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Gefangene des Feuers

Titel: Gefangene des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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dem, was er getan hatte, hatte er ihr niemals wehgetan. Mehr noch: Er hatte versucht, sie zu trösten und ihr Sicherheit geboten, soweit es ihm möglich war. Dabei vergaß sie nicht, dass es seinem eigenen Vorteil diente, wenn sie unversehrt blieb. Auf der anderen Seite war er auch nicht so brutal oder grausam gewesen, wie sie befürchtet hatte, oder so wie andere Männer sich vielleicht verhalten hätten. Er hatte Dinge gesagt und getan, die ihr Angst eingejagt hatten, aber es war nie aus purer Grausamkeit geschehen. Es war ein seltsam beruhigender Gedanke, dass er für all das, was er getan hatte, einen Grund gehabt hatte. Und sie spürte, dass sie allmählich glaubte, ihn auch beim Wort nehmen zu können. Wenn er sich wieder erholt hatte, würde er sie unbeschadet zurückbringen nach Silver Mesa. Bis es so weit war, würde er sie jedoch auf jegliche Weise, die ihm möglich war, an einer Flucht hindern - selbst wenn er sie aus dem Sattel schießen müsste.
    „Jetzt sind Sie dran.“
    Als sie sich umdrehte, sah sie, dass er inzwischen ganz angezogen war, einschließlich seines Pistolengurtes. Seine schmutzigen Sachen lagen in einem Haufen am Boden, während er für sie ein zweites sauberes Hemd bereitgelegt hatte.
    Unschlüssig sah sie das Hemd an. „Was soll ich zuerst waschen, mich selbst oder die Kleider?“
    „Die Kleider“, antwortete er. „Dann haben sie mehr Zeit zum Trocknen.“
    „Und was soll ich währenddessen anziehen?“, meinte sie. „Wenn ich jetzt schon Ihr Hemd anziehe, wird es doch nass.“ Er zuckte die Schultern. „Ihre Entscheidung hängt davon ab, ob sie wirklich unbedingt saubere Kleidung haben wollen.“
    Sie hatte verstanden. Wortlos nahm sie seine Sachen und das Stück Seife. Sie war nicht eben bester Laune, als sie zum Bach ging und sich am Ufer niederkniete. Er folgte ihr und ließ sich ein kleines Stück von ihr entfernt nieder, das Gewehr quer über seinem Schoß. Mit grimmiger Entschlossenheit begann sie ihre Arbeit. Das Wasser war eiskalt, und nach wenigen Minuten spürte sie kaum noch ihre Hände.
    Sie wrang sein Hemd aus und hängte es über einen Busch zum Trocknen auf. Erst als sie seine Hose einseifte, sprach sie wieder. „Es ist zu kalt für Schlangen. Und wahrscheinlich auch für Bären. Wovor wollen Sie mich also beschützen? Vor Wölfen? Oder Berglöwen?“
    „Ich habe um diese Jahreszeit schon Bären gesehen“, entgegnete er. „Und ein gesunder Wolf wird Sie nicht belästigen, aber ein kranker vielleicht. Das Gleiche gilt für Berglöwen. Aber vermutlich würden Sie hier gefährlicher leben, wenn ein Mann über Sie stolpert.“
    Sie beugte sich vor und tauchte seine Hose ins Wasser, während sie zusah, wie die Seife in einer hellen Wolke ausgespült wurde. „Ich verstehe die Männer nicht“, sagte sie. „Wie können sie so sinnlos grausam sein und sich an Frauen, Kindern oder Tieren vergehen, während sie gleichzeitig in hellster Aufregung sind, wenn man sie beschuldigt, beim Kartenspiel betrogen zu haben. Das Ganze hat doch nichts mit Ehre zu tun! Es ist schlicht ... ich weiß auch nicht ... dumm vermutlich.“
    Er sagte nichts dazu, vielmehr schweifte sein rastloser Blick weiter umher. Annie mühte sich damit ab, das Hemd auszuwringen, das nun schwer war vom Wasser, aber ihre Hände wollten ihr vor Kälte nicht gehorchen. Er stand auf, nahm ihr die Hose ab und drehte sie mühelos, sodass das Wasser herausrann. Dann schüttelte er sie aus und breitete sie über einem anderen Strauch aus, ehe er sich wieder hinsetzte.
    Sie goss Wasser über seine Unterwäsche, ehe sie sie einzuseifen begann.
    „Manche Menschen sind einfach von Natur aus schlecht“, sagte er. „Männer und auch Frauen. Sie sind gefährlich, vom Tag ihrer Geburt bis zum Tod. Andere wiederum werden irgendwie dazu getrieben, immer ein bisschen mehr. Und manchmal sind sie auch dazu gezwungen, sich so zu verhalten.“
    Mit gebeugtem Kopf hockte sie da und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe. „Und zu welcher Gruppe gehören Sie?“
    Er dachte darüber nach. Schließlich sagte er: „Ich glaube nicht, dass das eine Rolle spielt.“
    Für ihn sicherlich nicht. Er war gezwungen worden, doch die Umstände, die ihn dazu gebracht hatten, so zu werden, hatten immer weniger Bedeutung für ihn. Er hatte alles verloren, an das er geglaubt, für das er gekämpft hatte. Er hatte seine Familie verloren und war verbittert und zutiefst enttäuscht. Er war ständig auf der Flucht, traute niemandem mehr und war

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