Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebrauchsanweisung für den Gardasee

Gebrauchsanweisung für den Gardasee

Titel: Gebrauchsanweisung für den Gardasee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Stephan
Vom Netzwerk:
überproportional riesigen Kuppel gekrönten Doms, eine ganz andere und wohltuend stille Welt auf. Trotz der geringen Entfernung zum See stört kaum ein Tourist den Kleinstadtfrieden von Lonato, nicht einmal dann, wenn er – wie jetzt auch wir – unterwegs zur Trattoria da Oscar ist. Die liegt nämlich nicht innerhalb der Stadtmauern von Lonato, sondern in deren Vorort Barcuzzi, und den wiederum erreicht man, indem man von Lonato aus der Provinzstraße SP 25 drei Kilometer in Richtung Padenghe folgt. Der Bezeichnung »Trattoria« wie dem rustikalen Ambiente zum Trotz handelt es hier um eine erstrangige gastronomische Adresse. Oscar Bertini und Valeria Brunelli servieren auf ihrer wunderschönen Gartenterrasse mit Blick über die sanft abfallenden grünen Moränenhänge zum Seeufer solche Köstlichkeiten wie die Polenta mit kleinen Rouladen aus geräucherten Seefischen mit einem köstlichen Zitronenaroma, ein risotto mit Robiolakäse und Zucchiniblüten, oder mit Kartoffeln und jungen Zwiebeln delikat geschmortes Kaninchenfleisch. Ganz zu schweigen von den stets frischen Seefischen, die allein jederzeit den kleinen Abstecher hierherauf lohnen.
    Auf dem Rückweg zum See kann man Desenzano rechts liegen lassen, indem man einfach weiter Richtung Padenghe fährt, um dann von hier auf die westliche Uferstraße zu wechseln. Noch ist das Land überm Seeufer hier flach, daher dicht und, vor allem links und rechts der Gardesana, nicht sehr attraktiv besiedelt. Zumal deutsche Urlauber, deren Domänen ja eher im Norden und Westen des Sees liegen, rauschen durch die Valtenesi (so der geographische Sammelname der Landschaft zwischen Desenzano und Salò) gern um so schneller durch, je weiter sich die Straße vom Ufer entfernt – und übersehen dabei nicht nur die Badegelegenheiten, von denen schon im fünften Kapitel die Rede war, sondern auch eine Reihe von Orten wie Padenghe selbst oder das kleine, hoch über dem See gelegene Soiano del Lago, die es zwar nicht zur Baedekerberühmtheit gebracht haben, aber über oft sehr hübsche Bauwerke, Plätze und Straßen verfügen.
    Das gilt auch für das ein Stück vom Ufer entfernt liegende Moniga del Garda. Wer sich auf eine kleine Erkundungstour durch und um dessen im Hochmittelalter gebautes Kastell eingelassen hat, darf sich anschließend guten Gewissens auf den beschilderten Weg hinunter zum Hafen von Moniga und dem dort in einer Zollstation aus dem frühen 17. Jahrhundert malerisch untergebrachten Ristorante Al Porto machen. Hier zelebriert die Autodidaktin Wanda Perotti ihre so ungewöhnlich puristische wie exzellente Fischküche: Gleich ob die Seesardine auf der Tageskarte steht, der Hecht oder der carpione – vom ordinären Grill will Wanda in der Regel so wenig wissen wie von stark aromatisierten Saucen. Am liebsten dünstet sie die Fische, kombiniert sie mit leichten Weinsaucen und originell ausgesuchten Beilagen wie einer Terrine aus Kartoffeln und Waldpilzen oder jungen Wirsingblättern mit Nüssen und Pinienkernen. Daß puristisch nicht spartanisch heißen muß, beweisen spätestens das überbackene Aprikosenpüree und andere hinreißende Desserts.
    Die nächste größere Ortschaft der Valtenesi, Manerba del Garda, besteht aus einer Reihe verstreuter Dörfer, die von einer auffallenden Felskuppe, der Rocca di Manerba, überragt werden. Eine von ihnen, Montinelle, hat nicht nur ein archäologisches Museum zu bieten, sondern auch das sehr hübsch eingerichtete, allerdings nicht ganz billige Fischrestaurant Capriccio. Machen Sie den Verdauungsspaziergang unbedingt auf die rocca, schon der einmaligen Aussicht in alle Himmelsrichtungen wegen! Den anschließenden Café oder den Sundowner nimmt man am besten im charmanten Minihafen Porto Dusano ein.
    Bald hinter Manerba wendet sich die Gardesana scheinbar landeinwärts jäh nach links, um die größte der Gardaseebuchten, die von Salò, zu umrunden. Und spätestens jetzt wäre es an der Zeit, von Mussolini zu reden und von den »hundert Tagen« – in Wahrheit waren es einige mehr – der absurden Republik von Salò, in der der gestürzte, aber nach seiner Festnahme von den deutschen Nazis befreite und von da an vollkommen unter deutscher Fuchtel stehende Diktator bis zuletzt den Anschein eines faschistischen Reststaats auf italienischem Boden aufrechtzuerhalten gezwungen war. Bis zuletzt, das hieß: bis die Alliierten Ende April 1945 das gegenüberliegende Ostufer des Gardasees erreichten, von da aus Salò beschossen und so

Weitere Kostenlose Bücher