Gaunts Geister - Band 1-3

grinste. Bragg war ein
guter Waffentechniker und konnte schwere Waffen bestens handhaben, aber seine Schießkünste
hatten sich seit der Erstgründung kaum verbessert. Andererseits musste er mit
zwei Waffen mit einer derart hohen Feuergeschwindigkeit und so viel Munition zwangsläufig
irgendwas treffen.
    »Ach, bevor ich's vergesse«,
sagte Gaunt, »die Böschungen im Westen stürzen wieder ein. Ich habe Major Rawne
gesagt, dass Sie morgen beim Wiederaufschütten helfen. Sie können jemanden
brauchen, der einiges heben kann.«
    Bragg nickte, ohne eine
Rückfrage zu stellen. Seine große Körperkraft war ein Aktivposten der Geister,
und seine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft entsprachen seiner Kraft. Er
erinnerte Gaunt an eine große, stumpfe Waffe, wie zum Beispiel eine Keule: tödlich,
wenn sie richtig traf, aber schwierig zu handhaben.
    Bragg schlug sich eine Motte
aus dem Gesicht. »Nettes kleines Paradies haben wir hier entdeckt«, stellte er
fest.
    »Monthax ist — uncharmant«,
räumte Gaunt ein, wobei er den hochaufgeschossenen Soldaten neugierig ansah. Bragg
war ein seltsamer Mann. Diesen Schluss hatte Gaunt schon vor langer Zeit
gezogen. Er war noch nie einem Menschen begegnet, der körperlich so stark und
geistig so zurückhaltend war, als habe er irgendwie Angst vor der furchtbaren
Kraft, die er entwickeln konnte. Andere verwechselten das mit Dummheit und
hielten den großen, alten Bragg für beschränkt. Aber der Mann war ganz
offenkundig nicht dumm. Auf seine ganz eigene, stille, gewaltige Art war er der
eindrucksvollste und gefährlichste Geist von allen. Andere waren so
ausschließlich auf seine Körperkraft fixiert, dass sie den Verstand dahinter
meistens unterschätzten.
    Und der Verstand, wusste Gaunt,
war das Stärkste von allem.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    SECHS
     
    Diese schreckliche
Kraft
     
     
    Caligula nach der Befreiung
durch das Imperium. Nächte so hell wie der Tag, da sie von den brennenden
Makropolen erleuchtet wurden. Tage so dunkel wie die Nacht im petrochemischen
Rauch.
    Überall flatterte Ruß wie dicke
schwarze Schneeflocken zu Boden.
    Sogar hier draußen im Totland.
    Steile Schluchten aus
korallenfarbenem Gestein. Fahnen aus fluoreszierendem Staub, die an den höher
gelegenen Stellen und Kraterrändern leckten. Rissige, trockene Becken aus
rostroter, zusammengebackener Erde. Ausgedehnte, eingefallene Kämme aus
Glassand. Und Tod, gebleicht und weiß gedörrt wie Knochen, die seit Jahren in der
Sonne gelegen hatten.
    Achtzehn Transporter,
dreißigrädrige Ungetüme, die blaue Abgase aus ihren senkrechten Auspuffrohren
bliesen, krochen in niedrigem Gang den Pass durch das rote Gestein hinab. Die
Zugmaschinen vor jedem Transporter mit Ladung waren Ungeheuer, gepanzerte
Führerhäuser aus versengtem Metall, die auf riesigen Motorblöcken vor sich
hinratterten, durch eine Batterie von Nebelscheinwerferaugen nach vorn
funkelten und mit Stoßstangen, Kühlergrillen und stachelbewehrten Trittbrettern
insektenverschmiert grinsten. Die gewaltigen Transporter wurden von
Kradschützen und Panzerfahrzeugen flankiert.
    Palapr Tuvant,
Transporterfahrer, auf Caligula geboren und aufgewachsen, rang mit dem
halbmondförmigen Lenkrad im Führungsfahrzeug der Kolonne und spähte hinüber zu
seinem zweiten Fahrer. Tlewn Milloom schaute aus dem Fenster und warf ab und zu
einen Blick auf seinen Chronometer.
    Sie waren beide in Schweiß gebadet,
in die Hitze des brüllenden Motors unter ihren Füßen gehüllt. Milloom hatte die
Panzerplatten vor der Windschutzscheibe heruntergeklappt und die metallenen
Ausstellfenster geöffnet in der Hoffnung, durch den Luftzug etwas Kühlung zu
verschaffen. Aber die Oberflächentemperatur draußen im Totland lag bei über
vierzig Grad. Ab und zu spritzte zusätzlich heißes Motoröl aus der leckenden
Dichtungsmanschette der Haube durch das Gitter der Windschutzscheibe ins
Führerhaus.
    Milloom lehnte sich auf seinem Ledersitz
zurück und schaute zur Deckenluke des Führerhauses empor. »Ist er immer noch da
oben?«
    Tuvant nickte und rang mit dem
Lenkrad. Sie beide waren nur allzu sehr an die ruckartigen, schaukelnden
Bewegungen des Fahrzeugs gewöhnt. »Wahrscheinlich steckt er den Kopf aus dem
Turm wie ein Hund und genießt den Fahrtwind.«
    Milloom gluckste. »Bei Kec, das
ist vielleicht ein Schwachkopf, was? Ist beim Verteilen des Verstands glatt
ausgelassen worden.«
    Tuvant nickte. »Typisch Armee,
nur Muskeln und kein Hirn. Wo, zum