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Gefahrliches Vermachtnis

Gefahrliches Vermachtnis

Titel: Gefahrliches Vermachtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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Er stand ebenfalls auf.
    „Ich bin fertig. Ich habe gefunden, was ich gesucht habe“, sagte sie.
    „Und ich habe gefunden, was ich wollte.“
    Ihre Augen funkelten wütend. „Und das war?“
    „Antworten.“
    „Es wäre nett, wenn du mich nächstes Mal an deinen Fragen teilhaben ließest.“
    So konnte er den Nachmittag nicht enden lassen, egal, was sein Instinkt ihm riet. Diesmal berührte er ihre weiche, leicht verschwitzte Haut, ohne vorzugeben, ihr eine Locke aus der Stirn zu streichen. „Ich verrate dir eine davon: Ich wollte herausfinden, ob noch etwas zwischen uns ist.“
    „Vielleicht ist tatsächlich noch etwas zwischen uns, aber dafür gibt es keinen besonders hübschen Namen.“
    Er strich ihr eine feuchte Haarsträhne hinters Ohr. Sie wich nicht von der Stelle, fast so, als wollte sie ihn herausfordern. Ihre Brüste hoben und senkten sich unter dem dünnen Baumwolltop; er entdeckte winzige Schweißperlen, wo die Knöpfe offen standen.
    „Denkst du noch manchmal daran, wie es war, wenn wir miteinander geschlafen haben?“, fragte er.
    Sie betrachtete ihn skeptisch. „Ich denke an nichts anderes.“
    Er lächelte. „Ich denke oft daran.“
    „Meine Mutter hat immer gesagt, Männer seien Geschlechtsteile auf zwei Beinen.“
    Er vergrub die Finger tiefer in ihrem Haar. „Immerhin hatsie auch erwähnt, dass wir zwei Beine haben.“
    „Und wie praktisch sie sind, um nach dem Sex damit wegzulaufen.“
    „Du bist diejenige, die weggelaufen ist.“
    „Und du bist derjenige, der mich aus der geöffneten Tür geschubst hat.“
    „Mein schlimmster Fehler.“ Er zog sie langsam zu sich heran. Er hatte sie küssen wollen, seit er sie in ihrem Regenmantel unter den Eichen stehen gesehen hatte. Doch noch mehr wollte er sie einfach im Arm halten.
    Sie erstarrte.
    „Ich hätte dich in den Arm nehmen sollen, nachdem dein Onkel gestorben war“, murmelte er in ihr Haar. „Egal, was zwischen uns vorgefallen ist, ich hätte dich einfach nur im Arm halten sollen.“
    Sie befreite sich aus seiner Umarmung. „Mich muss niemand im Arm halten, Ben – du jedenfalls nicht. Falls du deshalb hierhergekommen bist, verschwendest du nur deine Zeit. Deine Antworten musst du woanders suchen. Es gibt in ganz Louisiana keine Antwort, die dir gefallen würde.“
    „Vielleicht gibt es sie doch. Denk an die Verfügung deiner Großmutter.“
    Sie wandte sich ab, als ob sie seinen Anblick keinen Moment länger ertragen könnte. „Hoffentlich führen sie dich nach Kalifornien zurück.“
    Sie stand mit dem Rücken zu ihm, als Ben die Tür der garconnière hinter sich schloss. Die Luft war dick, so unangenehm wie Schweiß. Im Haus war es nicht sehr viel kühler. Das wusste er. Ben folgte einem Pfad zum Strand hinunter und schaute in die Wellen. Als er später zum Cottage zurückkehrte, war die Sonne schon fast untergegangen und niemand sonst zu sehen. Er bediente sich aus den Töpfen auf dem Herd und ging dann nach oben, um weiter in Pater Hughs Tagebuch zu lesen.
    Ben war nicht vollkommen aufrichtig zu Dawn gewesen. Er hatte ihr nicht erzählt, wie merkwürdig es sich anfühlte, dieKindheitsgeheimnisse eines Mannes zu lesen, den er beinahe angebetet hatte. Er fragte sich, ob das der Grund war, weshalb Aurore ihnen das Tagebuch hinterlassen hatte. Hatte sie gehofft, dass er es las und feststellte, dass Pater Hugh nur ein ganz normaler Mann gewesen war?
    Falls das der Grund war, war es überflüssig gewesen. Ben hatte immer gewusst, dass Hugh Gerritsen ein fehlbarer Mann mit eigenen Ängsten und inneren Konflikten war. Pater Hugh ging offen mit seinen Fehlern um. Genau wie mit seinen mutigen und sehr ehrenwerten Seiten. Er war nie ein Heiliger gewesen, aber das hatte ihn umso gewinnender und wertvoller gemacht.
    Ben setzte sich ans Fenster, schaltete das Licht an und begann zu lesen.

10. KAPITEL
    Grand Isle, 1928
    H ugh lag im Bett und hörte zu, wie seine Eltern sich stritten. Er bekam nicht viel von seiner Mutter mit, aber alles, was sein Vater sagte, war klar verständlich. Henry sprach in einem hohen, nasalen Tonfall, der Hugh an das Heulen des Windes während eines Sturms erinnerte.
    „Ich weiß sowieso nicht, weshalb du nach Grand Isle gekommen bist, Henry“, sagte Aurore. „Gab es in New Orleans niemanden mehr zum Einschüchtern? Ich dachte, du verbringst den Sommer damit, deine Nase in den Wahlkampf von Gouverneur Long zu stecken.“
    „Ich habe einen Gewinner unterstützt, Rory! Willst du etwa, dass ich

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