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Gefaehrlich begabt

Gefaehrlich begabt

Titel: Gefaehrlich begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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über das Gesicht und rieb sich die Augen. Sie hatte Jenny versprochen, sich unauffällig zu verhalten, deshalb widerstand sie dem Drang, den Raum zu verlassen.
    »Nun kommen wir zu Ihren Stärken. Ich möchte, dass Sie alle auf einen Zettel schreiben, was Sie besonders gut können. Auf der Rückseite vermerken Sie Dinge, die Ihnen nicht liegen. Scheuen Sie sich nicht, auch die unwichtigsten Sachen niederzuschreiben. Alles kann hilfreich sein.«
    Der quakende Akzent des Engländers ließ sie würgen. Wozu sollte das gut sein? Möglicherweise half es dabei, die eigenen Ziele zu verfolgen. Schadete nicht, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass sie keine gänzliche Niete darstellte. Doch sie tat sich schwer darin, sich einzuschätzen. Das zählte wohl zu den Aspekten, die sie nicht beherrschte.
    »Brauchen Sie Hilfe, Miss Graf?« Der alte Eltringham stand vor ihrem Tisch und besabberte mit seiner feuchten Aussprache das Papier.
    »Mir ist nicht mehr zu helfen«, antwortete sie und grinste.
    »Ich habe Sie im Kampf mit Frau Del Rossi gesehen. Ich kann nur anmerken, dass Sie Mut in jedem Fall auf die Liste setzen sollten. Sie sind mutig. Und Sie sind schnell.«
    »Da ging es auch darum, ihn zu beschützen.« Sie fing seinen Blick auf.
    »Diesmal geht es darum, ihn zu töten.« Das falsche Lächeln verzog sich höhnisch.
    Sollte ich tatsächlich noch mal einen Mord begehen, bist du der Erste, der meinen Mut und meine Schnelligkeit zu spüren bekommt. Rasch schrieb sie die beiden Dinge auf ihre Liste.
    Eine halbe Stunde später füllten jeweils acht Dinge die Seiten. Ungeduld gehörte zu den negativen Eigenschaften, ebenso ihre oft fehlende Konzentration. Dafür hielt sie sich für klug und organisiert. Zufrieden gab sie ihr Blatt ab.
    »Das ist sehr wenig«, sagte Robert Pearson kritisch und zu ihrer Überraschung.
    Sie warf einen Blick in die Runde und stellte fest, dass alle fast das ganze Blatt beschrieben hatten.
    Anna zuckte die Schultern. »Na ja, wenn Sie möchten, können Sie noch hinzufügen, dass ich ganz gut darin bin, mich erpressen zu lassen. Und ich habe anscheinend ein Talent dafür, in tödliche Situationen zu geraten.«
    Roberts Gesicht verformte sich zu einer Fratze.
    »Kann ich gehen?«, fragte sie.
    »Ja, wer fertig ist, kann gehen. Da wir morgen früh Ihre Mentoren vom Flughafen abholen, treffen wir uns erst nachmittags hier. Einen schönen Abend, Anna.« Er bleckte die Zähne, sollte wohl ein Lächeln darstellen.
    Anna begab sich auf ihr Zimmer. Sie nahm sich vor, vor dem Umsetzen des Plans noch eine Weile zu schlafen. Ein bisschen Ruhe würde bestimmt guttun. Himmel, neue Kraft zu schöpfen konnte ganz gewiss nicht schaden, egal, wohin der Weg noch führte.

31. Kapitel
    Alte Jäger und junge Ratschläge
    M it so viel Glück hatte er nicht gerechnet. Normalerweise gehörte Sebastian zur Kategorie der Pechvögel. Der Himmel zeigte aber Erbarmen und er hatte noch ein Flugticket erwischt.
    Dunkelheit brach herein, aber er hoffte, noch jemanden im Seniorenheim anzutreffen. Der Karte nach zu urteilen, musste er es gleich erreichen.
    Wenige Schritte später erspähte er das Haus. Oder sollte er Villa sagen? Eine sattgrüne Rasenfläche umgab einen gewaltigen Gebäudekomplex. Das Wort Seniorenpark traf es haargenau, zudem erschien es einleuchtend, weshalb die Pflegeeinrichtung so weit außerhalb lag. Ein heller Kiesweg führte zwischen der unterteilten, gigantischen Wiese auf einen imposanten Eingang zu. Weiße Säulen zierten die massive Flügeltür, ein Steinensemble prangte darüber.
    Nursing Park Rutherford
    Dass hier höchstwahrscheinlich nur gut betuchte alte Menschen lebten, erklärte sich von allein. Das Klima in Schottland schimpfte sich ein typisches Seeklima. Das bedeutete, dass die Winter zwar mild, aber die Sommer auch nicht außergewöhnlich warm waren. Selten kletterten die Temperaturen über die Zwanzig-Grad-Markierung auf dem Thermometer.
    Die Glückssträhne hielt an. Es regnete nicht und der Septemberabend maß noch erträgliche dreizehn Grad. Sebastian verschmolz mit der Dunkelheit. Er hatte kein Interesse daran, entdeckt zu werden. Die Schatten zwischen den einzelnen Laternen und die dunkel gewählte Kleidung halfen ihm, sich quasi unsichtbar über den Rasen zu bewegen.
    »Was tun Sie da, Sir?«
    Ein kräftiger Mann in Uniform leuchtete ihm mit einer Taschenlampe in die Augen. Geblendet kniff er sie zusammen und hielt eine Hand zum Schutz vor das Gesicht.
    »Ich möchte jemanden

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