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Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne

Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne

Titel: Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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Silentium überzog. „Ich kann die für meine Arbeit notwendigen Funktionen benutzen.“ Sie packte den Rucksack weiter aus, um zu sehen, was er noch enthielt. Das dauerte ein paar Minuten. Als sie alles wieder einpackte, sagte Dorian: „Sie haben den holografischen Bilderrahmen vergessen.“ Seine Augen glitzerten katzenhaft.
    Es gab keinen vernünftigen Grund mehr, das Bild zu verstecken, sie nahm den Rahmen und drückte den Einschaltknopf. Unzählige Lichtpünktchen wurden zu einem dreidimensionalen Babybild von Keenan. Die Person, die ihn auf dem Arm hatte – eine Frau mit blassen blaugrauen Augen, krausen, dunkelbraunen, beinahe schwarzen Haaren und mokkafarbener Haut – sah direkt in die Kamera. Ihr Blick schien aus dem ewigen Eis zu kommen.
    „Wer zum Teufel ist das?“, fragte Dorian.
    Die Frage kam unerwartet. „Ich natürlich.“
    „Lügen Sie mich nicht an.“
    Er war unangenehm nahe, sein Körper wie eine heiße Wand, aber sie konnte sich nicht rühren. „Sieht doch genauso aus wie ich.“
    Er schnaubte. „Dann bin ich die bescheuerte Zahnfee.“
    Sie starrte auf das Bild, konnte die Wahrheit nicht verleugnen – ihre Geheimnisse flogen auf. Und dieses Geheimnis würde sie früher oder später aufspüren … dann würde eine von ihnen sterben und eine weiterleben. „Das ist Amara“, sagte sie. „Meine Schwester … wir sind Zwillinge.“

 
    11
    Amara wusste nicht, wie Ashaya es geschafft hatte, aber sie war buchstäblich eine Zeitlang gestorben. Sie war nicht gerade erfreut darüber, dass ihre Zwillingsschwester sie nicht gewarnt hatte – das Trauma der gelösten Verbindung hatte eine mehrstündige Ohnmacht bei ihr ausgelöst. Deshalb hatte Ming LeBon sie aufspüren und kampflos festsetzen können.
    Nun stand er auf der anderen Seite der gläsernen Wand und starrte sie an. „Deine Schwester ist fort, sie ist tot.“
    Amara lächelte, sie wusste, dass es Ming irritierte, wenn sie die gefühlsmäßigen Reaktionen von Menschen oder Gestaltwandlern nachahmte. Er hatte ja keine Ahnung. Amara war mit Ashaya auf einer tieferen Ebene als im Medialnet verbunden. Niemand hatte das je herausgefunden, und was sie anging, konnte nur der Tod diese Verbindung auf Dauer zerstören. Der wirkliche Tod.
    „Sehr schön“, sagte sie. „Ich habe Konkurrenz immer gehasst.“
    „Liebe und Hass sind Gefühle.“
    Sie zuckte die Achseln. „Worte.“ Die Gefühle für ihre Schwester entzogen sich jeder Definition, passten nicht in die kleinen Kästchen, die Mediale so mochten. „Ich bin, wer ich bin.“
    „Ein Fehler.“
    „Autsch.“ Sie tat, als hätte er sie getroffen, und presste die Hand aufs Herz. „Weißt du was, Ming“, flüsterte sie in Bühnenlautstärke, „du solltest nicht den ersten Stein werfen – du bist doch selbst ein kaltblütiger Mörder.“
    „Du hast Silentium gebrochen, bist ein Sklave deiner Gefühle.“
    Amara lächelte finster, sie wusste, in ihren Augen stand nichts als Leere. „Sind Sie sicher?“ Ming versuchte sich in psychologischer Kriegsführung, behandelte sie, als sei sie tatsächlich verrückt. Vielleicht war sie es ja, aber sie war auch hochintelligent und durchschaute seinen Versuch, ihr Selbstbewusstsein zu unterminieren. „Was wollen Sie, Ratsherr LeBon? Was ist so wichtig, dass Sie den tollwütigen Wolf gestellt haben, der einst Ihr Schoßhündchen war?“
    Mings Augen wurden völlig schwarz, Amara war gewohnt, diese unheimliche Dunkelheit im Spiegel zu sehen. „Du kannst als Einzige das Werk deiner Schwester vollenden. Du musst es fortführen. Das Implantationsprogramm zu Ende bringen.“
    „Mehr nicht?“ Sie lächelte wieder und zeigte ihre Zähne. „Ist schon erledigt.“

 
    12
    Als ich heute Morgen aufwachte, habe ich die Stimme des Scharfschützen gehört. Er flüsterte mir so wilde, sinnliche Versprechen ins Ohr, dass ich kaum glauben konnte, dass sie aus einem unbekannten Winkel meiner Psyche stammten. Doch es muss so sein. Denn schließlich nannte er mich Beute.
    Und sagte, ich solle fortlaufen.
    – aus den verschlüsselten Aufzeichnungen Ashaya Aleines
    Eine halbe Stunde nachdem sie aufgewacht war, zog Ashaya sich ein paar Latexhandschuhe aus dem Erste-Hilfe-Kasten über, betrat Mercys Küche und fing an, in den Schränken herumzustöbern.
    „Das tut man nicht.“ Der lockere Tonfall ließ sie aufhorchen, und sie drehte sich um.
    Dorian hatte sich in der letzten halben Stunde an den Sicherheitscodes des Organizer zu schaffen gemacht und ihr

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