Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
jetzt, Becky Lynn.“
Sie verflocht ihre Finger ineinander. „Sallie hat mir erzählt, was passiert ist. Vielleicht kann ich dir ja … helfen.“ Ihre Stimme war vor Aufregung eine Oktave höher geklettert. Als Becky Lynn sich dessen bewusst wurde, wäre sie wieder einmal am liebsten im Boden versunken. Sie fragte sich, ob sie den Verstand verloren hatte.
Stirnrunzelnd sah er sie an. „Helfen? Na, ich weiß nicht … meinst du denn, du kannst das?“
„Vielleicht.“ Sie holte tief Luft. „Wenn du mir sagst, was ich machen soll.“
Er schien abzuwägen zwischen ihrer Bereitwilligkeit und ihrem Mangel an Erfahrung, doch schließlich nickte er. „Okay, versuchen wir es. Machen wir als Erstes einen kleinen Crashkurs. Meinst du wirklich, du packst es?“
Sie verflocht ihre Finger noch fester ineinander und hob das Kinn. „Ja“, gab sie leise, aber entschlossen zurück, obwohl sie sich dessen überhaupt nicht sicher war.
„Also dann – auf geht’s. Wir haben nicht viel Zeit. Die Beleuchtung ist das Wichtigste. Du musst die Scheinwerfer und die Rückstrahler justieren, wenn ich es dir sage.“ Er zeigte ihr, wie alles funktionierte, wie man mit einen Reflektor die Schatten ausleuchtete, während man gleichzeitig mit einem anderen diffuses, weiches Licht erzeugen konnte, um zu harte Schatten aufzulösen.
„Man muss immer darauf achten, dass alle Übergänge fließend sind.“ Er deutete mit dem Kopf auf eine breite weiße Papierrolle, die an einem Gestell angebracht war, das auf der rückwärtigen Wand des Studios stand. Das Papier war zu einer Art aufgelockertem Hintergrund abgerollt und bedeckte einen Teil des Fußbodens. „Pass auf, dass es keine Falten schlägt, wenn das Model drauftritt. Und denk immer daran, dass alles, was nicht hingehört – selbst die winzigste Kleinigkeit –, eine Aufnahme total ruinieren kann.“
„Auf jede Kleinigkeit achten“, murmelte sie vor sich hin, als würde sie es sich auf einem Merkzettel notieren, während sie hinter ihm her durchs Studio ging. Großer Gott, worauf hatte sie sich da nur eingelassen?
Nun ging er zu einem Teewagen hinüber, auf dem zwei 35-mm-Kameras lagen. Er nahm eine davon in die Hand. „Du musst sie während des Shootings für mich laden. Wenn bei der einen der Film verschossen ist, gibst du mir die andere. Während ich fotografiere, nimmst du bei der ersten den Film raus und lädst sie neu. Schau zu.“ Er öffnete die Rückwand der Kamera und erklärte ihr, wie man einen Film einlegte. Es erschien ihr nicht schwer. Das kriegst du hin, dachte Becky Lynn erleichtert. „Hast du’s kapiert?“ fragte er, und sie nickte.
Dennoch war ihr die Angelegenheit mehr als nicht geheuer.
„Mach dir keine Gedanken, es wird schon klappen.“ Er klang jetzt ganz zuversichtlich. „Ich sage dir alles, was du tun musst. Hauptsache ist, immer die Ruhe zu bewahren – auch wenn’s hektisch wird. Und lass dir gegenüber den Leuten von Tyler bloß nicht anmerken, dass du das das erste Mal machst. Du musst immer so tun, als wüsstest du ganz genau, wo’s langgeht. Auch wenn du dir unsicher bist.“ Er schaute sie eindringlich an. „In diesem Geschäft zählt nur das sichere Auftreten, auch wenn alles nur heiße Luft ist. Wir produzieren Illusionen. Wenn es dir gelingt, einen selbstsicheren Eindruck zu erwecken, wird dir niemand irgendwelche Fragen stellen.“
„Selbstsicherer Eindruck“, wiederholte sie und atmete tief ein. „Sonst noch etwas?“
„Ja. Ich will keinesfalls gestört werden. Wenn das Telefon klingelt, gehst du ran. Und wenn jemand an die Tür kommt, musst du auf jeden Fall versuchen, ihn loszuwerden, selbst wenn es der Präsident persönlich ist.“ Er grinste. „Alles klar?“
Für eine Erwiderung ihrerseits blieb keine Zeit mehr, da in diesem Moment die Kunden eintrafen. Die beiden Männer – der Artdirector von Tyler Creative und der Anzeigenmanager von Jon Noble Clothiers – waren freundlich, aber zurückhaltend. Was ihr nur recht sein konnte. In Bezug auf Jack hatte Becky Lynn das Gefühl, dass sich die beiden Männer über sein fotografisches Können mit ihrem Urteil zurückhalten wollten, bis sie einen handfesten Beweis dafür in Händen hielten.
Jack schien diese Wir-werden-sehen-Attitüde nicht im Geringsten zu stören. Ganz im Gegenteil, Becky Lynn hatte den Eindruck, als würde sie ihn sogar anspornen. Seine Selbstsicherheit wirkte geradezu herausfordernd. Wenn sie daran dachte, wie nervös und ungeduldig er noch vor
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