Gefahr auf High Heels (German Edition)
war, die glitzerten, wenn das Licht darauffiel. Noch ein wenig roter Lippenstift und reichlich Mascara, und ich war bereit zu rocken.
Gerade hielt ich mir ein Paar schwere schwarze, schulterlange Ohrringe vor dem Badezimmerspiegel an und überlegte, ob das ein bisschen too much wäre, als ein vertrautes rhythmisches Klopfzeichen an der Wohnungstür ertönte. Ich legte die Ohrringe weg, ging zur Tür und riss sie auf.
Und stellte fest, dass nichts, was ich anziehen würde, je zu too much sein konnte.
Dana trug ein winziges Elastankleid in Neonblau mit Cutouts, die sehr viel Haut an Bauch und Rücken zeigten. Die großen Silberringe, die Oberteil und Rock zusammenhielten, hätten ein hübsches Muster auf ihrer Haut ergeben, wenn sie sich damit länger in der Sonne aufgehalten hätte. Die passenden neonblauen Pumps waren so hoch, dass sie mich mehr als dreißig Zentimeter überragte. Das toupierte Haar nicht mitgerechnet.
Ich musterte sie langsam von oben bis unten.
»Das Kleid hast du nur gekauft, damit du etwas hast, was du zu den Schuhen tragen kannst, gib es zu.«
»Hättest du es vielleicht nicht getan? Diese Schuhe sind einfach umwerfend.«
Da hatte sie recht.
»Fertig?«
»Warte!« Ich huschte schnell zurück ins Badezimmer und schnappte mir die schweren Ohrringe. »Jetzt bin ich fertig.«
Das Inca Theater befindet sich in Hollywood, nicht weit entfernt von dem berühmten Mann’s Chinese Theater und dem Walk of Fame. Ehemals ein Paradebeispiel für die hollywoodsche Architektur, hat das Inca erst ein Revuetheater, dann ein Schwarz-Weiß-Kino beherbergt, bis es in den Siebzigern anfing zu zerfallen, als das alte Hollywood langsam niederging. Ein Jahrzehnt lang war es ein mit Brettern vernagelter Schandfleck, bis es neue Besitzer bekam, denen die Erhaltung baulicher Denkmäler am Herzen lag und die dem alten Theater wieder zu seinem alten Glanz verhalfen – wenigstens soweit, dass es Touristen anzog. Heute gab das Inca den Gastgeber ab für lateinamerikanische Preisverleihungen, Reality-TV-Tanzwettbewerbe und die eine oder andere weniger bekannte Rockband.
Von außen sah das Inca aus wie viele andere Gebäude in Hollywood auch: ein hohes, weiß verputztes Haus, eingepfercht zwischen Happy-Hollywood-Souvenirs und einer Talentagentur, die Castings für Kinderwerbung anpries. Das Innere sah so aus, wie der Name schon sagte: inkaisch.
Dunkle Steinwände mit gemeißelten altertümlichen Totemgesichtern, die auf uns herunterstarrten, hohe Decken mit kunstvollen Mosaiken von halbnackten Männern mit bronzefarbener Haut und finsteren Mienen, die in der Sonne Tempel bauten, Wandlampen, die aussahen wie Fackeln. Die dunkelblauen, roten und violetten Lichter, die das Theater erleuchteten, verliehen den Inkagesichtern in der düsteren Umgebung einen schauerlichen, unheilvollen Schein.
Trotzdem folgte ich Dana tapfer vor die Bühne, wo die Menge ungeduldig die roten Vorhänge beobachtete, in der Hoffnung, einen kurzen Blick auf ihre Rockgötter zu erhaschen.
Lange mussten sie nicht warten. Kurz nachdem wir einen guten Platz gefunden hatten (zwischen einem Typen mit einem grünen Irokesen und einem Mädel in Docs, die sich Tränen auf die Wangen hatte tätowieren lassen), erklang der erste Akkord und brachte die Wände zum Beben wie eine 6.2 auf der Richterskala. Ich musste mich an Danas Arm festhalten, doch sie riss die Hand mit zwei ausgestreckten Fingern in die Höhe zum Pommesgabel-Gruß und schrie laut »Uaaaahhh!«
Ich wollte es ihr gerade gleichtun, da erschien die Band, und die Menge begann sich im Rhythmus der pulsierenden Beats zu drehen und zu winden. Von allen Seiten stießen Körper gegen mich und erzeugten eine solche Hitze, dass ich spürte, wie mir augenblicklich im Nacken der Schweiß ausbrach. Ich bin ja selbst eher ein geselliger Typ, aber den Gedanken, dass mich all diese Fremden berührten, fand ich dann doch ein bisschen eklig. Ich versuchte, mich einfach mitreißen zu lassen, indem ich mich auf die Jungs auf der Bühne konzentrierte, und fragte mich, mit welchem der Zebras Gigi sich wohl getroffen hatte.
Der Drummer hatte struppiges braunes Haar und hämmerte mit einem Eifer, dass sein graues T-Shirt (mit einem bunten Zebra vorne drauf) dunkel vor Schweiß war. Der Gitarrist war blond und sommersprossig und hatte grüne Strähnchen, und der Typ am Keyboard trug die engsten Lederhosen, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. (Obwohl ich zugeben musste, dass er sie recht ansehnlich
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