Gefaehrliche Sehnsucht
und die Tränen liefen ihr über das Gesicht. »Ich heiße Claire. Es ist meine Schuld.«
»Hey, nicht doch, nicht... es tut mir leid. Es ist nicht deine Schuld. Du bist irgendwie...« - er beugte sich über sie und küsste sie verlegen, es fühlte sich an, als wäre er ein Fremder - »ganz nett. Ich verspreche dir, dass wir später reden. Wir kriegen das schon hin. Oh Gott, hatten wir ein... Haben wir Vorsichtsmaßnahmen getroffen oder...?« Er schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt. Ich kann jetzt nicht darüber nachdenken. Ich muss gehen. Bis später.«
»Warte!«, heulte sie auf, als er ihre Zimmertür aufmachte und durch den Flur rannte. »Shane, warte!« Er wartete nicht. Sie schnappte sich ihre Jeans und ihr T-Shirt vom Boden, zog sich hastig an, schlüpfte in die Schuhe und rannte ihm nach. Shane, bitte nicht...«
Er stand im Wohnzimmer, blickte um sich, und als sie atemlos die Treppe heruntergeklappert kam, drehte er sich um und sah sie wieder an. Dieses Mal schien er nicht mehr so verwirrt zu sein, aber auch noch nicht wieder er selbst. »Das ist Michaels Haus«, sagte er. »Was machen wir hier?«
»Shane … Shane, bitte hör mir zu. Wir wohnen hier! Mit Michael und Eve!«
»Sprich leiser!« Er machte hektische Handbewegungen und senkte die Stimme noch mehr. »Okay, du bist irgendwie ganz nett und jetzt bist du wahrscheinlich einfach nur erschöpft. Wir wohnen nicht hier. Vielleicht wohnst du hier – vielleicht bist du eine Cousine oder so, ich weiß nicht -, aber ich wohne
bei meinen Eltern und bei meiner Schwester. Nicht hier«
»Nein! Nein, deine Eltern...« Oh Gott. Was sollte sie denn jetzt sagen? Was konnte sie denn sagen? Ihr Kopf war vollkommen leer. Er wartete, dann hob er beide Hände und wich zurück.
»Egal, du verrücktes Huhn - vielleicht wohnst du hier, vielleicht bist du auch einfach in Michaels Haus eingebrochen, als alle weg waren. Ich bin jedenfalls raus. Dir noch ’ne schöne Wahnvorstellung.«
Sie konnte ihn nicht gehen lassen, sie konnte einfach nicht. Als er durch den Flur lief, rannte sie ihm nach. »Shane, nicht! Geh nicht nach Hause. Du kannst nicht nach Hause!«
Darauf reagierte er schon gar nicht mehr. Er machte die Haustür auf und trat hinaus in die Morgensonne. Sie zögerte an der Tür und überlegte, ob sie zurückrennen und ihren Rucksack holen sollte, ob sie irgendetwas holen, ob sie irgendjemanden anrufen sollte, aber Shane war schnell und sie hatte keine Ahnung, wo das alte Haus der Collins’ gestanden hatte. Er hatte es ihr nie gesagt und nie gezeigt.
Sie schloss die Tür ab und folgte ihm.
Shane blickte sich kein einziges Mal um. Vielleicht merkte er, dass sie da war, und war entschlossen, sie nicht zu beachten, sie wusste es nicht. Sie ließ einen großen Abstand zwischen sich und ihm, weil sie nicht allzu stalkermäßig rüberkommen wollte. Wenn sie ihn allerdings aus den Augen ließ ...
Er bog um die nächste Ecke, und als sie sich beeilte, ihn einzuholen, sah sie, dass er rannte und schnell den Abstand zwischen ihnen vergrößerte. Nein, nein, nein! Wenn sie ihn jetzt verlor, würde sie ihn vielleicht nie wiederfinden. Das war zu viel entsetzlich, nicht nur für sie, sondern auch für ihn. Er wusste es nur noch nicht.
Sie kam an einer Gasse vorbei und war sich sicher, dass er immer noch vor ihr war, als er sie plötzlich packte und heftig gegen die Wand eines Gebäudes schleuderte. Sie hatte vergessen, wie groß und stark Shane war. Oder dass er das normalerweise nur zeigte, wenn er wollte. So wie jetzt. Seine Augen loderten und er presste wütend und trotzig die Kiefer aufeinander. Shane im Kampfmodus.
Er hielt sie eine Zeit lang fest, so als würde er darüber nachdenken, was er jetzt mit ihr machen sollte.
»Es reicht«, sagte er dann und ließ sie los. »Hör mal, ich will dir nicht wehtun, aber du darfst mir nicht mehr folgen. Das ist total gestört. Verschwinde jetzt; das nächste Mal bin ich nämlich nicht mehr so nett.«
»Du würdest mir nicht wehtun«, sagte Claire. »Ich weiß, dass du das nicht tun würdest.«
»Ja, aber verlass dich lieber nicht darauf. Ich mag kein Mädchen schlagen, aber das heißt nicht, dass ich nicht zurückschlagen würde, wenn du anfängst. Frag Monica.« Daraufhin machte er ein finsteres Gesicht und sie sah echte Wut in seinen Augen. »Monica. Hat sie das Ganze hier eingefädelt? Hat sie mir irgendwelche Drogen untergejubelt? Hat sie Fotos gemacht, die sie auf Facebook stellt? Will sie mich
Weitere Kostenlose Bücher