Gaunts Geister - Band 1-3
des Dudelsacks und erzeugte damit ein Ächzen, einen
schrillen, traurigen Seufzer. Er hallte durch den Laderaum des gewaltigen,
uralten Raumschiffs, wo tausend tanithische Geister in ihren Kojen lagen. Der
matte Rhythmus des Warp-Antriebs schien sich dem Gejaule der Pfeifen
anzupassen.
»Wie wär's mit — >Euan
Fairlows Marsch«, schlug Milo vor.
Über ihm lächelte Corbec, als
er sich an den alten Gigue und an die Nächte erinnerte, in denen er das Lied in
den Tavernen von Tanith Magna gehört hatte.
»Das wäre sehr schön«, sagte
er.
Das energische Stampfen des
Gigue begann und breitete sich rasch über das Eisengitter des Decks, in die
Gänge zwischen den Kojen, um Stapel mit Ausrüstung und Tarnumhängen und zu
rauchverhangenen Gruppen hin aus, wo Männer Karten spielten oder tranken, aber
auch zu Kojen, wo andere schliefen oder insgeheim Bilder von Frauen und Kindern
anstarrten, die für immer verloren waren, und ihre Tränen zu verbergen suchten.
Corbec hatte seinen Spaß an dem
Lied und schaute von seiner Koje auf, als er sich nähernde Schritte auf den
Deckplatten hörte.
Als er sah, dass es Gaunt war,
sprang er auf.
Der Kommissar war gekleidet wie
bei ihrer ersten Begegnung vor fünfzig Tagen, mit einer Galauniformhose mit hoher
Taille und ledernen Hosenträgern, einem ärmellosen Unterhemd und
Stulpenstiefeln.
»Kommissar!«, sagte Corbec
überrascht.
Das Lied stockte, doch Gaunt
lächelte und bedeutete Milo mit einer Geste fortzufahren. »Spiel weiter, mein
Junge. Es tut uns allen gut, fröhlichere Klänge zu hören.«
Gaunt setzte sich auf den Rand
von Milos Koje und schaute zu Corbec hoch. »Voltemand wird als Sieg für die Volponer
Blaublüter verbucht«, sagte er seiner Nummer zwei ganz offen. »Weil sie die
Stadt erobert haben. Wir werden in Sturms Bericht lobend erwähnt. Aber mit
dieser Schlacht haben wir uns keine Welt erobert.«
»Möge Feth sie holen!«, fluchte
Corbec.
»Es wird andere Schlachten
geben, verlassen Sie sich darauf.«
»Ich fürchte, das tue ich,
Kommissar«, lächelte Corbec.
Gaunt bückte sich und öffnete
den Kasten, den er mitgebracht hatte. Er holte ein halbes Dutzend Flaschen
Sacra heraus.
»Im Namen von allem, was gut
und heilig ist!«, rief Corbec und sprang von seiner Koje. »Woher ...«
»Ich bin ein imperialer
Kommissar«, sagte Gaunt.
»Ich habe Einfluss und
Beziehungen. Haben Sie Gläser?«
Glucksend holte Corbec einen
Stapel alter Schnapsgläser aus seinem Gepäck.
»Rufen Sie Bragg rüber, ich
weiß, dass er dieses Zeug mag«, sagte Gaunt. »Und Varl und Meryn. Den Irren
Larkin. Suth. Den jungen Caffran ... Hölle, warum nicht auch Major Rawne? Und
einen für den Jungen. Es ist genug da. Genug für alle.« Er deutete mit einem
Nicken auf den Niedergang und die drei verblüfften Schiffsoffiziere, die sich
mit einem mit Holzkisten beladenen Wägelchen näherten.
»Worauf trinken wir?«, fragte
Corbec.
»Auf Sergeant Cluggan und seine
Jungs. Auf den Sieg. Und auf die Siege, die noch vor uns liegen.«
»Trinken wir auch auf die
Rache«, sagte Milo leise in seiner Koje und legte den Dudelsack beiseite.
Gaunt grinste. »Ja, darauf
auch.«
»Wissen Sie, ich habe genau das
Richtige, was zu diesem erlesenen Gebräu passt«, verkündete Corbec, während er
seine Taschen durchsuchte. »Zigarillos mit Lakritzgeschmack ...«
Seine Stimme verlor sich. Was
er aus seiner Jackentasche zog, hatte schon vor einer ganzen Weile aufgehört, Zigarillos
zu sein.
Sie waren eine zerfledderte,
vom Wasser aufgequollene Masse.
Corbec zuckte die Achseln und grinste.
Seine Augen funkelten, während Gaunt und die anderen lachten.
»Ach, was soll's«, seufzte er
philosophisch.
»Manchmal gewinnt man ...«
* * *
Große Stelzvögel mit
Löffelschnabel flogen weiß vor der nahenden Dunkelheit die Linien entlang nach
Westen. Im Dickicht beendeten die tagsüber zirpenden Insekten ihr Konzert und
überließen den Nachtkäfern, Zikaden und Stechmücken das Feld, Getier, das im
Licht der Herdfeuer kreiste und die heiße Dunkelheit mit seinem Laut erfüllte. Andere
Rufe hallten durch die stickige Luft, das Gebrüll und Gezeter unsichtbarer
Klettertiere und Pflanzenfresser im Sumpf. Die entfernte Artillerie war
verstummt.
Gaunt kehrte in dem Augenblick
zum Kommandostand zurück, als sich die mit Gitterwerk abgeschirmten Wachlampen
einschalteten und ihren grünlichen Schein nach unten auf den Schlamm warfen,
wobei Blenden verhinderten, dass das Licht in eine
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