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Gefaehrlich begabt

Gefaehrlich begabt

Titel: Gefaehrlich begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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ein Opfer. Seine Macht, die mit jedem Herzschlag durch seine Venen pulsierte, untermauerte die Tatsache. Sie behauptete sich gegen die anderen Empfindungen und bewies, dass er sich geirrt hatte.
    Das Blut vieler Unschuldiger klebte an den Händen seiner Familie, klebte an seinen Händen. Heute Nacht würde es ein bisschen mehr werden, aber er nahm den Umstand nur zu gern in Kauf. Ein Hochgefühl leitete ihn.
    Das Hausboot lag einsam im Hafen und Sebastian rief sich innerlich zur Ruhe. Es glich einem Spiel, sie in dem Glauben zu lassen, er käme in Freundschaft. Er atmete durch und sprang an Deck. Seine Augen brannten und er wusste, dass sich die Farbe seiner Iris verändert hatte.
    »Kapitän?« Seine Stimme klang fest und verriet mit keiner Silbe, dass ein wahrer Kampf in ihm tobte. Die Gefahr schlug Wellen durch sein Innerstes. »Kapitän? Ich bin es, Sebastian!«
    Verschlafen erschien der alte Mann in der Tür. »Mein Freund, um diese Zeit?«
    »Ich habe gerade gegen einen Dämon gekämpft!«
    Der Kapitän gab die Tür frei. »Gegen einen Dämon? Konntest du ihn besiegen?« Es schien ihn nicht zu erstaunen, seine betagten Augen hatten wohl schon viel im Leben gesehen.
    Sebastian sprang die Stufen hinab, der Kapitän schloss mit fragendem Blick die Tür. »Ich könnte einen Cognac vertragen.« Er kannte die Regeln seines Spiels, wusste, wie er die Menschen dazu brachte, das zu tun, was er wollte. Obwohl er seit langer Zeit nicht mehr spielte, folgte er dem üblichen Ablauf.
    Der Kapitän griff zur Flasche. Die Möglichkeit, sich einen Schluck zu genehmigen, ließ er selten aus. Sebastian leerte sein Glas in einem Zug, der Alte tat es ihm gleich.
    »Was hat ein Dämon hier verloren?«
    »Anna hat mit einem Ouija-Brett gespielt.«
    »Ist ihr etwas geschehen?«
    Sebastian schüttelte den Kopf und seufzte auf. Sein Herz wog plötzlich ein paar Kilo leichter, denn ein dicker Stein verabschiedete sich. Wieso das? Weshalb fühlte er plötzlich wieder? Er musste schnell handeln, bevor die Empathengabe seine Sinne erneut benebelte. »Ich wollte dich etwas fragen, schon länger.«
    »Dann frag, mein Freund. Es gibt nichts, worüber wir beide nicht sprechen können.«
    Der Kapitän schenkte einen neuen Drink in sein Glas. Sebastians Eingeweide zogen sich zusammen, als er ihm ein Lächeln zuwarf. Die gelben Zähne blitzten auf. Übelkeit stieg auf. »Wen wirst du als deinen Erben einsetzen?« Seine Stimme bebte.
    Der Kapitän verzog sein runzliges Gesicht. Lachfältchen schummelten sich zu den tiefen Furchen. »Und deshalb machst du dir ins Hemd? Bist so nervös?« Er lachte und sein Atem rasselte. Sebastian senkte den Kopf und versuchte, den Kapitän nicht länger anzusehen.
    »Hast du Angst, ich könnte wen anderes bedenken? Mein lieber Freund, ich habe doch nur dich.«
    Ein kalter Schauder arbeitete sich über Sebastians Rücken empor und zog seine Kopfhaut unangenehm zusammen. Der Kapitän empfand Freundschaft, die Empathengabe spiegelte es wider.
    »Ich habe es schon lange vorbereitet«, fuhr der alte Mann fort. »Ich wollte den richtigen Augenblick abpassen.« Mühselig richtete er sich von seinem Stuhl auf, seine Kniegelenke knackten. Er kramte in der Küchenschublade.
    Sebastians Magierausch drohte, weiter abzuebben. Die Kraft kribbelte schon leichter durch seine Venen.
    »Da haben wir es ja. Es scheint ein guter Moment zu sein, wenn du gerade einen Dämon besiegt hast.«
    Der Kapitän hielt ihm ein großes Blatt unter die Nase.
    In verschnörkelter und altertümlicher Handschrift stand die Gabe mittig geschrieben: Metamorphose-Gabe. Der blutige Fingerabdruck prangte dicht daneben.
    Die letzte Glut des Feuers erlosch und ein dicker Kloß im Hals schnürte ihm die Luft zum Atmen ab. Es drängte ihn nicht mehr, zu töten. Die kleinen Wellen, die durch seine Adern pulsierten, fühlten sich plötzlich widerlich kalt an. Er konnte dem alten Mann nichts tun, er war ein Freund.
    »Na, nun nimm es schon. Besiegle das Testament.« Der Kapitän wedelte mit einem Klappmesser.
    »Ich will es nicht.« Der Satz ging ihm leicht von den Lippen, es kostete keine Überwindung.
    Das erwartungsvolle Gesicht des Mannes verzog sich zu einer enttäuschten Miene. »Aber dann wird der Beirat es bekommen!« Sebastian schüttelte den Kopf. »Ich kann es trotzdem nicht nehmen.« Er wandte sich ab, er musste hier raus. Wie hatte er sich so von seinen Impulsen leiten lassen können? Das durfte nie wieder geschehen.
    Sebastian erklomm die erste

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