Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
tatsächlich ihn anzubaggern. „Ich hätte zwar große Lust, ein bisschen New Yorker Nacht le ben zu schnuppern, aber ich muss wirklich noch heute nach Los Angeles zurück, Hugh.“
„Das ist sehr bedauerlich.“ Der Designer reichte Jack dessen Mappe. „Ich mag Ihre Sachen, Jack. Ich rufe Sie an.“
Natürlich würde er nicht anrufen. Das wurde Jack vier Stunden später im Flugzeug, das ihn nach Los Angeles zurückbringen sollte, klar. Er hatte das Spiel verloren.
Und wie sehr hatte er sich gewünscht, den Etat zu bekommen.
Doch dafür mit Hugh Preston zu schlafen war selbst ihm ein zu hoher Preis.
Er fluchte leise vor sich hin und rutschte tiefer in seinen Sitz. Das Erste-Klasse-Abteil war bis auf einen einzigen Fluggast außer ihm leer. Jack erkannte in dem Mann einen bekannten Footballspieler und nickte ihm zu. Dann über ließ er sich wieder seinen düsteren Gedanken und seiner bitteren Enttäuschung, die ihn fast aufzufressen drohte.
Er war verrückt gewesen nach diesem Job. Und er wollte ihn immer noch. Wollte ihn so sehr, dass fast alles andere nebensächlich wurde. Die Stewardess goss ihm ein Glas Champagner ein, das er auf einen Zug hinunterkippte. Dann spülte er mit Orangensaft nach. Mit etwas Glück würde sich bis Kalifornien der schlechte Geschmack, den das Gespräch mit Preston in seinem Mund hinterlassen hatte, gelegt haben.
Damals bei Garnet hatte er sich nicht viel dabei gedacht. Er hatte sich nicht benützt gefühlt, weil sie eine außergewöhnlich anziehende Frau war, und die Vorstellung, mit ihr zu schlafen, hatte ihm ausgesprochenes Vergnügen bereitet.
Im Nachhinein allerdings sah dann alles ganz anders aus. Im Nachhinein fühlte er sich wie der letzte Dreck.
Jack schob seinen Sitz zurück, streckte die Beine aus und schloss die Augen. Was wäre gewesen, wenn er sich nicht bereit erklärt hätte, mit Garnet zu schlafen? Hätte er bei ihr ebenso auf Granit gebissen wie heute bei Hugh Preston – trotz seines Talents? Stünde er noch immer mit den Beinen knietief im Wasser, sehn süchtig darauf wartend, dass ihm der erste dicke Fisch ins Netz ging?
Der bittere Geschmack in seinem Mund war noch immer da. Er nahm einen Schluck von seinem Orangensaft. Deprimierend zu sehen, wie der Hase lief. So krass war ihm das bisher noch gar nicht aufgefallen. Er war in der Modewelt groß geworden und hatte sich darüber nie besondere Gedanken gemacht. Bis heute hatte es im Grunde genommen nichts gegeben, was er als sonderlich störend empfand.
Aber bisher hatte ja auch noch kein Mann versucht, ihm an die Wäsche zu gehen.
Der Macro-Wear-Etat hätte ihn ganz nach oben gebracht. Hugh Preston war dabei gewesen, ihm alle künstlerischen Freiheiten einzuräumen, von denen er schon lange geträumt hatte.
Er hätte nur die Hosen runterzulassen brauchen.
Plötzlich kam ihm Becky Lynn – Valentine – in den Sinn. Lag hier der Grund dafür, dass sie mit Carlo zusammen war? Bot ihr das die Möglichkeit, das Spiel auf ihre Weise zu spielen? Das Spiel zu spielen, ohne zu verlieren? Carlo hatte ihr in der Modewelt einen Platz erobert. Er verschaffte ihr so viele Jobs und nahm sie selbst so oft als Model, dass sie inzwischen der hellste Stern am Modehimmel war. Sie hatte es nicht nötig, um ihre Jobs zu kämpfen, und sie musste nicht mit ihrem Körper bezahlen wie all die anderen jungen Models, die es zu etwas bringen wollten.
Dank Carlo.
Jack verengte die Augen. Oh, wie er seinen Halbbruder hasste! Schon allein bei der Vorstellung, wie dieser Drecksack Becky Lynn berührte, kam ihm die Galle hoch. Becky Lynn hatte ihn, Jack, an dem Abend, als er sich das erste Mal seit ihrem Weggang mit ihr unterhalten hatte, gefragt, ob er jemals an einen anderen Menschen dächte als an sich. Diese Bemerkung nagte an ihm.
Wenn sie wüsste.
40. KAPITEL
Becky Lynn schaffte es nicht, das Gerede, das sie über Carlo gehört hatte, zu verdrängen. Sie verabscheute den Tratsch, der in der Modewelt gang und gäbe war. Irgendeiner musste immer herhalten, das hatte sie mittlerweile gelernt.
Und doch wurde sie das Gefühl nicht los, dass es sich in Carlos Fall nicht nur um ein übles Gerücht handelte, das jeder tatsächlichen Grundlage entbehrte. Die Unterhaltung der beiden Models zu belauschen war für sie eine Art Déjà-vu-Erlebnis gewesen.
Als sie in die mit Palmen gesäumte Straße zu Carlos Haus einbog, runzelte sie nachdenklich die Stirn. Angenommen, an den Gerüchten war etwas dran, warum hatte er sich ihr nicht
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