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Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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hinter dir her?«
    »Ja«, flüsterte Luke.
    »Wer?«
    Benommen kam Luke auf die Beine, auch wenn er nicht sicher war, ob sie ihn tragen würden. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Auf welcher Seite diese Menschen wohl standen? Waren sie wie die Dorfbewohner von Chiutza – begierig darauf, die Bevölkerungspolizei anzugreifen? Oder waren es Sympathisanten der Bevölkerungspolizei – gewillt, ihm zu helfen, wenn er ihnen sagte, dass er für die Bevölkerungspolizei arbeitete, und ebenso gewillt, ihn auszuliefern, wenn er es nicht tat?
    »Ist das eine Uniform der Bevölkerungspolizei, die du da anhast?«, erkundigte sich jemand.
    Luke nahm die Hand nicht von den Augen. Durch die Finger versuchte er, in die Gesichter um sich herum zu sehen und ihre Mienen einzuschätzen. Waren sie ängstlich? Böse? Mitleidig? Er konnte es nicht sagen. War es gut oder schlecht, dass er das Uniformhemd immer noch verkehrt herum trug? Welche Seite des Hemdes würden diese Leute lieber sehen? Seit er vor über einem Jahr von zu Hause weggegangen war, hatte Luke in einem fort lügen und sich verstellen müssen. Was sollte er jetzt tun, wo er nicht wusste, welche Lüge ihn retten, welche Verstellung ihn am Leben erhalten würde?
    Vielleicht musste er einfach die Wahrheit sagen.
    »Ich – ich bin auf der Flucht vor der Bevölkerungspolizei«, sagte er. »Ich bin desertiert. Sie wollten, dass ich jemanden erschieße und ich … ich habe mich geweigert.«
    Er hatte den Oberkörper vorgebeugt, den Kopf ängstlich eingezogen. Ihm graute vor dem Moment, in dem er aufsehen und in den Gesichtern lesen musste, wie die Leute um ihn herum auf seine Worte reagierten. Aber lange Zeit sagte niemand etwas. Luke hörte einen Wagen näher kommen und halten. Er hörte, wie eine bekannte, knurrende Stimme rief: »Bevölkerungspolizei! Hier finden Hausdurchsuchungen statt! Zeigen Sie Ihre Ausweispapiere vor und liefern Sie sämtliche nicht autorisierten Personen aus!«
    Luke spürte, wie er zu zittern begann, seine Muskeln sich in Pudding verwandelten und sein Entsetzen zu lähmender Gewissheit wurde.
    Dann erhob sich eine andere, ebenso laute Stimme aus dem Kreis der Menschen um ihn herum. Sie sagte nur ein einziges Wort:
    »Nein.«

 
14. Kapitel
     
    Der Mann mit dem Backenbart schob seinen Arm unter Lukes rechten Ellenbogen; eine Frau tat das Gleiche auf seiner linken Seite. Gemeinsam hielten sie ihn aufrecht. Auch die anderen um sie herum hakten sich unter. Aus ihrem Kreis wurde eine gerade Linie, standhaft und fest. Standhaft und fest und direkt vor der Nase eines Officers der Bevölkerungspolizei in einem schmucken Wagen.
    »Verschwinden Sie«, sagte der Mann mit dem Backenbart. »Sie sind hier nicht willkommen.«
    »Aber – ich bin bewaffnet!«, wetterte der Officer.
    »Ja«, sagte der Mann ruhig. »Sie sind bewaffnet. Aber Sie sind nur zu zweit und wir sind viele. Sie können uns nicht alle umbringen. Nicht, wenn wir zusammenhalten. Sie haben uns nicht mehr unter Kontrolle.«
    Luke konnte die Kraft dieser Worte fast körperlich spüren – sie war ebenso präsent wie der Mann und die Frau, die neben ihm standen und ihn aufrecht hielten. Auch der Bevölkerungspolizist schien das zu spüren. Er rutschte ein wenig tiefer in seinem Sitz und schien nicht mehr geneigt, sich länger lauthals darüber auszulassen, dass die Bevölkerungspolizei immer noch das Kommando habe.
    »Übergebt mir wenigstens den Jungen, dann lasse ich euch in Ruhe«, bot er schließlich an. »Der Junge gehört nicht zu euch. Ich wette, er bedeutet euch nichts.«
    Luke wusste, dass der Bevölkerungspolizist ihn meinte. Er war der Einzige mit Zweigen in den Haaren; der Einzige, der keuchte und ein auf links gedrehtes Uniformhemd der Bevölkerungspolizei trug. Was wusste der Mann? Wusste er, dass Luke in dem verlassenen Dorf gewesen war? Und in Chiutza? Die Angst ließ ihn in die Knie sinken und die Welt schien sich wieder um ihn zu drehen.
    Doch der Mann und die Frau neben ihm hielten ihn mit festem Griff.
    »Jetzt gehört er zu uns«, sagte die Frau.
    Der Officer starrte von einem zum anderen. Sein Blick schien die ganze Reihe abzutasten, die sich gegen ihn verbündet hatte. Dann beugte er sich vor und klopfte dem Fahrer auf die Schulter.
    »Wir fahren«, sagte er.
    Verblüfft wandte der Chauffeur den Kopf.
    »Sie lassen denen das durchgehen?«, fragte er. »Wollen Sie nicht wenigstens den Jungen erschießen?«
    »Ich habe gesagt, wir fahren!«, brüllte der

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