Gefährliche Gefühle - zu schön zum Sterben
ungerecht sein. Das mochte ich schon nicht bei anderen. Und es war zwar so, dass Enzo mich vor lauter Violetta-hier-Violetta-da nicht mal mehr gefragt hatte, wie es mir ging. Und ob ich die Angelegenheit mit meinem Bruder erledigt hätte. Und so was. Ich fand es ja toll, dass er so ein lieber Mensch war und ein offenes Ohr hatte für ⦠nein, aber doch nicht für seine Ex!! Auf der anderen Seite wollte ich ihm ja auch vertrauen. Aber es war so verdammt schwer! Wir waren gerade mal zehn Tage zusammen. Und das war nicht gerade ein Honeymoon gewesen. Justusâ Verrat, Enzos Entlassung, meine Eltern, Violetta, die Tasche, Philipp, die Russen. Da war es nicht leicht, einen kühlen Kopf zu bewahren. Aber trotzdem: Es war wirklich nicht nett gewesen, einfach aufzulegen. Ich würde also anrufen und mich bei ihm entschuldigen. Und genau in dem Moment klingelte mein Telefon wieder.
»Das nenne ich Gedankenübertragung!«, sagte ich erleichtert. »Ich wollte dich auch gerade anrufen.«
»Hallo?«, fragte eine Frau. »Spreche ich mit Natascha Sander?«
»Ãh ⦠Ja?«
»Gut.« Sie seufzte erleichtert. »Hier ist Martina Terbrüggen, die Mutter von Rebecca. Aus dem Krankenhaus.«
Verdutzt schaute ich auf das Telefon, als ob auf dem Display der Grund für ihren Anruf stehen würde.
»Entschuldigen Sie die Störung«, sagte sie und klang dabei geradezu unterwürfig. »Das Büro von Dr. Kern hat mir freundlicherweise Ihre Nummer gegeben.«
»Aha«, sagte ich nur und fragte mich, worauf das hinauslief.
»Rebecca hat nach Ihnen gefragt und â¦Â« Sie räusperte sich.
»Nach mir?«, fragte ich erstaunt.
»Ja. Und ich wollte Sie bitten, sie noch einmal besuchen zu kommen.«
»Das würde ich ja gerne«, log ich. »Aber ich habe im Moment überhaupt keine Zeit.« Ich hatte wirklich keine Kapazitäten mehr frei, um mich von ihrer Tochter schikanieren und erpressen zu lassen. Die Mutter seufzte. Ihre Stimme klang brüchig. »Ja, das verstehe ich. Aber wissen Sie, es ist das erste Mal seit ⦠seit das passiert ist, dass sie nach jemandem gefragt hat. Sie will sonst niemanden sehen. Auch mich nicht.« Sie fing an zu weinen. »Ich würde es Ihnen auch bezahlen.«
»Darum geht es nicht«, sagte ich. Ich seufzte. »Also gut. Ich komme.«
»Danke«, schluchzte sie und es kam so tief aus ihrem Herzen, dass ich eine Ahnung davon bekam, wie verzweifelt sie war.
»Wir fahren noch mal zum Krankenhaus«, sagte ich zu Hedi. Ich versuchte, Enzo anzurufen, aber er ging nicht dran. Als der Piepston für die Mailbox ertönte, hatte ich plötzlich Angst, dass ich irgendeinen Unsinn labern würde, und legte auf. Ich würde es später noch einmal probieren.
23
A ls ich im Zimmer 2.3 des Krankenhauses ankam, war von Wiedersehensfreude bei Rebecca keine Spur. Feindselig starrte sie den Arzt an, der mit zwei anderen WeiÃkitteln an ihrem Bett stand. Martina Terbrüggen drückte sich an der rechten Zimmerseite herum. Als sie mich sah, leuchtete ihr schmales Gesicht auf und es war mir fast peinlich, wie froh sie über mein Kommen war. Vielleicht hätte sie sich nicht so gefreut, wenn ich ihr erzählt hätte, wie das letzte Treffen zwischen Rebecca und mir verlaufen war.
»Soll ich drauÃen warten?«, fragte ich angesichts der Visite.
Martina Terbrüggen schüttelte den Kopf und auch der Arzt sagte: »Nicht nötig. Sind gleich weg. Also, Rebecca, die Wunde verheilt wirklich gut. Die Schmerzen haben wir jetzt auch im Griff. Aber du musst dich mehr bewegen und Krankengymnastik machen. Wir haben hier ausgezeichnete Physiotherapeuten. Nur lass sie ihre Arbeit tun. Du willst doch bald hier wieder raus.«
Rebecca drehte den Kopf zur Seite und schaute aus dem Fenster. Der Arzt seufzte. Die Mutter sagte: »Wir machen das, Dr. Klinger. Nicht wahr, Becky?« Ihr Ton war flehend.
Rebecca antwortete nicht.
Dr. Klinger wandte sich an die Mutter. »Kommen Sie noch mal kurz mit nach drauÃen, bitte?«
Martina Terbrüggen nickte, aber Rebecca sagte mit schneidender Stimme: »Ihr könnt ruhig hier über mich ablästern.«
»Niemand lästert über dich«, sagte Frau Terbrüggen müde.
»Ich denke, wir kommen nicht drum herum, einen Psychologen hinzuzuziehen«, sagte Dr. Klinger zu Rebeccas Mutter. Martina Terbrüggen nickte ergeben.
»Oh
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