Gayheimnisse reloaded (German Edition)
ihn mir!", flehte Florian, aber das Rotauge lachte nur höhnisch. "Nein, du bist jetzt mein Gefangener." Die Stimme klang tief und dunkel, sehr fremdartig und ging Florian durch Mark und Bein.
"Steh auf", befahl der Yokai dann und zog an dem Seil, sodass Florian für einen kurzen Moment kein Gefühl mehr in den Händen hatte. Der Hüne schritt in mächtigen Schritten voran und Florian hatte keine andere Wahl, als ihm zu folgen. Er stolperte, stürzte, richtete sich wieder auf und hechtete dem Rotauge nach, das ihn achtlos hinter sich herzerrte.
Es dauerte nicht lange, da erreichten sie eine Lichtung, auf der sie hielten. Florian entdeckte eine Lagerstelle, die der Hüne mit Feuersteinen entzündete.
"Setz dich", sagte er. Dieses Mal klang seine Stimme freundlicher. Florian tat was der Fremde von ihm verlangte und musterte ihn im rötlichen Licht der Flammen. Erneut fielen ihm die ausgeprägten Bauchmuskeln auf. Sie bewegten sich leicht im Rhythmus seines Atems. Die Haut wirkte samtig. Das Gesicht des Fremden, der starr ins Feuer blickte, war fein geschnitten, weiße Haare glitten wie ein Wasserfall über seine Schultern, offenbarten die langen spitzen Ohren, die ihm eine natürliche Eleganz, aber auch etwas Wölfisches verliehen. Florian konnte nicht aufhören, das seltsame Wesen anzustarren. Es faszinierte ihn mehr und mehr. Jede Bewegung, und sei sie noch so klein, schien von einem übersinnlichen Schimmer durchzogen. Erst als das Rotauge zu ihm hinübersah und lachend an dem Seil zog, blickte er beschämt zu seinen durchgeweichten Turnschuhen, fühlte sich ertappt.
Was ist nur los mit mir? Ich starre den Kerl wie ein Verliebter an, dabei könnte er mich jederzeit umbringen …
"Wie geht es jetzt weiter?", fragte Florian und sein Mund fühlte sich trocken an.
Das Rotauge band das Ende des Stricks um sein Fußgelenk und zückte einen Dolch, der golden im Licht des Feuers aufblitzte. Florian hielt vor Schreck den Atem an. Aber dann griff der Yokai nach einem Stück Holz und schabte die Rinde mit dem Messer ab, um sie sich in den Mund zu schieben.
"Dies ist die Nacht der Yokai. Sie treffen sich, um ihre Feste zu zelebrieren. Eine gefährliche Zeit für Menschen." Florian bereute es zutiefst, sich über die Warnung der Alten hinweggesetzt zu haben. Da fiel ihm Makoto ein, der sich ebenfalls in das Reich der Yokai verirrt hatte und nun ganz allein war.
Ich muss ihn finden, koste es, was es wolle …
Vorher sollte er allerdings diesen Yokai loswerden. Irgendwie. Da erklangen Stimmen in der Ferne, und die spitzen Ohren des Rotauges richteten sich auf, lauschten in die entsprechende Richtung. Es waren Männerstimmen, die sich in einer Sprache unterhielten, die Florian fremd war. Was ihn jedoch wirklich beunruhigte, war die Reaktion des Yokai, der nicht minder nervös zu sein schien als er selbst. Dann erschienen ihre Silhouetten. Sie waren groß, muskulös, ihre Haut blau. Ein untrügliches Zeichen, dass es sich um Oni handelte.
Laut Makoto gehörten die Oni ebenfalls zu den Yokai und waren den Menschen alles andere als wohlgesonnen. Der Yokai begrüßte sie, senkte ehrfürchtig sein Haupt, als wären sie Könige, die ihn mit ihrer Anwesenheit beehrten. Doch die Oni schienen sich weniger für den Yokai als viel mehr für Florian zu interessieren. Tierische Laute drangen aus ihren mächtigen Kehlen, während sie wie Raubtiere um ihn herumschlichen, ihn von allen Seiten musterten, an ihn schnüffelten. Geifer tropfte aus ihren riesigen Mündern. Eine Hand klatschte mit so viel Schwung gegen seinen Schopf, das Florian fast zur Seite kippte. Erst da fing der Yokai an zu knurren und hielt die Oni dadurch im Zaum. Ein paar Worte wurden gewechselt, Drohgebärden ausgetauscht.
"Diese Oger sind mächtige Krieger", erklärte der Yokai schließlich. "Sie haben eine lange Reise hinter sich und wollen zum Fest, doch zuvor werden sie sich an unserem Feuer ausruhen."
Das gefiel Florian ganz und gar nicht. Die Oni sahen nicht gerade wie die friedlichsten Zeitgenossen aus. Mit den mächtigen Keulen an ihren Gürteln konnten sie gewiss Schädel zertrümmern. Und wenn sogar der Yokai Respekt vor ihnen zeigte, war das äußerst beunruhigend.
Argwöhnisch beobachtete er die beiden Gäste, die sich gierig über ihre wulstigen Lippen leckten, als wäre er ein ganz besonderer Leckerbissen, was vermutlich genau das war, was sie in ihm sahen. Ein Appetithäppchen. Florians Nackenhärchen stellten sich auf und ein ungutes Gefühl
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