Gefaehrliche Ueberraschung
empfand so etwas wie Mitleid mit C. B. Im Laufe der Jahre habe ich eine Menge Menschen kennen gelernt, die sich anlässlich eines Todesfalles völlig untypisch verhiel-ten.«
108
»Ihr Fernbleiben bei dem Leichenschmaus wird Ihrer Familie sagen, dass wir zu diesem Zeitpunkt bereits entführt waren.
Aber C. B. nahm an der Bestattung und dem Lunch teil. Daher wird ihn niemand mit der Sache in Verbindung bringen«, argu-mentierte Rosita.
Luke nickte. »Dafür gäbe es keinen ersichtlichen Grund.«
»Ebenso wenig wie zu einem Verdacht gegen Petey«, fuhr Rosita fort. »Mit der Ihnen eigenen Unerschütterlichkeit haben Sie durch nichts zu erkennen gegeben, dass Sie mit seiner Arbeit nicht zufrieden waren, Mister Reilly.«
»Ich war sogar sehr erschüttert, aber es schonte meine Nerven, ihm sein Geld zu geben und ihn seiner Wege ziehen zu lassen. Und eins müssen Sie zugeben, Rosita. Wir konnten herzhaft lachen. Und das in einem Bestattungsinstitut.«
»Reichlich voreilig, wie wir jetzt wissen.«
»Aber das bringt mich auf etwas anderes, Rosita. Wenn Sie sich mit Petey verabredet hätten, säßen wir vielleicht jetzt nicht hier auf diesem jämmerlichen Kahn.«
»Dann bin ich doch lieber hier.«
»Ich fürchte, ich muss Ihnen zustimmen«, schmunzelte Luke.
»Ich frage mich, wer bei meinen Jungen ist«, sagte Rosita nach einem kurzen Schweigen.
»Verlassen Sie sich auf Regan. Sie kümmert sich bestimmt darum, dass sie gut versorgt sind.«
»Oh, davon bin ich überzeugt«, entgegnete Rosita schnell.
»Doch wahrscheinlich ist jemand bei ihnen, den sie nicht kennen, und Chris und Bobby brauchen immer eine Weile, bis sie sich an einen neuen Babysitter gewöhnen. Natürlich vermissen sie mich, aber gewiss nehmen sie mir übel, dass ich noch nicht nach Hause gekommen bin. Sie haben es noch immer nicht ver-wunden, dass sie ihr Vater vor anderthalb Jahren verlassen hat.«
»Wenn Sie erst wieder zu Hause sind, wird alles schneller 109
wieder ins Lot kommen, als Sie glauben«, versicherte Luke.
»Eine Sache lässt mir keine Ruhe«, begann Rosita so zögernd, als fürchte sie sich vor der Äußerung ihrer geheimsten Ängste.
»Es ist doch unglaublich, dass ein unsicher und unfähig wirken-der Mann wie C. B. eine Entführung plant und auch tatsächlich durchführt. Und ich frage mich immer wieder, wozu er noch fähig sein könnte, wenn er keine Zeugen zurücklassen will.«
Luke öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder. Er konnte nicht ausschließen, dass die Kabine abgehört wurde. Und so verzichtete er darauf, Rosita von seinem Plan zu erzählen, Regan durch die Erwähnung ihres Lieblingskinderbuchs einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort zu geben. Es war weit herge-holt, aber die einzige Karte, auf die er setzen konnte.
Rosita hatte absolut Recht. C. B. könnte durchaus zum Äußersten fähig sein.
lvirah hastete an Macy’s vorbei und um die Ecke zu ALong’s. Der Verkehr war so dicht, dass sie auf dem Weg ins Zentrum vom Taxi in die U-Bahn umgestiegen war. Es war schneidend kalt, aber auch das hielt die Menschenscharen nicht von Festeinkäufen in letzter Minute ab. Normalerweise hatte sie Freude am Schaufensterbummel, doch heute warf sie keinen einzigen Blick in die Auslagen.
Alvirah wusste, dass es nahezu unmöglich war, den Mann aufzuspüren, der den billigen Rahmen gekauft hatte, dennoch wollte sie zumindest einen Versuch unternehmen.
Sie ging durch die Drehtür, blieb stehen und blickte sich um.
Ich bin seit Ewigkeiten nicht hier gewesen, dachte sie. Aber wenn ich ehrlich sein soll, habe ich es auch nicht vermisst. Den-110
noch konnte sie sich auf Anhieb orientieren. Männerkleidung wurde im Erdgeschoss angeboten, genau wie in jedem anderen Kaufhaus. Die Inhaber wussten schließlich, dass Männer ungern einkauften. Wenn sie sich schon zum Eintreten durchrangen, mussten ihnen Jacken und Hosen förmlich in die Augen springen.
Billigen Schnickschnack wie den Bilderrahmen gab es mit Sicherheit im Untergeschoss. Vor der Rolltreppe nach unten wartete bereits eine kleine Schlange. Die Frau vor Alvirah hatte drei kleine Kinder im Schlepptau und schien mit ihren Nerven am Ende zu sein.
»Tommy, du sollst deinen Brüdern doch nicht sagen, dass es keinen Weihnachtsmann gibt«, zischte sie ihrem Ältesten ins Ohr.
»Aber es gibt ihn doch auch nicht, Ma! Du hältst diesen Witzbold in der Spielzeugabteilung doch nicht wirklich für den Weihnachtsmann, oder?«
»Er hilft dem Weihnachtsmann!«
»Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher