Gefangene der Dunkelheit
war nicht einmal halb so alt. Aber sie würde die Hand ausstrecken und mich willkommen heiÃen, wenn ihre geliebten Töchter es für unerlässlich hielten, trotz der zahlreichen und zwingenden Argumente, die das Gegenteil nahelegten.
Nach ihrer kleinen Rede entdeckte ich erneut Zweifel in manchen Gesichtern, also erhob ich mich und gab meine Ansprache zum Besten. Ja, auch ich würde meine Differenzen mit der alten Frau ausklammern. Mit derFrau, die mir gleich bei der ersten Begegnung, ohne mich auch nur nach meinem Namen zu fragen, den Rücken gekehrt und mir unmissverständlich klargemacht hatte, dass ich mir einen anderen Ort zum Sterben aussuchen solle, ehe sie mich stehenlieÃ, obwohl ich eine Sidhe-Seherin in Not war. Warum hatte sie mich in dieser ersten Nacht nicht zu einer ihrer »geliebten Töchter« gemacht? War es mein Fehler, dass ich aufwuchs, ohne zu wissen, was ich war? Warum hatte sie mich nicht unter ihre Fittiche genommen?
Aber das würde ich ihr vergeben, und, ja, auch ich erklärte mich bereit, mit der Frau zusammenzuarbeiten, die Waffen, mit denen man Feenwesen töten konnte, zurückhielt und sich weigerte, die Sidhe -Seherinnen den Job, für den sie geboren waren, machen zu lassen. Mit der Frau, die immer wieder Hetztiraden über meine Schwester vom Stapel lieÃ. Das gröÃte Vergehen meiner Schwester war, dass sie sich von einem zum Menschen gewordenen Feenwesen mit mehreren hunderttausend Jahren Erfahrung im Erschaffen von Illusionen verführen lieÃ.
Wer von uns wäre unter diesen Umständen abweisend geblieben? Sie hatten Vâlane gesehen. Wenn sie Steine werfen wollten, dann war jetzt der richtige Augenblick dafür, ansonsten sollten sie für immer schweigen. Alina hatte den Lord Master letzten Endes durchschaut und mit dem Leben bezahlt. Wo war Rowena, als meine Schwester Mühe hatte zu begreifen, was sie war? Sowohl Alina als auch ich waren allein mit unserem Sidhe- Seherinnen-Talent und sollten ein Leben ohne Ausbildung fristen.
Ich sei bereit, das zu tun, was Kat vorgeschlagen hatte, erklärte ich, und könne es kaum erwarten, gemeinsam Aufgaben in Angriff zu nehmen und die Bedürfnisse der Sidhe -Seherinnen an die erste Stelle zu setzen. Ich schwor, von diesem Moment an nichts Schlechtes mehr über die GroÃmeisterin zu sagen, vorausgesetzt, sie tat dasselbe mit mir.
Damit setzte ich mich wieder.
Sie würde kooperieren, versicherte Rowena auf ihrem Podium, obwohl ich mich immer wieder als unzuverlässig und gefährlich erwiesen und mich mit Gestalten wie Vâlane verbündet hatte.
»Entschuldigung, das haben Sie auch getan«, machte ich deutlich.
»Nur für die gute Sache.«
»Sie würden mir nicht erlauben, auch Teil der guten Sache zu sein? Sie haben mir das Willkommen in diesem Hause versagt.«
Kat erhob sich. »Hört endlich auf mit den Streitereien und zwingt uns nicht, uns zwischen euch beiden zu entscheiden! GroÃmeisterin, wir müssen eure Auseinandersetzungen beilegen. Bist du nicht auch der Meinung?«
Rowena war still, dann nickte sie knapp.
»Volle Kooperation?«, hakte Kat nach.
Rowena überblickte schweigend die Versammlung. Ich erkannte den präzisen Moment, in dem ihr klarwurde, dass sie zu viel Boden verloren hatte, um ihre Herde wieder zusammenzutreiben. Entweder zogen wir beide an einem Strang, oder wir standen letzten Endes ganz allein da. »Ja«, stimmte sie widerwillig zu.
»GroÃartig.« Ich sprang auf. »Also, wo wurde das Buch aufbewahrt, wie wurde es im Zaum gehalten und wie, um alles in der Welt, konntet ihr es verlieren ?«
Das Stimmengewirr im Saal war ohrenbetäubend, genau wie ich es erwartet hatte. Dies waren immerhin dieFragen, die in mehr als zwanzig Jahren innerhalb dieser vier Wände nur flüsternd gestellt wurden.
Ich lieà mich wieder auf meinen Stuhl fallen und war neugierig darauf, wie sich Rowena diesmal herauswand. Ich zweifelte nicht daran, dass sie das versuchen würde.
»Verdammt cool, Mac«, sagte Dani grinsend. »Ich glaube, jetzt haben wir sie.«
Ich wusste, dass das nicht stimmte. Rowena war zu clever, als dass sie so leicht in eine Falle ging.
Als sich die Menge endlich beruhigt hatte, informierte uns Rowena mit bescheidenem Ernst, dass sie leider nicht befugt sei, über derlei Angelegenheiten zu sprechen. Obwohl ich offenbar immer noch anzunehmen schien, dass sie allein
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