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GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Arschloch, das sie gewählt hat – Ich stehe auf und schau mich um – Keith liegt mit dem Gesicht nach unten im Graben. Chris hat sich im Stacheldraht verfangen – Ich drehe Keith um. Wische ihm das Gesicht mit der Hand ab – Keith, Keith, sage ich, na komm schon, Junge. Komm hoch, wir gehen nach Hause. Er schüttelt den Kopf, hat die Augen noch immer geschlossen. Na komm schon, sage ich. Wir müssen hier weg – Doch er schüttelt nur wieder den Kopf. Ich versuche, ihn an der Grabenwand aufzusetzen – dann gehe ich zu Chris hinüber und helfe ihm aus dem Stacheldraht. Er sieht nicht gut aus – Gesicht und Hände sind ganz zerschnitten. Platzwunde am Kopf. Sein blutiger Mantel ist verschwunden – Val bringt mich um, sagt er – Macht sie nicht, entgegne ich. Sei nicht blöde. Es dauert fünf Minuten, ihn aus dem Stacheldraht zu befreien. Hilf mir mal mit Keith, sage ich dann. Was machen wir jetzt?, fragt Chris. Wo sollen wir hin? Wir sind fast in Dinnington, sage ich. Gehen wir dort in den Welfare Club. Von da telefonieren wir. Damit Val weiß, wo du bist. Und Keith’ Margaret. Wir versuchen auch, Pete zu erwischen. Und dann brauchen wir jemanden, der uns ins Krankenhaus fährt. Chris nickt. Er geht zu Keith hinüber, der jetzt die Augen aufgeschlagen hat. Zurück in der Welt der Lebenden, hm?, sage ich. Keith schüttelt den Kopf. Ach, so nennst du das hier? Na komm, sage ich. Halt den Mund und steh auf – Er sieht mich nur an und sagt, du weißt, wer der verdammte Streikbrecher ist, oder? Tag 210 . Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich kenne den verdammten Kerl – ich mag ihn. Ich trinke mit ihm – er kann schwierig sein. Launisch. Lustlos. Jammert gern rum – aber er ist doch kein verdammter Scab. Doch nicht der Geoff Brine, den ich kenne – ich kann es einfach nicht fassen. Ich gehe zu ihm. Ich will es mit meinen eigenen Augen sehen, will mit ihm reden. Ihn fragen, was

EINUNDDREISSIGSTE WOCHE
    Montag, 1. Oktober – Sonntag, 7. Oktober 1984
    Der Präsident liebte Blackpool. Die Beleuchtung. Die Straßenbahnen. Den Tower –
    Die Wintergärten. Die Konferenz. Den Jubel. Die volle Unterstützung –
    »… wir erleben hier nicht den Faschismus eines Hitlers oder Mussolinis, auch nicht die Militärdiktatur eines Pinochets oder Francos, sondern die Schöpfung einer Art kontrollierter Demokratie, einer Art Faschismus mit Zylinder, einer Mischung aus Thatchers viktorianischen Werten und modernistischen Techniken. Eines Orwell’schen Big-Sister-ismus, in dem die Arbeiter dort gehalten werden, wo der für sie angestammte Platz ist – unten. Das ist recht deutlich das hässliche Gesicht eines Konservatismus, der die Werte einer verantwortungsvollen Nation mit Füßen tritt …«
    Am allerbesten gefiel dem Präsidenten, wie sehr der Anführer der Labour Party darunter litt. Dieser walisische Windbeutel. Das Gesicht so rot wie seine Haare. Der Mann, der den Präsidenten als das Äquivalent zu einem General aus dem Ersten Weltkrieg bezeichnet hatte. Der Präsident liebte es, ihn leiden zu sehen, während er sprach –
    »… diese Konferenz entbietet dem historischen Kampf der Kumpel ihren Gruß. Diese Konferenz missbilligt die Entschlossenheit der konservativen Regierung, die Nationale Union der Bergleute und die ganze Gewerkschaftsbewegung mit repressiven Gesetzen und einer so noch nie da gewesenen Operation anzugreifen, zu der auch illegale Eingriffe der Polizei und organisierte Gewalt gegen Kumpel sowie ihre Streikfronten und Gemeinden durch eine unrechtmäßige und landesweit agierende Truppe gehören …«
    Die Konferenz applaudierte und jubelte; die Parteibonzen wanden und krümmten sich –
    Der Präsident war in seinem Element.
    Terry Winters bevorzugte Pleasure Beach, den Vergnügungspark von Blackpool. Die Goldmine –
    Die Achterbahnen und Fahrgeschäfte. Den Zirkus und die Hüte –
    Küss mich schnell. Erdrück mich langsam

    Das Überraschungsmoment –
    Der Mann kam während der Debatte über die lokalen Reformen der Labour Party den Gang entlang. Terry schlug die Augen auf, und da stand er. Er beugte sich mit einem Fotografen über sie und hielt Papiere in der Hand. Er drehte sich zu Terry und ließ die Papiere in den Schoß des Präsidenten fallen. Der Präsident sah auf. »Dies«, erklärte der Mann, »ist die gerichtliche Voruntersuchung, aufgrund derer Sie wegen Gerichtsmissachtung ins Gefängnis Pentonville gebracht werden.«
    Der Jude ließ sich nicht beherrschen. Wie immer. Wie

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