Gefahrliches Vermachtnis
liebe eine Frau, aber ich versage mir, mit ihr zu schlafen, weil ich über meinem Verlangen stehen will.“
„Hap.“ Sie ertappte sich dabei, seine Nähe zu suchen, und zwang sich, damit aufzuhören. „Ich weiß nicht, wieso du zurückgekommen bist. Geh nach Hause und versuch zu schlafen.“
„Ich war mir sicher, dass Phillip nichts passieren würde. Glaubst du, ich habe sein Leben absichtlich riskiert? Ich habe vorher alles mindestens hundertmal durchdacht, bevor ich ihn um seine Hilfe bat. Ich bin nicht mal auf die Idee gekommen, dass ihn jemand mit mir in Verbindung bringen könnte.“
„Und jetzt?“
„Ich bin mir fast sicher, dass der Mann, den du gesehen hast, für die Deutschen arbeitet. Die Riffis spielen alle Seiten gegeneinander aus; sie interessieren sich nur dafür, wer ihnen am besten helfen kann, die Unabhängigkeit zu erlangen. Sie gehören zu einer Rebellenorganisation, die Waffen und Munition von Spanien durch die Berge ins Land schmuggelt, um demjenigen zu helfen, der sie unterstützt. Heute Nacht haben sie mit den Deutschen verhandelt. Als Nächstes werden sie mit uns sprechen.“
„Woher weißt du das?“
„Einiges war mir schon bekannt. Den Rest habe ich mir aus dem zusammengereimt, was Phillip belauscht hat.“
„Und was wirst du jetzt machen?“
„Nichts. Ich habe alles so gelassen, wie ich es vorgefunden habe. Wenn die Rebellen entdecken, dass Phillip wieder zu Hause ist, wissen sie, wer ihn gerettet und ihren Freund ermordet hat. Aber sie werden auf Rache verzichten, weil sie begreifen, dass eine Zusammenarbeit mit den Alliierten ihnen größere Chancen bietet. Vielleicht können wir ihnen bieten, worauf sie aus sind, denn die Nazis lügen doch nur. Sie haben schon zu viele Verbrechen begangen. Am Ende werden wir von der Munition, die ich heute Nacht entdeckt habe, profitieren.“
„Willst du damit sagen, dass du Phillips Leben umsonst aufs Spiel gesetzt hast?“
„Es tut mir leid. Ich weiß, dass Phillip die Welt nie wieder mit denselben Augen betrachten wird.“
An seinem traurigen Blick erkannte sie, dass ihm die Sache genauso naheging wie ihr. Dieses Erlebnis würde sie für immer verbinden.
„Geh nach Hause! Wir unterhalten uns später darüber.“ Doch eigentlich, trotz ihrer Wut, wollte sie nicht, dass er sie verließ. Viel lieber hätte sie sich in seine Arme geflüchtet. Hugh Gerritsen hielt sich zwar für schwach, aber er war stark genug, gegen etwas anzukämpfen, das andere Männer nicht einmal begreifen würden.
„Ich möchte nicht nach Hause gehen, Nicky.“ Er stand dicht vor ihr, berührte sie aber nicht. „Lass mich bleiben.“ Er streckte die Hand nach ihr aus. Nicky hob sie an die Lippen und küsste seine Fingerspitzen, die bis vor Kurzem noch mit dem Blut des Riffis beschmiert gewesen waren. Dann führte sie ihn ins Schlafzimmer.
Als der Muezzin am nächsten Morgen rief, lag sie in Hughs Armen. Sie trug nichts weiter als ihr Medaillon.
„Es bringt mir Glück“, erklärte sie, während sie mit dem Fuß an seinem Bein entlangstrich. „Es ist alles, was mir von meiner Kindheit in New Orleans geblieben ist.“
Er berührte das Schmuckstück zwischen ihren Brüsten. „Du hast nicht mehr viele Erinnerungen an die Zeit, oder?“
„Nur ein paar Bilder. Eine Frau hat mir das Medaillon geschenkt. Ich glaube, sie war eine Freundin meiner Mutter. Das Foto ist von ihr. Ich habe mir schon überlegt, ob ich ihr Bild gegen eines von Phillip austauschen soll. Das hab ich dann aber gelassen, weil es sich nicht richtig anfühlt. Sie begleitet mich schon so lange Zeit.“
Nicky öffnete das herzförmige Medaillon, damit er das Foto betrachten konnte. Er starrte lange darauf, bevor er es ihr ausder Hand nahm und schloss.
„Es ist noch früh“, sagte sie. „Phillip wird noch ein paar Stunden schlafen. Willst du noch ein bisschen bleiben?“
Er drückte sie an sich. Sie legte den Kopf auf seine Brust und schlief ein.
18. KAPITEL
D ie Augusta, ein elf Jahre alter Kreuzer, verließ Hampton Roads, Virginia, am 24. Oktober. Begleitet von einer Flotte anderer Schiffe, nahm sie Kurs auf Nordafrika.
Zwei Tage später kam noch die Massachusetts aus Casco Bay, Maine, dazu und eine Flottille aus Kreuzern, Zerstörern und Transportschiffen, die in Haiti stationiert waren. Insgesamt bestand der Flottenverband aus vierunddreißig Transport- und achtundachtzig Kriegsschiffen.
Ensign Ferris Gerritsen bewohnte eine winzige, aber relativ komfortable Kabine auf der
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