Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
lagen. Mit einer edlen Geste hieß er sie vor sich Platz nehmen.
„Wie ich höre, dankt das Dorf Ihnen sein Leben.“
Sie nickte nur so leicht, dass man es, wäre man unaufmerksam gewesen, leicht hätte übersehen können.
„Ich sehe, man darf eine Engländerin niemals unterschätzen. Sie haben das Herz einer Löwin und den Verstand einer Schlange. Sie sind die Richtige für Major Whitby.“
Unter anderen Umständen, zu einem anderen Zeitpunkt, hätte kein Satz sie glücklicher machen können. Doch jetzt hinterließ er einen bitteren Beigeschmack in ihrem Mund.
„Die Kämpfe werden noch lange andauern“, stellte sie ruhig fest, als habe sie das Thema gewechselt. Was jedoch nicht zutraf.
„Nuuun …“, machte der Sheikh gedehnt. „Nicht unbedingt. Sheikh Al Musri ist geschwächt. Wenn nicht sogar entscheidend geschwächt. Sie werden noch einen Schlag versuchen … Aber dann ist er zu Verhandlungen gezwungen. Dennoch werden wir ihn im Auge behalten müssen. Ebenso wie er mich im Auge behält. Ich habe zu viele Ausländer unter meinen Leuten. Das ist zumindest seine Meinung. Deswegen traut er mir nicht.“
Der Sheikh schmunzelte, und die Falten in seinem Gesicht vertieften sich. „Und jetzt habe ich meinen Ausländeranteil erhöht …“ Die Falten wurden abermals tiefer, denn er amüsierte sich offensichtlich. Er saß in all dem Chaos und Verderben und war zufrieden. Aber vielleicht, so dachte Victoria, ist diese Zufriedenheit alles, was er erreichen kann.
„Whitby und Sie ergänzen sich. Er hatte den Einfall, Al Musri hierher zu locken und dann zuzuschlagen. Sie haben seinen lückenhaften Plan begriffen, erweitert und damit den Menschen hier das Leben gerettet. Ich kenne keine Frau, die den Mut dazu gehabt hätte, dies umzusetzen.“
„Dann kennen Sie wenige Frauen“, gab Victoria trocken zurück, woraufhin er in schallendes Gelächter ausbrach. Ein Husten beendete sein Amüsement und breit grinsend sagte er: „Ja, das mag wohl sein.“
Sich selbst zur Ordnung rufend, fügte er leise hinzu: „Ich vergesse meine Erziehung … möchten Sie ein Glas Tee?“
Als er das dampfend heiße Getränk eingoss, meldete sich Victorias ausgelaugter Körper. Der Durst war beinahe übermächtig, und sie konnte kaum erwarten, dass der herrlich duftende Tee so weit abgekühlt war, dass sie ihn gefahrlos trinken konnte.
„Ich möchte nach England zurückkehren, Sir.“
Der Sheikh erstarrte. Die Kanne, die er in Händen hielt, schien schwebend in der Luft zu hängen. Er schwieg, was Victoria zeigte, dass sie ihn wirklich überrascht hatte. Es dauerte ein paar Atemzüge, dann stellte er die Kanne übervorsichtig ab, als könne diereine Berührung mit dem Wüstenboden sie zerbrechen. Abermals atmete er durch, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen.
„Ja … das kann ich natürlich verstehen. Sie sind eine Dame der ersten Gesellschaft, wie ich nicht umhin komme zu bemerken. Und wir können Ihnen nichts bieten als Staub, Kampf und Tod …“ Noch immer rang er um Zeit. „Noch gestern hätte ich Sie – ohne jegliche Bedenken – ziehen lassen. Ich hätte Ihnen Reiter zu Ihrem Schutz mitgegeben und Sie in die Garnison geleiten lassen.“
Das ist ein Aber-Satz
, schoss es Victoria durch den Kopf.
„Heute aber sehe ich, wie wichtig Sie für Major Whitby sind. Nicht nur, weil er Ihnen Gefühle entgegenbringt, sondern weil Sie eine Verlängerung seines Arms sind. Und eine Erweiterung seines Herzens.“
„Mit anderen Worten … ich bin weiterhin Ihre Gefangene, Sir.“ Sie sah keinen Grund mehr, die Konvention zu wahren. Sie hatte einen schrecklichen Fehler gemacht, als sie in dieses Land gereist war, wenn er sich auch als anderer Natur erwies, als in der Art, die sie von Anfang an befürchtet hatte. Sie hatte zum Flug angesetzt und war in einem Käfig gelandet.
„Sehen Sie …“ Der Sheikh holte Luft. „Ich bin ein Mann, der viel Verantwortung trägt. Das Leben zahlreicher Menschen hängt ganz direkt von mir und meinen Entscheidungen ab. Seit meiner Geburt wurde ich darauf vorbereitet, und ich habe meine Rolle nie infrage gestellt. Es war nun einmal so. Allah stellt uns an einen bestimmten Platz …“
Victoria ahnte, in welche Richtung das Gespräch laufen würde, und fiel ihm ins Wort: „Und nun hat Allah ihrer Meinung nach entschieden, dass mein Platz hier ist.“
Offensichtlich war er es nicht gewohnt, dass man ihn derart unterbrach und seine Gedanken laut aussprach, denn er wirkte für einen Moment
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