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Gefaehrlich begabt

Gefaehrlich begabt

Titel: Gefaehrlich begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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sich neben sie auf den Boden, während sich Sally mit der geisteskranken Mutter beschäftigte. Vanessa lächelte ihr freundlich zu, sie sah ehrlich dankbar aus. Anna versuchte, zurückzulächeln, aber ihre trockenen Lippen verspannten sich bloß zu einem Strich.
    »Warte«, rief sie Sebastian viel zu spät hinterher und folgte ihm. Nach etwa hundert Metern entdeckte sie ihn hinter einer dicken, alten Kiefer. Robert Pearson lag bewusstlos auf dem Waldboden, aber er atmete.
    »Was hast du vor?«, fragte sie mit bebender Stimme. Die Antwort kannte sie schon.
    »Anna, ich muss das tun«, antwortete Sebastian. Ein schwarzer Blitz durchzog die grauen Augen.
    »Nein«, sagte Anna. »Kommt nicht in die Tüte. Bisher ist dir das nicht sonderlich gut bekommen.«
    »Pearson ist eine Gefahr. Die Chance werden wir nie wieder bekommen. Es ist unumgänglich.«
    »Ich tue es.« Ihre Worte überraschten sie, aber er hatte recht. Es war unumgänglich.
    »Anna, geh zurück zu den anderen«, bat Sebastian leise.
    Energisch schüttelte sie den Kopf. Sie nahm sein schönes Gesicht zwischen die Hände. »Ich werde es tun.« Sie küsste seine Lippen. Die sonst so weiche Haut kratzte spröde auf ihrer. Ihm hatten die vergangenen Stunden auch zugesetzt.
    Schnell wandte sich Anna von ihm ab und suchte nach einer Möglichkeit, Roberts Leben zu beenden. Ihr schwirrte der Kopf bei dem Gedanken.
    »Hol die Armbrust«, sagte Sebastian.
    Sie zögerte, lief aber zurück, um die Waffe zu besorgen. Es gab keine andere Wahl, sie musste die Hürde nehmen, sie durfte Sebastian nicht damit allein lassen. Sie schnappte sich die Armbrust und warf sie sich über den Rücken.
    Plötzlich stand Sebastian vor ihr. Sie hätte es wissen müssen. Er setzte ein mageres Lächeln auf und ihr Herz zog sich zusammen.
    »Geht es dir gut?«, fragte sie leise.
    Er schüttelte zaghaft den Kopf. »Nein, aber das ist nicht wichtig.« Er klang beherrscht, stark, entschlossen. Keine Spur von Schwarz in seinen Augen, dafür ein trauriger Glanz.
    Wie aus dem Nichts kam ihr eine Idee. »Marla?«
    Marla näherte sich prompt. Niemand anderes schien mitbekommen zu haben, was Sebastian gerade getan hatte.
    »Kannst du den Zauber von Sebastian nehmen? Den, der die Empathengabe belegt?«
    »Ja, bestimmt. Aber dafür brauche ich einige Dinge. Wir werden das als Erstes zu Hause in Angriff nehmen«, antwortete sie. Sorgen überschatteten ihr Gesicht.
    »Anna?« Ihr Vater trat neben sie. Sie hatte ihn bisher ignoriert, wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte. Sebastian stand zwischen ihnen. Nicht wörtlich, aber metaphorisch.
    »Paps!« Schnell holte sie die Begrüßung nach und drückte ihn an sich.
    Sein abfälliger Blick glitt zu Sebastian, bevor er sie ansah. »Geht es dir gut?«, fragte er vorsichtig.
    Anna nickte.
    »Wir sollten aufbrechen.« Sebastian hatte sich wieder gefangen und das eisblaue Leben, schöner als die Arktis, war zurückgekehrt.
    »Wie lautet der Plan?«, fragte Jenny.
    »Wir werden uns trennen«, sagte Marla fest.
    Ungläubig rissen die anderen die Augen auf und sahen sie an.
    »Ihr werdet zusammenbleiben. Ich gehe mit Anna und Sebastian. Wir haben noch eine Aufgabe zu erledigen.«
    »Meine Tochter geht mit mir«, schimpfte ihr Vater los.
    Anna schüttelte den Kopf. Marla hatte recht. Sie konnten den Krieg nicht gewinnen, wenn sie auf einen Haufen normaler Menschen aufpassen mussten.
    »Du bist siebzehn Jahre alt und du tust, was ich dir sage«, rief ihr Vater hysterisch. Anna hatte ihn schon oft wütend erlebt, aber noch nie annähernd so unbeherrscht wie jetzt.
    »Ralph.« Ihre Mutter tauchte neben ihm auf und berührte ihn behutsam an der Schulter.
    »Du willst sie mit diesem bösartigen Mann ziehen lassen?«, herrschte er sie an.
    Eine Antwort gab es nicht mehr, denn ein dichter Nebel umhüllte sie plötzlich. Annas Herz begann wie wild zu klopfen, und eine Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper aus. Sie konnte nichts mehr sehen und hören. Was ging hier vor? Ein Angriff? Sie beugte sich hinunter. Irgendwo lag die Armbrust. Blind tastete sie nach der Waffe, aber ihre zittrigen Finger bekamen sie nicht zu fassen. »Sebastian?«, fragte sie. Vielleicht hörte er sie.
    Seine Hand fand ihre und sie richtete sich auf. »Was ist das? Wir müssen weg.«
    »Keine Angst«, flüsterte er.
    »Bist du das?«
    Er drückte ihre Hand zur Bestätigung. Was tat er da und weshalb? Sie mussten verschwinden, bevor die Engländer sie aufspürten und nicht herumstehen.
    Es

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