Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
Kaffee ein.
»Toast?«
April verzog die Nase.
»Ich habe wenig Hunger in letzter Zeit.«
»Das kann ich mir vorstellen«, erwiderte die Lehrerin, während sie ihr gegenüber Platz nahm. »Die vergangenen Wochen waren bestimmt nicht einfach für dich.«
»Nein, allerdings nicht. Und genau deswegen bin ich auch so früh hierhergekommen. Mir gehen tausend Fragen im Kopf herum, auf die ich keine Antwort weiß, und deshalb mache ich mir immer mehr Sorgen.«
»Worüber machst du dir denn Sorgen?«
April hätte am liebsten aufgelacht und sie gefragt, wo sie anfangen sollte, doch Miss Holdens Miene war ernst.
»Vor allem darüber, dass ich niemandem trauen kann.«
»Aber das ist doch gut. Das bedeutet doch nur, dass du einen ausgeprägten Instinkt hast. Du weißt nicht, wer Vampir oder Rekrut ist, wer welches Spiel spielt – und dasselbe gilt auch für diejenigen, die dir am nächsten stehen.«
»Sie meinen Gabriel?«
»Das habe ich nicht gesagt, aber bestimmt ist es nicht ganz einfach für dich, mit einem Vampir zusammen zu sein.«
Sie fand es nach wie vor seltsam, wenn Miss Holden von Vampiren sprach, als wäre es völlig normal, dass solche Kreaturen in ihrer unmittelbaren Umgebung existierten.
»Doch, ihm vertraue ich schon«, erwiderte April. »Es ist nur … na ja, ich bin die Furie, und das heißt wohl, dass Vampire sich von mir angezogen fühlen wie Motten vom Licht. Deshalb frage ich mich, ob Gabriel nur an mir interessiert ist, weil ich so eine Art Vampir-Fliegenfalle bin – und nicht, weil er mich wirklich gern hat.«
Erst jetzt, wo sie es laut aussprach, wurde ihr vollends bewusst, was ihr wirklich auf der Seele gelegen hatte.
Miss Holden lächelte.
»Ich fürchte, da kann ich dir nicht weiterhelfen. Aber soweit ich ihn kenne, kann ich mir nicht vorstellen, dass er Beziehungen auf die leichte Schulter nimmt. Aber trotzdem: Er ist ein Vampir, und Vampire haben keine Kontrolle über sich. Und du hast schließlich am eigenen Leib erfahren, was passieren kann, wenn sich ein Vampir von dir angezogen fühlt.«
April war klar, dass Miss Holden sie zu warnen versuchte, Gabriel sei nur einen Schritt davon entfernt, genauso wie Marcus zu werden – es war jederzeit möglich, dass er sich gegen sie wenden würde. Tatsächlich hatte Gabriel sie sogar selbst davor gewarnt. Eigentlich hätte sie Furcht, ja Panik empfinden müssen, doch stattdessen verspürte sie enorme Erleichterung. Tatsache war, dass Gabriel nicht das Spiel der anderen Vampire spielte, und deshalb musste er es einfach ernst mit ihr meinen.
»Und diese Furien-Sache, ich komme damit einfach nicht klar. Gestern Abend …«
»Was war gestern Abend?«
Wie sollte sie ihr es erklären? Dass sie um ein Haar die Beherrschung verloren hatte? Wahrscheinlich wäre Miss Holden stocksauer, wenn sie erfuhr, dass April den Blutsaugern Gelegenheit gegeben hatte, ihre wahren Fähigkeiten zu erahnen.
»Nichts. Es ist nur … Wenn ich wütend werde, kann ich meine Gefühle nicht mehr kontrollieren. Es ist, als würde ich mich in meine Mutter verwandeln.«
Miss Holden lächelte matt.
»Ich verstehe, was du meinst. Aber die Wahrheit ist, dass du deine Gabe noch nicht steuern kannst, vor allem nicht, wenn deine Gefühle mit dir durchgehen. Es ist wie beim Klavierspielen oder Autofahren. Nur die Übung macht den Meister.«
»Ich wünschte, es ginge bloß um meinen Führerschein.«
Miss Holden nickte mitfühlend. »Und ich wünschte, ich könnte dir sagen, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst. Aber du kannst nicht vor den Tatsachen davonlaufen.«
»Oh.«
»Wir können die Augen nicht vor der Wirklichkeit verschließen, April, so sehr wir es uns auch manchmal wünschen mögen. Wir sind umzingelt von Vampiren, und sie breiten sich immer weiter aus. Sie haben mindestens drei Menschen in Highgate getötet, und um ein Haar wärst auch du ihnen zum Opfer gefallen. Wenn sie herausfinden, was in dir steckt, werden sie erneut versuchen, dich zu töten. Und deshalb ist es von größter Bedeutung, dass du deine Fähigkeiten zu kontrollieren lernst.«
»Und wie soll das gehen?«
»Mit meiner Hilfe. Ich kann dir helfen, deine Gabe zu verstehen und sie effektiv einzusetzen – aber das braucht Zeit, und währenddessen dürfen die Vampire unter keinen Umständen mitkriegen, dass du die Furie bist.«
Aprils schlechtes Gewissen meldete sich, als ihr einfiel, dass Gabriel exakt dasselbe gesagt hatte.
»Und Sie glauben wirklich, dass sie überall sind? Ich
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