Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
will ich dich, bella “, sagte er zufrieden. „Genau so. Verletzlich. Jetzt sagen mir deine Augen etwas. Ja!“
Sein Assistent, getrimmt auf blitzschnelles Reagieren, machte einen Satz auf ihn zu und hielt ihm die Kamera hin. Umgehend begann Giovanni mit dem Shooting, wobei er das Mädchen abwechselnd lobte oder beschimpfte.
Jack wusste aus Erfahrung, dass das Model am Schluss der Sitzung in Tränen aufgelöst sein würde. Vollkommen erschöpft und am Boden zerstört. Er hatte Szenen dieser Art schon Hunderte von Malen miterlebt. Sie würde weinen und fluchen und schwören, sofort aus diesem demütigenden Geschäft auszusteigen. Sie würde Giovanni zum Teufel wünschen und ihn einen Dreckskerl nennen, der es nicht verdiente zu leben. Aber die Fotos würden gut werden. Sehr gut. Eine einzige erfolgreiche Fotosession mit Giovanni konnte aus einem Model einen Star machen.
Es würde nicht lange dauern, und sie würde dem Meister voller Anbetung hinterherlaufen. Und vielleicht, wenn der Meister so gnädig war, würde sie mit ihm schlafen dürfen.
Jack hob den Kopf und richtete seinen Blick wieder auf Giovanni. Er sah blendend aus, wie ein italienischer Adeliger. Wahrscheinlich behauptete er nicht zu Unrecht, aus der italienischen Aristokratie abzustammen. Sein feingeschnittenes Gesicht wirkte vornehm, mit den ausgeprägten Wangenknochen und den eindringlichen dunklen Augen unter dichten schwarzen Brauen. Das schwarze Haar trug er nach hinten gekämmt, was seine hohe Stirn ausgezeichnet zur Geltung brachte. Wenn er in seine Arbeit vertieft war, fiel ihm immer eine Strähne ins Gesicht, die er dann ungeduldig wieder zurückschob. Jede seiner Bewegungen strahlte eine nur mühsam gebändigte Wildheit aus, die Jack maßlos bewunderte. Giovanni umgab eine Aura von Macht und Stärke, der sich niemand entziehen konnte.
Jack hatte schon vor einiger Zeit beschlossen, so zu werden wie sein Vater. Er hatte sich zu Hause vor den Spiegel gestellt und versucht, seine Gestik, seinen Gang und seine Sprechweise der seines Vaters anzupassen. Es dauerte jedoch nicht lange, bis ihm auffiel, dass ihm die entscheidenden Merkmale fehlten. Sein Gesicht hatte nicht den richtigen Schnitt, es war nicht so schmal wie das seines Vaters, sondern eher kantig, seine Augen waren nicht dunkel, sondern strahlten in einem lebhaften Blau – er hatte sie von seiner Mutter –, und sein Haar, kastanienbraun statt schwarz, war nicht glatt, sondern lockig. Resigniert musste er feststellen, dass sich an seinem Aussehen nichts ändern ließ. Aber immerhin konnte er wenigstens versuchen, ebenso stark zu werden wie sein Vater und ebenso mächtig.
Giovanni würde stolz auf ihn sein. Er wusste zwar noch nicht, wie er das anstellen sollte und wann das sein würde, doch er war zuversichtlich.
Mittagspause. Jack warf einen Blick auf Giovanni. Sein Vater stand mit dem Kunden und dem Artdirector der Werbeagentur beisammen. Die drei Männer waren in ein eingehendes Gespräch vertieft. Auch alle anderen hatten sich zu kleinen Grüppchen zusammengetan und sich irgendwo in dem großen Studio ein stilles Plätzchen gesucht, wo sie ihre mitgebrachten Sandwiches oder das, was sie sich hatten kommen lassen, auspackten und verspeisten. Giovanni aß nie etwas. Und er gesellte sich in den Pausen auch nie zu einem kleinen Schwätzchen zu seinen Mitarbeitern. Wenn er nicht fachsimpelte, durchstreifte er ruhelos, die unvermeidliche Zigarette zwischen den Lippen, das Studio, überprüfte sein Equipment, gab seinen Assistenten Anweisungen und trank einen Espresso nach dem anderen.
Jack wusste, dass die Mittagspause die einzige Gelegenheit war, sich seinem Vater zu nähern. Er musste sie nutzen. Nachdem die drei Männer ihr Gespräch beendet hat ten, stand Giovanni für einen Moment allein da. Jack sprang auf. Sein Magen verkrampfte sich vor Aufregung. Auf diesen Moment hatte er den ganzen Tag gewartet. Er würde ihn nicht ungenutzt verstreichen lassen, nur weil er panische Angst hatte.
Er setzte die selbstbewusste Miene auf, die er vor dem Spiegel eingeübt hatte, und schlenderte so lässig wie möglich durch das Studio auf den Fotografen zu. Seine Hand flächen waren nass, seine Knie zitterten. Giovanni stand mit dem Rücken zu ihm. Als Jack ihn erreicht hatte, berührte er ihn leicht am Arm. „Entschuldigen Sie.“
Giovanni drehte sich langsam um. Er starrte, eine Augenbraue leicht hochgezogen, auf Jack hinunter wie auf ein lästiges Insekt.
Jack scharrte unbehaglich mit
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