Gayheimnisse reloaded (German Edition)
und begann dann wild zu rasen. Schon wieder einmal war ich in eine dieser gefährlichen Situationen geraten, und in einem Anflug von Panik überlegte ich, ob es das wirklich alles wert war. Doch dann sah mich Matt über seine Schulter hinweg an und meine Zweifel waren dahin. Nur ein einziger Blick aus seinen schwarzen Augen und ich wusste, dass ich nirgendwo anders sein wollte als hier, an seiner Seite.
Mein Abenteuer in Afrika hatte vor etwa vier Monaten begonnen. Nachdem ich mein tiermedizinisches Studium in London erfolgreich abgeschlossen hatte, war man mit einem Angebot auf mich zugekommen, das ich unmöglich hätte ablehnen können. Seitdem war Nigeria mein vorläufiges, neues Zuhause. Gesponsert von Spendengeldern, Mitgliedern und Patenschaften gab unser Team aus Forschern, Tierärzten und freiwilligen Helfern diesen wundervollen und intelligenten Geschöpfen die Chance, zu überleben. Das Fleisch von Schimpansen und Gorillas war in vielen Regionen Afrikas heiß begehrt. Grausam abgeschlachtet landeten sie als sogenanntes »Buschfleisch« auf Märkten.
Dass ich einen sehr gefährlichen Job angenommen hatte, war mir von Anfang an bewusst. Doch die Sache war es wert. Ganz abgesehen von der Rettung der Affen – die Begegnung mit Matt hatte mein Leben auf einen Schlag verändert.
Ich wusste schon mit vierzehn oder fünfzehn, dass ich schwul bin, und besaß Gott sei Dank verständnisvolle Eltern, die es akzeptierten. Meine Beziehungen waren bisher meist von kurzer Dauer gewesen, die große Liebe war nicht dabei. Aber bei Matt war es anders. Ihn liebte ich vom ersten Moment an, und er ahnte noch immer nichts davon. Vermutlich war es besser so, denn ich war mir ohnehin sicher, dass er ausschließlich auf Frauen stand. Matt war ein Jahr vor mir aus Kalifornien nach Afrika gekommen. Wir hatten uns auf Anhieb verstanden, schnell verband uns eine enge Freundschaft. Der Drang nach seiner Nähe und ihn beschützen zu wollen, wurde jeden Tag und jede Stunde stärker.
Und so wich ich auch heute Nacht nicht von seiner Seite, als wir gemeinsam mit unserer Kollegin Julia zwei junge Schimpansen aus ihrem Gefängnis retten wollten. Dorfbewohner hatten uns informiert, dass die beiden Menschenaffen vor zwei Monaten eingefangen und ihre gesamte Familie grausam getötet worden war. Das Fleisch der Jungtiere war unbrauchbar, deswegen wurden sie meist auf Märkten als Haustiere oder Spielzeug verkauft. Die Situation entpuppte sich als gefährlicher, als wir uns vorgestellt hatten, denn der Aufenthalt der Affen befand sich nicht weit vom Quartier der Wilderer.
Aufgeregte Schreie aus der Ferne und ein Schuss rissen mich aus meinen Gedanken …
»Oh Gott, sie kommen! Wir müssen hier weg«, zischte Julia mit panischem Unterton. »Die werden uns umbringen!« Die Stimmen kamen näher, im nächsten Moment fiel ein zweiter Schuss. Die Kugel prallte nur Zentimeter von meinem Ohr am Gitter ab. Julia schrie auf, ich duckte mich fluchend. In diesem Moment knackte Matt endlich das schwere Schloss, die Gittertür sprang auf.
»Jetzt wird’s gleich ungemütlich, Kollegen. Los, Beeilung!« Matt neigte sich in den Käfig und sprach beruhigend auf die Schimpansen ein. Sogar in dieser Situation bewahrte er noch Ruhe. Zum Glück handelte es sich hier um sehr junge Äffchen, mit älteren Tieren hätten wir ein Problem gehabt. Schimpansen konnten für einen Menschen sehr gefährlich werden, wenn sie sich bedroht fühlten, und dann wäre eine Rettungsaktion wie diese hier unmöglich gewesen. Das kleinere Äffchen kam neugierig bis an die Tür des Käfigs, es schien zu spüren, dass Matt ihm nichts Böses wollte. Als er es in seine Arme zog, fiel erneut ein Schuss. Matt krümmte sich unter einem Aufschrei zusammen, der Schimpanse kreischte voller Todes angst.
Ein stummer Schrei entwich meiner Kehle, meine Beine drohten mir einen Moment den Dienst zu versagen. »Matt! Bist du getroffen? Sag doch etwas!« Die Sekunden in denen er schwieg, kamen mir wie eine halbe Ewigkeit vor. Dann schüttelte er endlich den Kopf und deutete mit einem Nicken auf den zweiten Affen.
»Ich bin nur wahnsinnig erschrocken. Nimm den anderen, Josh. Und dann nichts wie weg hier!« Eine Kugel bohrte sich in einen Baumstamm einen halben Meter von mir entfernt. Ich neigte mich in den Käfig und wollte den etwas älteren Affen nehmen. Doch er klammerte sich am anderen Ende der Gitterbox an die Stäbe und stieß ein panisches Brüllen aus.
»Verdammt!« Ich musste in den Käfig
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