Gefährliche Intrigen
anderen Gäste zu befragen. Ja, das war ein guter Plan! Sobald er wieder nüchtern war, wollte er genau damit anfangen. Er gähnte, und auch seine Glieder waren ihm mit einem Mal zu schwer. Schlaff sank sein Kopf auf die Tischplatte; sein lautes Schnarchen ließ die Gäste am Nebentisch verwunderte Blicke zu ihm hinüberwerfen.
Kapitel 20
Stainton Hall
An Emmas zweitem Abend in Stainton Hall saßen alle beim Abendessen zusammen. Aiden hatte, nachdem ihn seine Frau über Emmas unglückliche Lage informiert hatte, direkt nach seinem Sekretär, Mister Holland, geschickt, der ein sehr fähiger und diskreter Mann war. Bisher hatte er schon für jedes Problem eine Lösung gefunden.
»… und darum …«, erklärte er den anderen gerade, »… werden wir uns noch heute Abend mit Mister Holland beraten, um für die Sicherheit unserer geschätzten Lady Pears sorgen zu können.«
Dem stimmten alle zu, und Emma war gerührt über die ganzen Bemühungen, die sich alle ihretwegen machten. Obwohl sie zugeben musste, dass sie sich heute, in Mister Scropes Gesellschaft, sehr sicher gefühlt hatte. Daniel hatte sein Versprechen gehalten und war ihr zum Schutz, wie er mit einem Augenzwinkern erklärte, überallhin gefolgt. Emma, die nach den Wochen in der Einsamkeit Salterdons endlich wieder unter netten Menschen war, genoss die Zeit mit Daniel.
Doch wann immer sie einen Moment allein war, vermisste sie Logan. Irgendwie hoffte sie, er würde hier auftauchen und ihr dann seine Liebe gestehen. Doch da sie ihm keine Nachricht hatte zukommen lassen, war ein zufälliges Zusammentreffen wohl eher unwahrscheinlich. Erst gestern hatte sie Roxana nach Logan gefragt, aber die Antwort hatte ihr gar nicht gefallen.
»Ach, wer weiß, ob er überhaupt schon aus Frankreich zurück ist!«
Damit war für ihre Gastgeberin das Thema beendet, und Emma verspürte einen Stich in ihrem Herzen. Wie konnte er sie nur so schnell wieder aus seinem Leben verbannen, wo sich doch ihr Leben durch ihn so drastisch verändert hatte?
An diesem Abend aber sollte sich endlich eine Lösung für ihr Debakel finden. Emma war schon sehr gespannt. Mister Holland war ein kleiner, glatzköpfiger Mann Ende fünfzig, der einen stattlichen Bauch vor sich herschob. Als er am Tisch Platz genommen hatte, putzte er sich umständlich seine Brillengläser mit einem Taschentuch, das er aus seinem Ärmel gezogen hatte. Dabei erklärte ihm der Earl, um was es in Emmas speziellem Fall ging. Der Sekretär hakte das eine oder andere Mal nach, ansonsten schwieg er, bis Aiden geendet hatte. Dann betrachtete er Emma einige Minuten schweigend.
Schließlich setzte er sich entschieden die Brille auf die Nase.
»Ihr glaubt, Euer Onkel will Euch töten, um an Euer Erbe zu kommen. Ist das richtig?«, fragte er.
Alle um den Tisch Versammelten nickten zustimmend.
»Ich fürchte, ja.«, flüsterte Emma hoffnungslos.
Zufrieden, alles richtig verstanden zu haben, fuhr Mister Holland nun in belehrendem Ton fort.
»Dann werden wir dieses Problem schneller lösen können, als ich dachte!«
Stolz warf er sich in Pose.
»Wollen wir versuchen, ob Ihr nicht auch selbst auf die Lösung kommt. Die Erfahrung sagt mir, dass meine Lösungsvorschläge besser angenommen werden, wenn alle Beteiligten erkennen, dass es nur diese eine Lösung gibt. Also: Erste Frage: Wer ist im Moment der Verwalter Eures Vermögens?«
Da er die Frage direkt an Emma gestellt hatte, antwortete sie brav:
»Mein Onkel Wilbour Davelle.«
Die zweite Frage ging an alle.
»Und unter welchen Bedingungen würde Euer Onkel diese Vormundschaft abgeben müssen?«
Emma schwieg. Roxana antwortete mit einer Gegenfrage:
»Wenn er sterben würde?«
Der Sekretär nickte.
»Ja, durchaus, aber ich hatte an etwas anderes gedacht.«
Daniel sah Emma direkt in die Augen, als er antwortete.
»Heirat!«
Erschrocken sog Emma die Luft ein.
»Das ist richtig!«, erklärte Mister Holland hochzufrieden.
»Im Falle einer Heirat würde Euer Vermögen auf Euren Ehemann übergehen. Euer Onkel hätte selbst im Falle Eures Todes dann keinen Anspruch mehr auf das Geld. Damit dürftet Ihr außer Gefahr sein!«
Abschließend verschränkte er die Arme vor der Brust und wartete auf Fragen, von denen er wusste, sie würden kommen.
Aiden räusperte sich.
»Aber da Lord Davelle die Vormundschaft über Miss Pears hat, ist eine Heirat nur mit seiner Zustimmung möglich, und die wird er sicher nicht geben,«, merkte er stirnrunzelnd an.
Emma
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