Gedichte (Ausgabe 1898)
Zuge vorn,
Er gab seinem Rosse Schlag und Sporn
Und suchte die Zügel zu fassen;
So kam er bis an das »hohe Haus«,
Da ward er eingelassen.
Das war zu Vierraden. Auf Schlosses Brück'
Einmal noch sah er zurück, zurück,
Im Herzen voll Weh und Leide:
»Kettr-Angermünde, du vielgute Stadt,
Daß so ich von dir scheide!«
Der aber, der dies Lied euch sang,
Ein Schmiedeknecht ist er schon lang',
Und sie nennen ihn Köne Finken;
Und er führt ein Hämmerchen auf der Hand,
Und Gut-Bierchen mag er trinken.
Der Tod des letzten Grafen von Ruppin
1524
(Nach dem Alt-Märkischen)
Der edle Herr Wichmann zog jagen aus,
Eine »falsche Frau« ließ er zu Haus
Mit ihren vergüldeten Ringen.
»Ach Karsten, mir ist im Herzen so weh,
Laß uns heimziehn, daß ich die Mutter seh',
Ich mag nicht länger reiten.«
Sie machten ihm eine Stube heiß,
Darinnen ein Bett, so weich und weiß,
Drin sollte der Herre ruhen.
Sie schenkten ihm Met und italischen Wein,
Das nahm dem Herrn das Leben sein,
Dem edlen Herrn Wichmanne.
»Großmutter und liebe Schwester mein;
Steckt in meinen Mund ein Tüchelein
Und kühlet meine Zunge.
Daß ich nun von euch scheiden soll, –
Ach, der bittre Tod, der will es wohl!
Und möchte so gern noch leben.«
Einen schwarzen Wagen, drin legten sie ihn,
Sie führten zu Nacht ihn nach Neuen-Ruppin,
Sie begruben ihn in das Kloster.
Sie schossen ihm nach sein' Helm und Schild,
Sie hingen auf sein Wappenbild
Am Pfeiler im hohen Chore.
Die alte Gräfin murmelte still:
»Nun muß ich wollen, was ich nicht will,
Und leben – ich, die
Letzte
.«
Wangeline von Burgsdorf oder
Die weiße Frau
(Fragment)
Das ist die Sage: Und will Gefahr
Die Hohenzollern umgarnen,
Da wird lebendig ein alter Fluch,
Die
weiße Frau
im Schleiertuch
Zeigt sich, um zu warnen.
Sie kommt dreimal, geht um dreimal,
Zögernder immer und trüber,
Die Wache ruft ihr Halt-Werda nicht mehr,
Sie weiß,
den
Gast schreckt kein Gewehr –
Der Schatten schreitet vorüber.
Die Lichter verglühn, im Schloß wird's still,
Nur Eine, die sich noch schmücken will,
Sie tritt an den Spiegel und löst ihr Haar,
Wangeline die schöne, wie schön sie war.
Sie schmückt sich; für wen? Für ihren Galan:
Kurt Jagow hat es ihr angetan;
Sie sahen sich viel, sie küßten sich oft,
Wird heut er kommen? Sie harrt, sie hofft.
Sie hofft und wirft mit schimmernder Hand
Ihr schwarzes Haar übers weiße Gewand,
Sie flüstert: »Ich lieb' ihn mit Seel' und Leib –
Was soll mich kümmern sein gramblaß Weib.
Und ob ihr bräche das Herz in der Brust,
Je blasser die Tote, je röter die Lust,
Feigherzig Gewissen, fahr hin, fahr hin,
Es brennt mein Blut, und es schwindelt mein Sinn.«
Sie spricht es. Da sieh, hellblendender Schein
Fällt von der Tür in den Spiegel hinein;
Sie wendet sich um, auf schreit sie jäh –
Ein trat Kurfürstin
Dorothee
.
Die
zittert selbst. In bebender Hand
Mit bebt die Kerze, halb niedergebrannt ...
Der alte Derffling
Es haben alle Stände
So ihren Degenwert,
Und selbst in Schneiderhände
Kam einst das Heldenschwert;
Drum jeder, der da zünftig
Mit Nadel und mit Scher',
Der mache jetzt und künftig
Vor Derffling sein Honneur.
In seinen jungen Tagen
War das ein Schneiderblut,
Doch mocht' ihm nicht behagen
So Zwirn wie Fingerhut;
Und wenn er als Geselle
So saß und fädelt' ein,
Schien ihm die Schneiderhölle
Die Hölle selbst zu sein.
Einst, als das Nadelhalten
Ihm schier ans Leben ging,
Dacht' er: ›Das Schädelspalten
Ist doch ein ander Ding‹;
Fort warf er Maß und Elle
Voll Kriegslust an die Wand
Und nahm an Nadels Stelle
Den Säbel in die Hand.
Sonst focht er still und friedlich
Nach Handwerksburschen-Recht,
Jetzt war er unermüdlich
Beim Fechten im Gefecht;
Es war der flinke Schneider
Zum Stechen wohl geschickt,
Oft hat er an die Kleider
Dem Feinde was geflickt.
Er stieg zu hohen Ehren,
Feldmarschall ward er gar,
Es mocht' ihn wenig kehren,
Daß einst er Schneider war;
Nur, fand er einen Spötter,
Verstund er keinen Spaß
Und brummte: »Für Hundsfötter
Ist hier mein Ellenmaß.«
Krank lag in seinem Schlosse
Der greise Feldmarschall,
Keins seiner Lieblingsrosse
Kam wiehernd aus dem Stall;
Er sprach: »Als alter Schneider
Weiß ich seit langer Zeit,
Man wechselt seine Kleider –
Auch hab' ich des
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