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Gefangene der Dunkelheit

Gefangene der Dunkelheit

Titel: Gefangene der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Blue
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sie und deutete in eine Richtung. »Also bin ich von dieser Seite gekommen …« Die Dornensträucher waren noch immer da und versperrten ihr den Weg. »Das ist es.« Sie zuckte Michael gegenüber entschuldigend mit den Achseln, legte sich auf den Bauch und kroch voran.
    »Das kannst du nicht ernst meinen …« Er tat es ihr gleich und kam fluchend wieder hervor.
    Sie richtete sich an der Felsklippe auf. »Das hier ist mit Sicherheit die Stelle.« Ihr Magen rebellierte vor erinnerter Angst. Sie konnte fast die Stimme des Normannen hinter sich hören. Ich werde dich erwischen, Kleine ! Aber dieser Mann war tot, und sie war eine erwachsene Frau. Sie ließ eine Hand über die Wand gleiten, während Michael sich neben ihr aufrichtete. »Heb mich hoch.«
    Er blickte die kahle Klippe hinauf, auf der hoch über ihnen der Turm aufragte. »Ich soll dich hochheben?«
    »Nur ein kleines Stück«, versprach sie. Sie wusste aus einem unbestimmten Grund genau, wo der Eingang zu finden war, so als hätte sie es schon immer gewusst. Michael beugte sich kopfschüttelnd herab, stemmte eine Schulter unter ihr Hinterteil und schob sie die Wand hinauf.
    Damals als Kind war sie weit genug auf festen Fels geklettert, um außer Reichweite ihres Verfolgers zu sein. Aber dieses Mal öffnete sich die Klippe gleich vor ihr. Ihre Hände durchbrachen die bröckelnde Erde so rasch, dass sie fast hindurchgestürzt wäre.
    »Gottverdammt«, keuchte Michael.
    »Ja«, antwortete sie und kroch durch die Öffnung.
    Der Gang neigte sich scharf abwärts, wurde aber fast augenblicklich hoch genug, sodass sie darin stehen konnte. Das Morgenlicht strahlte von der Halle herab und beleuchtete eine schmale Höhle, deren Wände mit Figuren bemalt waren. »Komm herein«, rief sie zu Michael zurück.
    Als er sie erreichte, fluchte er noch ruchloser. »Was ist das für ein Ort?«
    »Ich weiß es nicht.« Der Boden war mit Unrat bedeckt, der sie ahnungsvoll erschaudern ließ. »Hast du einen Flintstein und Zunder?«, fragte sie und nahm eine staubige Fackel von der Wand. Er schlug Funken in den Zunder und entzündete die Fackel, und sie fand ihre Ängste bestätigt. Der Unrat bestand aus den Skelettknochen von Menschen, die schon lange tot waren.
    »Meinst du, dieser Weg führt zum Wald?«, fragte Michael, während er ihr tiefer in die Höhle hinein folgte.
    »Ja, ich weiß es.« Sie wusste genau, wohin sie gehen musste. Eine gewaltige, erstickende Traurigkeit befiel sie, als hätte sie diese Toten gekannt, als hätte sie unter ihnen gelebt. Ihre Mutter hatte gesagt, sie stammten von Merlin ab, obwohl Sean dem widersprochen hatte. Aber Sean hatte sich nur allzu häufig geirrt. Am Tag nach Tristans Rückkehr hatte sie davon geträumt, im Druidenturm zu leben. Der Wolf hat uns gefunden , hatte eine Stimme gesagt, und sie hatte Angst empfunden.
    Ein Stück weiter den Gang hinab fanden sie weitere Skelette, und ein großer Abschnitt der Höhle schien eingestürzt zu sein. Aber der schmale Gang führte weiter. »Bring die anderen hierher«, sagte sie laut. »Alle unsere Leute, einen nach dem anderen, damit man uns nicht bemerkt – wir sind Briganten, wir können es schaffen. Ich werde im Gutshaus meine Rolle spielen. Und dann komm und hole mich, wenn es so weit ist.«
    »Und was dann?«, fragte er, wobei er noch immer entsetzt die Knochen betrachtete, mit denen der Boden übersät war.
    »Ich muss Sean finden«, antwortete sie. »Und du musst mir dabei helfen, ihn davon zu überzeugen, dass er nach Frankreich oder Schottland gehen muss …«
    »Das wird er nicht tun«, unterbrach er sie. »Du weißt, dass er die Leute deines Vaters nicht im Stich lassen wird.«
    »Ich werde die Leute meines Vaters beschützen.« Sie begegnete seinem plötzlich entsetzten Blick unbewegt. »Ich komme zurück, Michael, ich will bei Tristan bleiben.«
    »Bei Tristan bleiben? Siobhan, bist du verrückt?«, wollte er wissen. »Du hast selbst gesagt, dass er ein Dämon ist …«
    »Und er liebt mich«, erwiderte sie. »Und ich liebe ihn. Ich kann ihn nicht verraten, und ich kann ihn nicht verlassen.« Sie legte eine Hand auf seinen Arm und blickte ihn flehentlich an. »Aber ich kann auch nicht zulassen, dass er Sean tötet. Also muss Sean fortgehen.«
    Der Tag schritt langsam voran. Siobhan saß mit Meister Nicholas und Silas im Sonnenraum, eine Handarbeit auf dem Schoß, hörte ihrem Gespräch aber kaum zu. Es war seltsam, dachte sie und bemühte sich, ihren Geist etwas Ungefährlicherem

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