Gefangen im Palazzo der Leidenschaft
Affären hatte er immer darauf geachtet, nicht die ganze Nacht mit der jeweiligen Frau zu verbringen. Gegenseitige körperliche Befriedigung war eine Sache, aber er hatte nie den Wunsch verspürt, mit einer dieser Frauen zu frühstücken oder den ganzen Tag mit ihr zusammen zu sein.
Dass er mit Lily so viel Zeit verbrachte, entsprach also gar nicht seiner Art. Daran hätte er vielleicht denken sollen, ehe er sie hierhergeholt hatte …
„Wenn du so lange für eine Antwort brauchst, dann habe ich wohl mit meiner Vermutung richtig gelegen“, meinte Lily bedauernd. „Ich schenke mir nur einen Kaffee ein und bin schon weg, ehe du wiederkommst …“
„Ich habe nur so lange gebraucht, weil die Frage zu albern ist, um sie zu beantworten“, sagte Dmitri.
„Albern?“, wiederholte Lily langsam, während sie auf einen weiteren Dämpfer wartete. Und sie wurde nicht enttäuscht.
Dmitri zuckte die breiten Schultern. „Ja, albern, weil es für mich nicht von Bedeutung ist, ob du deinen Kaffee hier unten oder oben in deinem Schlafzimmer trinkst.“
Autsch!
Bewusst ließ sie sich nichts anmerken. „Wer hat denn da schlechte Laune?“
Sie sah, wie Dmitri kurz die Augen schloss, als könnte er sie so ausblenden – oder weil er hoffte, sie wäre verschwunden, wenn er sie wieder öffnete.
Aber damit hatte er kein Glück! „Ich bin immer noch da, Dmitri“, zog sie ihn auf.
Seine grünen Augen funkelten, als er die Lider hob. „Das sehe ich.“ Tief atmete er ein. „Ich bin gleich zurück.“ Er verließ die Küche, jeder ach so verführerische Zoll der stolze, arrogante Graf Dmitri Scarletti, obwohl er barfuß und fast nackt war.
Und ließ sie mit der Entscheidung allein, ob sie nach oben gehen oder bleiben sollte …
8. KAPITEL
„Also hast du dich gestern Abend doch entschlossen, den Kaffee oben zu trinken?“ Dmitri nahm Lily gegenüber am Küchentisch Platz. Seit halb acht saß sie schon dort und hatte bereits einen Toast gegessen und Kaffee getrunken.
Mit seinen Worten erinnerte er sie daran, dass sie die feige Variante gewählt und nicht auf ihn gewartet hatte, bis er angezogen zurückkam …
Vielmehr hatte sie entschieden, dass Vorsicht doch besser als Wagemut war, womit sie nur umschrieb, dass sie sich in seiner Gegenwart am Vorabend selbst nicht mehr über den Weg getraut hatte.
Vorsichtig stellte sie ihre Tasse ab und starrte darauf, als sie ihm antwortete. „Ich war müde nach der Reise und … all der Aufregung gestern.“
„So kann man es vermutlich auch ausdrücken“, meinte Dmitri langsam.
Verärgert sah Lily ihn an diesem Morgen zum ersten Mal richtig an. Erstaunt stellte sie fest, dass er verwaschene Jeans und einen schwarzen Kaschmirpullover trug, der seine breiten Schultern betonte. Die Ärmel hatte er bis zu den Ellbogen hochgeschoben und bot ihr so einen Blick auf seine muskulösen Arme und schmalen Handgelenke …
Du meine Güte, war sie wirklich so albern, selbst seine Arme und Handgelenke sexy zu finden?
Sie hatte erwartet, dass er im Anzug erscheinen würde, um ins Büro zu gehen und seine Suche nach Claudia und Felix fortzuführen. Nachdem er sie, Lily, sicher in einem Hotel abgeliefert hatte, natürlich. „Ich meinte damit, dass die Polizei hier heute Nacht aufgetaucht ist.“
„Zweifellos eine aufregende Geschichte, die du deinen Freunden erzählen kannst, wenn du wieder in England bist“, meinte Dmitri trocken und beugte sich vor, um sich aus der Kanne, die mitten auf dem Tisch stand, Kaffee einzuschenken.
Lily war empört. „Falls du glaubst, ich hätte an dieser peinlichen Episode auch nur einen Moment Spaß gehabt, dann irrst du dich. Tatsächlich wäre es mir lieber, nie mehr daran denken zu müssen.“
Ungerührt trank Dmitri einen Schluck Kaffee, ehe er antwortete. „Nicht einmal als amüsante Geschichte, die du eines Tages deinen Enkeln erzählen könntest?“
„Von der Nacht, in der ich versucht habe, aus dem Palast eines italienischen Grafen auszubrechen – und zwar erfolglos?“ Sie bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick.
Er lachte. „Genau.“
Lily verzog das Gesicht. „Ich glaube, die Geschichte lasse ich lieber aus.“ Vor allem da diese Enkel sie vielleicht fragen würden, warum sie überhaupt in dem Palazzo eingesperrt gewesen war. Diese Situation würde nicht nur ein schlechtes Licht auf Felix werfen, sondern auch auf ihr Verhalten, das sicher nicht dazu angetan war, es etwaigen künftigen Kindern oder Enkeln zu erzählen.
Dmitri
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