Gefährten - im Wettlauf gegen die Finsternis (German Edition)
lag auf einer schweren hölzernen Truhe mit eisernen Beschlägen. Sie versuchte
diese wegzuschieben, doch das war geradezu unmöglich. Dann eben anders. Als
nächstes versuchte sie den Deckel zu öffnen. Verschlossen! Leise fluchte sie.
Sie ging auf und ab, tigerte durch den Raum, vorbei an dem Kamin und dem Tisch
und wieder zurück zur Truhe. Noch einmal versuchte sie den Deckel zu öffnen,
wieder ohne Erfolg. Dieses Mal langte es ihr. Leise murmelte sie einige Worte
und mit einem Klick sprangen die eisernen Scharniere auf. Bevor sie die Truhe
öffnete warf Scarlett noch einen vorsichtigen Blick über die Schulter, um zu
überprüfen, ob bei ihrem kleinen Zauber irgendetwas kaputt gegangen sei. Doch
ausnahmsweise war dem nicht so. Sie öffnete den Deckel mit einem lauten Knarren.
Knall.
Von oben
ertönte das Geräusch einer zuschlagenden Tür. Entsetzt sprang das Mädchen auf
und sah sich um, doch es gab keine Möglichkeit sich irgendwie zu verstecken,
außer… Schnell schloss sie den Deckel, dann huschte sie in den Kamin und
kauerte sich dort zusammen, den Griff des Dolches fest umklammert. Der Schein
einer Kerze fand langsam seinen Weg nach unten. Treppen knarrten, Fußtapsen
ertönten und kurz darauf erschien eine Frau auf der Treppe. Die Kerze hielt sie
hoch über ihren Kopf, sodass ihr Gesicht beleuchtet wurde und die unzähligen
Falten und der müde Ausdruck deutlich sichtbar waren. Sie sah sich kurz um und
entdeckte dann die offene Haustür. Sie seufzte leise. War sie denn schon wieder
aufgegangen? Das Geräusch weckte die Frau fast jede Nacht.
„Wie oft habe
ich ihm schon gesagt, dass er das reparieren soll? Dem nächsten Sturm halten
wir nicht stand“, murmelte sie leise und ging am Kamin vorbei zur Tür um sie zu
schließen. Für einen Moment spielte Scarlett mit dem Gedanken sie unter
Einfluss ihrer Augen nach dem Weg zu fragen, doch sie war sich nicht sicher ob
diese Frau vielleicht Magie besaß oder den Weg überhaupt kannte. Deshalb ließ
sie es lieber bleiben. Die Frau tappte zurück und schon bald waren erst ihre
Füße und dann auch der Schein der Kerze im oberen Geschoß verschwunden. Kurz
darauf war das Schließen einer Tür zu vernehmen. Scarlett atmete tief ein und
ging dann wieder zu der Truhe. Sie öffnete den schweren Deckel erneut. Langsam,
Stück für Stück. Nach jedem noch so leisen Knarren hielt sie die Luft an und
lauschte. Doch das Haus blieb still. Endlich war der Deckel geöffnet und
endlich konnte Scarlett mit Hilfe des Mondscheins, der durch das Fenster fiel,
einen Blick hinein werfen und mit einem lautlosen Schrei fuhr sie zurück. Wut
machte sich in ihr breit. Die Truhe war leer! Leise schloss sie den Deckel
wieder, doch verzichtete sie darauf die Schlösser wieder zu schließen.
Stattdessen sah sie sich suchend um. Hier war nichts weiter. Sie hatte jetzt
jeden Schrank abgesucht und diese Truhe war leer. Plötzlich fiel ihr Blick auf
den Kamin. Natürlich! Wie hatte sie nur so blind sein können? Sie durchquerte
den Raum erneut und kroch wieder in den Luftschacht. Es hätte ihr von Anfang an
auffallen müssen, dass hier kein Kessel hing, kein Holz am Boden lag. Die
Tarnung war wirklich ungewöhnlich schlecht und trotzdem war es ihr nicht
aufgefallen. Nun aber suchte sie akribisch jeden Millimeter der hinteren Wand
ab, klopfte prüfend gegen die Steine und da, endlich, fand sie eine kleine
Vertiefung im Gemäuer. Sie drückte ihre Finger hinein und mit einem leisen
Knirschen gab die Wand nach und rutschte zur Seite. Triumphierend blickte das
Mädchen in den nicht allzu tiefen Schacht, der sich nun vor ihr auf tat. Eine
poröse Steintreppe führte nach unten. Scarlett zögerte nicht lange und trat auf
die erste Stufe. Kleine Steinchen knirschten unter den weichen Sohlen ihrer
Stiefel. Kaum war sie vollends in dem Schacht hörte sie, wie sich die Geheimtür
leise wieder schloss. Vierzehn Stufen waren es, die nach unten führten, dann
machte der Gang einen scharfen Knick nach links. Den Dolch immer noch fest in
der Hand schob sich Scarlett vorsichtig um die Ecke. Und dort warteten bereits
weitere zahllose Stufen, die nach unten führten, auf sie. Mit einem leisen Stöhnen,
bei dem Gedanken daran, dass sie all diese Stufen nachher wieder nach oben
musste, machte sie sich auf den Weg. Unten angekommen gelangte sie in eine Art
runde, künstlich angelegte Höhle. Fackeln waren an den Wänden aufgereiht und
tauchten den Raum größtenteils in schummriges Licht. Und dort zu ihrer
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