Gefaelschtes Gedaechtnis
anzurufen, aber ich hatte im Büro viel um die Ohren, sodass ich vorher einfach nicht dazu gekommen bin.«
»Verstehe.« Als sie nichts sagte, sprach er in die Stille: »Und der Grund für Ihren Anruf ist ... ?«
Komm zur Sache, sagte sie sich. »Erstens, ich möchte Ihnen danken, dass Sie den Lügendetektortest gemacht haben«, sagte sie. »Gern geschehen«, entgegnete er.
»Das hätten Sie nicht tun müssen —«
»Ich habe nichts zu verbergen«, sagte er.
»Also ... der Grund, warum ich anrufe ... ich wollte Ihnen sagen, dass ich einen Scheck für Sie habe.«
»Einen was?«
»Einen Scheck für Sie. Als Nikkis Testamentsvollstreckerin löse ich ihren Nachlass auf. Hauptsächlich geht es um das Geld auf ihrem Girokonto. «
»Aber ... wieso ich?«
»Sie hat Sie in ihrem Testament bedacht.«
Einen Moment herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. Schließlich sagte Duran. »Behalten Sie das Geld. Ich will es nicht. Schließlich habe ich bei ihr versagt.«
Du meine Güte, lag ihr auf der Zunge, doch stattdessen sagte sie: »Verstehe, aber wenn Sie das so sehen, gibt es doch bestimmt irgendeine Wohltätigkeitsorganisation, der Sie das Geld spenden könnten. Ich hatte jedenfalls vor, kurz bei Ihnen vorbeizuschauen und Ihnen den Scheck zu geben.«
Duran antwortete nicht gleich. Endlich sagte er: »Sie könnten ihn doch einfach ... mit der Post schicken.«
»Das würde ich auch«, erwiderte sie, »aber es gibt noch einen Grund, warum ich Sie treffen möchte, und — würde Samstag passen? Es dauert nur eine Minute.« Sie konnte den Fernseher im Hintergrund hören, das leise Rauschen des künstlichen Gelächters.
Duran schwieg einen Moment, dann fragte er: »Was für einen anderen Grund haben Sie?« Seine Stimme klang tonlos, roboterhaft.
Adrienne atmete tief durch. »Ehrlich gesagt, ich — also ich überlege, die Klage zurückzuziehen«, erklärte sie und war darüber mindestens genauso überrascht wie Duran. »Wenn Sie mir nur einfach von Nikki erzählen.«
Er sagte lange nichts, und einen Augenblick lang kam ihr der Verdacht, dass er mehr auf den Fernseher achtete als auf das Gespräch mit ihr. Schließlich sagte er: »Frühmorgens mache ich Sport. Dann habe ich Klienten bis Mittag.«
»Sind Sie um ein Uhr fertig?«, fragte sie.
»Ich denke schon«, antwortete er. Im Hintergrund brandete das Konservenlachen auf.
»Bis dann also«, sagte sie mit heller, dünner Stimme.
18
A ls sie Eddie Bonilla erzählte, dass sie sich mit Duran treffen würde, ging er an die Decke wie eine Rakete.
»Sind Sie verrückt geworden?«
»Nein —«
»Ich dachte, wir hätten ein Abkommen! «
»Haben wir auch, aber ... es ist die einzige Möglichkeit, wie ich an die Patientenakte meiner Schwester kommen kann. Wenn ich ihn bitte, sie mir zu schicken —«
»Wissen Sie, was das Wort >Psychopath< bedeutet?«, fragte Bonilla.
»Natürlich, aber —«
»Wann wollen Sie ihn treffen?«
»Heute Nachmittag.«
»Wie viel Uhr?«
»Um eins.«
»Ich hol Sie ab.«
Sie zögerte. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil Bonilla so viel Zeit in ihren Fall steckte und kein Geld dafür wollte. Nach hartnäckigem Drängen hatte er ihr Ende der Woche nur anderthalb Stunden in Rechnung gestellt. Auf ihren Protest hin hatte er abwehrend die Hände gehoben. »Ich will nicht darüber reden«, hatte er gesagt. »Das sind meine Stunden — die berechne ich, wie ich will.«
»Das ist furchtbar nett von Ihnen, Eddie, aber —«
Bonilla fuhr. Er weigerte sich, in ihrem verrosteten Subani zu fahren, dessen Boden mit Pappbechern übersät war.
»Nervös?«, fragte er.
»Nicht sehr«, sagte sie.
»Weil sie mit dem Fuß steppen, als wären Sie Gene Kelly oder so.«
Adrienne lachte, und Bonilla bog in eine Seitenstraße, wo er nach einem Parkplatz Ausschau hielt. »Ich bin bloß müde«, sagte sie.»Slough lässt uns rund um die Uhr arbeiten.«
Bonilla nickte geistesabwesend, dann entdeckte er eine Parklücke. Als Adrienne aussteigen wollte, zog der Detektiv etwas unter dem Sitz hervor und schob es sich hinten in den Hosenbund.
Adrienne traute ihren Augen nicht. »Was machen Sie da?«
»Na, was wohl?«, entgegnete Bonilla. »Ich begleite Sie rauf zu diesem —«
»Ich meine die Pistole.« Sie stiegen gleichzeitig aus dem Wagen und knallten die Türen zu.
»Ich habe einen Waffenschein.«
»Ich hasse Waffen.«
»Also?«
»Also finde ich, Sie sollten sie zurück ins Auto legen.«
Bonilla
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