Gefährlicher Verführer
noch an Darius. Unwillkürlich suchte sie die telepathische
Verbindung zu ihm, zuckte jedoch zusammen, als sie den roten Nebel aus Zorn und
Jagdinstinkt in seinem Geist vorfand. Sie brach den Kontakt ab und suchte
stattdessen nach dem Ursprung des Schreis. Sofort wusste sie, dass das
Leopardenweibchen in Gefahr schwebte. Leise fluchend bemühte sich Tempest, sich
zu beruhigen und über ihre nächsten Schritte nachzudenken. Sasha war verletzt.
Sie spürte den Schmerz und die Wut der Katze, die sich durchs Unterholz
schleppte, um das Wohnmobil und ihre karpatianischen Gefährten zu erreichen.
Tempest zögerte nur eine
Sekunde, ehe sie sich eine Pistole in den Bund ihrer Jeans steckte, nach dem
Maschinengewehr griff und aus dem Wohnmobil in den Wald hinauslief. Hastig
sandte sie Sascha die Botschaft, dass sie unterwegs war, das Tier in Sicherheit
bringen und die Schmerzen lindern würde.
Dann ertönte ganz in ihrer
Nähe ein weiterer Schrei, gefolgt von einer neuen Salve von Schüssen. Wieder
nahm Tempest die Verbindung zu Darius auf, denn sie befürchtete, dass er
verletzt war. Er verwandelte sich gerade in einen schwarzen
Panter und sprang auf den
tief hängenden Ast eines Baumes. Er kauerte über einem der Scharfschützen, der
bäuchlings durchs Unterholz kroch. Der Mann zielte mit seinem Gewehr auf
Forest, der sich gerade an einen anderen Angreifer heranschlich. Dieser
wiederum feuerte Schüsse auf Sasha ab, während sich das verletzte
Leopardenweibchen zurückzog.
Tempest entfuhr ein
Schreckenslaut, als sie Darius' Gedanken las. Er war gnadenlos, empfand nichts
außer mörderischer Ruhe und grimmiger Entschlossenheit, die Männer zu verfolgen,
die seine Familie bedroht hatten. Er sprang den Scharfschützen an, lautlos,
ohne Vorwarnung, tödlich. Rasch brach Tempest die Verbindung ab, da sie den
Augenblick des Todes nicht miterleben wollte.
Gebückt schlich sie sich
zwischen den tief hängenden Zweigen hindurch und bemühte sich, keinen Laut von
sich zu geben. Aufgrund ihrer zierlichen Gestalt war es ihr möglich, sich
mühelos auf den schmalen Trampelpfaden zu bewegen, doch dann stolperte sie
beinahe über das verwundete Leopardenweibchen. Sasha kauerte regungslos in den
riesigen Farnen, die unter den Bäumen wuchsen. Beruhigend legte Tempest dem
Tier die Hand auf den Rücken und kniete sich hin, um die Wunde zu untersuchen.
Das rechte Hinterbein des
Leopardenweibchens war blutüberströmt. Tempest stieß einige leise Flüche aus.
Die Raubkatze war zu groß, um sie zu tragen, also legte Tempest Sasha den Arm
um die Mitte und hob das Tier gerade so weit an, dass das verletzte Bein
entlastet wurde und Sascha vorwärts kriechen konnte. Der Boden war uneben, und
das Tier hatte schreckliche Schmerzen. Immer mehr stützte es sich auf Tempest,
während sie gemeinsam zum Bus zurückschlichen.
Plötzlich wandte sich Sascha
mit einem warnenden Knurren nach links und blieb wie angewurzelt stehen.
Tempest ließ sich zu Boden fallen und sah sich suchend um. Vor ihr stand ein
Mann, den Blick von ihr abgewandt, eine Waffe im Arm haltend, während eine
zweite über seiner Schulter hing. Er trug dunkle Kleidung und hatte sich
schwarze Streifen ins Gesicht gemalt.
War die Nacht eben noch klar
gewesen, zogen sich jetzt dichte Nebelschwaden zusammen, die sich wie ein
unheimlicher weißer Teppich aus Dunst über dem Waldboden ausbreiteten.
Tempest lag neben dem verletzten Leopardenweibchen. Sie zitterte vor Angst,
fühlte sich schwach, weil sie nichts gegessen hatte, und war bereits unendlich
erschöpft. Selbst das Gewehr fühlte sich in ihren Händen bleischwer an. Es erschien
ihr unmöglich, Sascha allein zum Bus zurückzuschaffen.
Der Mann verschwand in den
Bäumen, und der Nebel schien ihn zu verschlucken. Tempest stand auf, obwohl ihr
die Knie zitterten. Mit ihrer Hilfe kroch Sasha wieder langsam vorwärts. Der
Weg schien kein Ende zu nehmen. Sobald sie die Lichtung erreicht hatten, würden
die Nebelschwaden ihre einzige Deckung sein.
Darius spürte die Gefahr. Er
hatte sich an den Angreifern vorbeigekämpft, während das Leopardenmännchen aus
der entgegengesetzten Richtung auf ihn zukam, um sich am Lagerplatz mit ihm zu
treffen. Zwei Mal hatte Darius die schweren Nebelschwaden dazu benutzt, einen
Scharfschützen zu ersticken. Keiner der Feinde war ihm entkommen, und er
wusste, dass auch Forest ganze Arbeit leistete. Inzwischen hatte sich die Zahl
der Vampirjäger deutlich verringert. Auch Sasha hatte zwei von
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