiligt nicht alle Mittel. Für die mit Hilfe der ehemaligen MfS -Offiziere gewonnenen Erkenntnisse war ein hoher Preis zu bezahlen. Die öffentliche Kritik an der Beschäftigung von Bäcker und Hopfer sollte nie verstummen und beschädigte die Glaubwürdigkeit der BStU massiv. Noch 2012 kritisierte der neue Bundesbeauftragte Roland Jahn die Beschäftigung ehemaliger Stasiangehöriger als einen »Schlag ins Gesicht der Opfer«.
    Als 2006 in der Welt erstmals über das volle Ausmaß der Beschäftigung ehemaliger Stasimitarbeiter in der Behörde berichtet wurde, war die Resonanz so enorm, dass sich der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Bernd Neumann, genötigt sah, ein »Gutachten über die Beschäftigung ehemaliger MfS -Angehöriger bei der BStU « in Auftrag zu geben. Die Verfasser kamen zum Ergebnis, dass sowohl an der Einstellung der MfS -Archivkräfte und 302 Rechercheure nichts zu beanstanden war als auch an der Übernahme der Wachkräfte der Behörde aus dem MfS . Das Gutachten kritisierte allerdings Gaucks Kommunikationspolitik: »Jahrelang hatte die Behörde, auch unter Gauck, bewusst falsche Angaben über das Ausmaß der Beschäftigung von Stasileuten in der Behörde gemacht. […] Es scheint, als ob von Beginn an nicht die Weitervermittlung von ›Herrschaftswissen‹ gefragt, sondern die langfristige Bindung ehemaliger MfS -Angehöriger – aus welchen Gründen auch immer – das Ziel ihrer Beschäftigung war. […] Das Verschweigen der ehemaligen MfS -Personenschützer, der früheren Zeitsoldaten des MfS -Wachregiments und der IM kann als bewusste Irreführung von Parlament und Öffentlichkeit betrachtet werden.«
    Außerdem bemängelten die Gutachter: »Nahezu alle ehemaligen MfS -Bediensteten hatten in den ersten Jahren des Aufbaus der Behörde […] die Möglichkeit des Missbrauchs. Sie konnten Akten vernichten, verstellen oder herausschmuggeln, denn sie hatten […] zum Teil ungehinderten und unbeaufsichtigten Zugang zu erschlossenem, aber auch zu unerschlossenem Material.« Gauck war diesem Vorwurf während seiner Amtszeit immer entgegengetreten. »Diese ehemaligen Stasi-Mitarbeiter haben aber nicht die Möglichkeit, eigenständig mit den Akten zu arbeiten oder gar Manipulationen vorzunehmen. Wir sind uns bei diesen Kollegen auch sicher, dass sie derartige Manipulationsversuche nicht vornehmen würden, wenn sie Gelegenheit dazu hätten.« Doch der Fall Hopfer war nicht der einzige, in dem sich Gauck in dieser Hinsicht irrte. 1992 versuchte ein ehemaliger Stasimajor, der im Archiv beschäftigt war, MfS -Akten aus der Behörde zu schmuggeln und an den Verfassungsschutz zu verkaufen. Er wurde nach seiner Festnahme am 29. Juni 1992 fristlos gekündigt und am 24. No 303 vember desselben Jahres vom Amtsgericht Tiergarten wegen Verwahrungsbruch zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

Der Fall Knabe
    Ende der neunziger Jahre kam es noch einmal zu einem Konflikt zwischen Gauck und einem seiner Mitarbeiter, ähnlich wie zu Anfangstagen mit den Historikern Wolle und Mitter. Diesmal

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