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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kris Kennedy
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einem Messer niederzustechen? Und sie hat in einer Hafenschenke einen Streit angefangen, und …«
    »Ich weiß, was sie mit dir gemacht hat, Jamie«, unterbrach Ry ihn mit einer ruhigen Stimme, die die Beachtung auf so unnötige Dinge lenkte wie Gespräche darüber, was Eva Jamie angetan hatte. Was nichts war, sagte Jamie sich.
    »Also warum hast du sie zu Angus gebracht?«
    Jamie schaute hoch zu den Fenstern über ihnen. Bei einigen waren die Läden weit aufgestoßen, um die Frühlingsabendluft hereinzulassen, Kerzenlicht erhellte die Zimmer. Von einer Kirche in der Ferne kam der Gesang der Mönche, die ihre Abendmesse feierten, herübergeweht. »Gibt es einen Grund, warum wir darüber reden?«
    »Du hast sie praktisch wie eine Gefangene bei jemandem zurückgelassen, der dich verachtet. Ich denke schon, das verdiente ein wenig Aufmerksamkeit.«
    »Du solltest lieber auf den Nachttopf achten, der gleich über dir ausgeschüttet wird.«
    Ry sprang gerade noch rechtzeitig zur Seite, um dem Urinschwall zu entgehen, der aus einem der Fenster in die Gosse gekippt wurde.
    »Ich will sie aus dem Weg haben. Das Risiko, dass sie uns bei unserer Mission in die Quere kommt, ist zu groß.«
    Jamie gab nicht zu, dass es seinetwegen war. Seinetwegen, ihres Selbst wegen. Ihres lebhaften, überraschenden, bemerkenswerten Selbst wegen.
    »Nicht um sie zu beschützen?«
    Jamies warf dem Freund einen Blick zu, aus dem jede Spur angespannter Duldsamkeit verschwunden war. »Ich beschütze nicht.«
    »Du beschützt den König.«
    »Ich bewache den König, mit einem Ziel vor Augen.«
    »Und hast du keine Absichten, was Eva angeht?«
    »Ich habe vor, sie nie wiederzusehen.«
    »Ich verstehe.« Ry sprach weiter, aber Gott sei Dank nicht über Eva. »Was wollte Cig?«
    »Viel. Mouldin ist zu seinem alten Geschäft zurückgekehrt. Er wird Peter von London an den Meistbietenden verkaufen.«
    Ry stieß einen langen, tiefen Pfiff aus.
    »Ich habe dich schockiert.«
    »Mir schwindelt.«
    Eine Gruppe von Kaufleuten mit ihren Dienern ging vorbei, die Laternen hochhielten, um der herankriechenden Dunkelheit zu begegnen. Ry wartete, bis sie vorüber waren, ehe er mit leiser Stimme weitersprach. »Cig muss mehr als erleichtert gewesen sein zu hören, dass du den d’Endshire-Erben bereits in deinem Gewahrsam hast.«
    »Ich bin sicher, er wäre es gewesen«, stimmte Jamie zu.
    »Aber du hast es ihm nicht gesagt.«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich mag ihn nicht. Und ich vertraue ihm nicht.«
    Ry zog eine Augenbraue hoch. »Aber du wirst es dem König sagen?«
    Sie stiegen über einen Haufen Unrat hinweg. »Warum fragst du?«
    »Weil ich mich das frage.«
    Jamie schüttelte den Kopf. »Ry, ich bin bekümmert über deinen Mangel an Vertrauen zu mir. Der junge Roger hat mehr Vertrauen zu mir als du.«
    »Er kennt dich nicht so gut.«
    »Ah. Das mag wohl sein. Warum würde ich es dem König nicht sagen?«
    »Man könnte leicht fragen: ›Warum solltest du es ihm sagen?‹«
    Jamie sah ihn an. »Ich bin dazu verpflichtet, oder etwa nicht?«
    Ry antwortete nicht.
    Ihre Schritte klangen dumpf auf den buckeligen Pflastersteinen, und ihre Umhänge blähten sich hinter ihnen, als sie den steilen Abhang der Stadt hinaufstiegen. Fröhlicher Lärm drang aus den Häusern, Rufen und Lachen und das Klingen von Flöten und Zimbeln. Während ihrer Wanderung war es Nacht geworden, und alles lag jetzt in tiefer Dunkelheit. Nur dort, wo Laternen an den Häusern hingen, lagen die Kopfsteine in wabernden Pfützen aus Licht.
    »Und deshalb gehen wir jetzt …?«, fragte Ry.
    »Zum Arzt. Um den Priester zu finden, bevor Cig es tut.«
    Sie hatten das Holztor erreicht, das den Eingang zum Alten Judenviertel markierte. »Ich frage mich, was Cig dazu sagen wird, falls wir uns bei den Verkaufsverhandlungen begegnen.«
    Jamie schüttelte seinen Umhang aus, als sie an einem Rudel Hunde vorbeikamen, die sich um Innereien balgten. »Cig kann mir den Arsch küssen. Auf jeden Fall«, fügte er hinzu, als sie um eine weitere Ecke bogen, »habe ich ihn halb totgeprügelt und ihn in der Gosse eines Gerbers liegen lassen.«
    Rys Stöhnen begleitete sie bis zur Haustür des Arztes.

47
    D ie Tür zur Praxis von Jacob dem Doktor wurde ihnen vor der Nase zugeschlagen. Sie starrten erst auf die Tür, dann sahen sie sich an.
    »Das war unhöflich«, sagte Ry.
    »Das macht mich wirklich neugierig«, entgegnete Jamie und schaute hinauf zu den Fenstern im ersten und zweiten Stock. Es war eine

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