Gefangene des Feuers
bereit, jeden zu töten, der hinter ihm her war. Darüber hinaus war nichts mehr von Bedeutung.
5. KAPITEL
Ihre eigenen Kleider zu waschen, war noch viel schwieriger. Dass sie es doch schaffte, war ein Beweis für ihre ungeheure Entschlossenheit. Sie saß mit dem Rücken zu ihm, zog ihre Strümpfe aus und band Höschen und Unterrock auf. Als sie aufstand, glitt beides an ihren Beinen herunter, ehe sie aus dem Stoff am Boden stieg. Aber sie weigerte sich, sich nach ihm umzudrehen, um zu prüfen, ob der unverschämte Kerl etwas mitbekommen hatte. Denn natürlich war es so. Diesem verdammten Kerl entging nicht das Geringste! Mit erhitzten Wangen kniete sie sich wieder am Bach nieder und begann, ihre Unaussprechlichen mit Seife einzuschäumen. Ihr wäre es viel lieber gewesen, wenn etwas von der Hitze auf ihren Wangen sich auf ihre Hände übertragen hätte. Wie konnte Wasser nur so eiskalt sein und trotzdem noch fließen?
Um ihr Hemd und die Bluse waschen zu können, musste Annie zur Hütte zurückgehen und sein Hemd anziehen. Sie war ihm dankbar, dass er so lange draußen blieb, aber sie fühlte sich dennoch schrecklich bloßgestellt, weil die Fenster offen standen und sie die kalte Luft auf ihren nackten Brüsten spürte. So schnell wie möglich schlüpfte sie in sein Hemd und seufzte erleichtert auf, als die weiche Wolle sie endlich bedeckte.
Das Hemd war ihr viel zu groß, sodass sie leise auflachen musste. Auch wenn sie jeden Knopf zumachte, saß das Hemd noch so locker, dass ihre Schlüsselbeine zu sehen waren. Der Saum ging ihr bis zu den Knien, die Ärmel umspielten ihre Fingerspitzen. Sie lächelte, während sie sie entschieden aufrollte. „Haben Sie noch einen zweiten Gürtel?“, rief sie. „Sonst verheddere ich mich in all dem Stoff.“
Kaum hatte sie den Satz beendet, erschien er im Türrahmen. Sie erschauerte, als ihr bewusst wurde, dass er an der
Hütte gelehnt hatte, gerade eben außer Sichtweite. Er war nur wenige Fuß von ihr entfernt gewesen, während sie halb nackt dagestanden hatte. Ob er doch geschaut hatte? Sie wollte es gar nicht wissen.
Er schnitt ein Stück Seil ab, und sie schlang es um ihre schlanke Taille. Dann nahm sie ihre restlichen Sachen auf und ging zurück zum Bach, wo sie ihre Wäsche fertig machte. Schließlich kam sie mit einem weiteren Eimer Wasser zurück in die Hütte und stellte es zum Erhitzen aufs Feuer, damit sie sich selbst waschen konnte. Sie war so außer Atem, dass sie überlegte, ob sich der ganze Aufwand überhaupt lohnte. Auf der anderen Seite hätte sie es nicht ertragen, sich noch einen weiteren Tag nicht waschen zu können.
Und sie ertrug es auch nicht, bei geöffneten Fenstern und Türen zu baden; vielleicht würde er sie dabei beobachten! Und nicht nur das - es war auch zu kühl. Obwohl ihm das nichts ausgemacht zu haben schien. Sie schloss die Fenster und legte Holz nach, ehe sie sich herausfordernd zu ihm umdrehte. „Ich werde mich nicht bei geöffneter Tür waschen.“ „Ist mir auch recht.“
Röte schoss in ihre Wangen. „Und auch nicht, wenn Sie in der Hütte sind.“
„Sie glauben wohl nicht, dass ich mich umdrehe?“ Misstrauen verdunkelte ihre sanften braunen Augen. Rafe streckte die Hand aus und umfasste ihr Kinn. Ihre Haut war so weich! „Ich kehre niemandem den Rücken zu“, sagte er. Sie schluckte. „Bitte.“
Er hielt ihren Blick fest, während er mit dem Daumen leicht unter ihrem Kinn entlangstrich. Annie spürte, dass sie anfing zu zittern, weil er ihr viel zu nahe war und sie die Hitze und Anspannung in seinem muskulösen Körper spürte. Am liebsten hätte sie die Augen vor seinem hellen, klaren Blick verschlossen, aber sie war wie gefangen in lähmender Faszination, unfähig, die Lider zu senken. Seine Au-
gen waren grau wie der Regen im Winter, seine Iris kristallklar und tief. Doch Mitgefühl konnte sie in seinem kalten Blick nicht finden.
Er ließ seine Hand sinken und trat zurück. „Ich bin dann draußen“, sagte er, und sie wäre vor Erleichterung fast zusammengesunken. Er musterte ihr Gesicht, das deutlich ihre Gefühle spiegelte, ehe er hinzufügte: „Ziehen Sie den Rock aus! Ich wasche ihn für Sie.“
Sie zögerte, während ihre Sehnsucht nach sauberen Kleidern einen Kampf mit ihrem Schamgefühl ausfocht. Ihr Anstand verbot, nur sein Hemd zu tragen, solange ihre Sachen trockneten, aber vielleicht könnte sie sich in eine der Decken einwickeln. Um den Mut nicht zu verlieren, drehte sie sich schnell um und zog
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