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Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Titel: Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Leo zufrieden in seinem Bett, mit mehreren Kissen im Rücken und hochgelegten Beinen, und ließ sich von mir bedienen, genau wie früher. Ich durfte frische Wäsche bringen und mit den schmutzigen Schlafanzügen und Socken wieder abziehen. Das Allerschlimmste daran war, dass ich Bernd sein »Fremdgehen« noch nicht mal verübeln konnte! Ich musste ja froh sein, dass er überhaupt wieder Lebensmut geschöpft hatte und bereit war, trotz seiner Entstellungen weiterzuleben. Endlich hatte sein Vater Zeit für ihn, zum ersten Mal in seinem Leben, das nun an einem seidenen Faden hing! Da konnte ich doch nicht eifersüchtig sein oder gar beleidigt und seinen frech grinsenden Vater zum Teufel jagen!
    Nein, ich musste dankbar sein. Das hörte ich auch immer wieder von den ahnungslosen Ärzten und Krankenschwestern. Ich konnte ihre verständnislosen Blicke förmlich spüren: Was, den tollen Typen will sie verlassen? Einen Mann, der immer gut drauf ist und sich so liebevoll um seinen Jungen kümmert? Was ist bloß mit dieser Frau los? Die muss doch einen Dachschaden haben!
    Aber das war noch nicht alles.
    Als Bernd endlich entlassen wurde, stand er mit seiner Krücke und seinen Blessuren Arm in Arm mit Leo vor dem Krankenhaus und forderte: »Der Papa soll wieder bei uns einziehen!«
    Da war ich sprachlos. Das durfte doch nicht wahr sein! Da musste ich mich wohl verhört haben. So weit würde Leo nicht gehen. So unverschämt war nicht mal er.
    Doch Leo grinste breit und sagte: »Wenn es dir nichts ausmacht, Gertilein!«
    Ich holte tief Luft und hätte ihn am liebsten angebrüllt: »Aber es macht mir was aus, du Arschloch! Du hast mein Leben zerstört, und wir leben in Scheidung!«
    Stattdessen fiel mein Blick auf das zusammengeflickte Gesicht meines tapferen Jungen, der mich hoffnungsvoll ansah. »Gell, Mami, dann sind wir wieder eine Familie! Ich hab dem Papi schon erzählt, dass wir jetzt wieder eine Vierzimmerwohnung haben – und wir sind doch vier! Für jeden ein Zimmer!«
    Der Kerl schien zu begreifen, dass Mami nicht mehr mit Papi ein Schlafzimmer teilen wollte. Aber es gab doch Kompromisse! Sein flehentlicher Blick ging mir durch Mark und Bein.
    Konnte ich meinem tapferen Bernd diesen Herzenswunsch abschlagen?
    Ich ballte die Fäuste, bis meine Knöchel weiß hervortraten. Nein, irgendwo musste doch Schluss sein. Alles bekam mein Junge von mir, aber Leo Wolf würde nicht wieder Einzug in mein Leben halten!
    Nervös griff ich zur Zigarette und starrte Leo wütend an, der mir galant Feuer gab. Wir hatten ja reichlich Publikum. Alle Farbe war aus meinem Gesicht gewichen. Dass er es wagte! Der Chefarzt, der zum Abschied mit nach draußen gekommen war, tätschelte mir aufmunternd den Arm. »Alles, was zur Genesung Ihres Kindes beiträgt, sollte unbedingt erfolgen! Bernd braucht jetzt stabile Verhältnisse. Und außerdem muss sich ja jemand um ihn kümmern, während Sie arbeiten, nicht wahr? Sein Vater hat sich als Pfleger wirklich bewährt. Also, springen Sie über Ihren Schatten, gnädige Frau.«
    Ach ja, Herr Doktor? Vielleicht noch ein kleiner Versöhnungsbeischlaf mit meinem Mann? Wie schmierig sollte diese Heile-Welt- Komödie denn noch werden? Ich reagierte nicht, und der Arzt runzelte die Stirn.
    Nur keinen Schmerz zeigen jetzt. Keine Trauer. Keine Wut. Zäh bleiben, den Hintern zusammenkneifen und die Zähne zusammenbeißen. Ich schaffe das. Ich wachse daran. Es bringt mich nur weiter.
    Ich ging zu Gittas kleinem Auto, das sie mir für diesen Tag extra zur Verfügung gestellt hatte, damit ich Bernd mit seinen Krücken abholen konnte.
    »Dann bitte ich die Herrschaften einzusteigen.«
    Leo kletterte zu unserem kleinen Patienten auf den Rücksitz und schnallte ihn so sorgfältig an, dass es auch wirklich jeder mitkriegen musste. Er winkte gönnerhaft aus dem Autofenster und zwinkerte seiner drallen Lieblingskrankenschwester noch schelmisch zu. Fehlte nur noch, dass er ihr seine – meine! – Telefonnummer zugesteckt hatte!
    Unser Zusammenleben war alles andere als harmonisch. Wie mein Mann da in meinem neuen Zuhause in »seinem« Sessel lehnte und darauf wartete, von mir bedient zu werden! Ich konnte Leos feiste Visage nicht mehr ertragen. Im Kampf um die Kinder musste ich notgedrungen den Kürzeren ziehen, war ich doch ständig am Putzen, Kochen und Arbeiten. Mir gefror immer öfter das Lächeln im Gesicht, während er immer zu Scherzen aufgelegt war oder am Telefon hing. An meinem Telefon, dessen Rechnung ich bezahlen

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